Infratest bescheinigt DV-Klassikern schlechtes Image:

Nixdorf und DEC hängen die BUNCH-Oldies ab

01.04.1988

Wäre der Paderborner Korruptionsskandal nicht gewesen, Klaus Luft und seine Vorstandskollegen hätten allen Grund zur Freude. Denn Nixdorf ist für deutsche Firmenchefs offenbar das Technologieunternehmen schlechthin. 800 repräsentativ ausgewählte "Top-Manager" aus allen Zweigen der deutschen Wirtschaft, Ende 1987 befragt von Infratest im Auftrag des "manager magazin", bescheinigten der Nixdorf AG die höchste "Managementqualität" unter Deutschlands 100 größten Betrieben. Auch beim Kriterium "Innovation" belegte der westfälische Konzern, im vorigen Jahr überhaupt erst in die Umsatz-Top-100 aufgestiegen, den Platz an der Spitze. Angesprochen auf das allgemeine "Imageprofil", sahen die Unternehmensbosse Nixdorf als Nummer zwei hinter Daimler und vor BMW.

Selbst "Insider", also Vorstände und Geschäftsführer aus der DV-Branche, bekundeten gegenüber Infratest Respekt vor Lufts Führungsmannschaft. Die als Branchenstichprobe gezogenen Personen - 88 Manager aus Softwarehäusern, Hardwarefirmen und Rechenzentren - waren sich weitgehend einig, daß Nixdorf die besten Leute in der Chefetage hat. Bei der "Managementqualität" hält der Mittelstands- und Bankspezialist mit 621 von 700 möglichen Punkten die Konkurrenten Hewlett-Packard (577 Punkte) und Digital Equipment (563 Punkte) auf Distanz: Der Unterschied zwischen dem ersten und dem dritten Platz entspricht in etwa dem zwischen Olivetti (Rang 5) und Tandon (Rang 12).

Branchenriese IBM landete auf dem unbeliebten vierten Platz, Folge dessen, was "manager magazin"-Redakteur Karl Heinrich Rüßmann den "Gigantenmalus" nennt - im Gegensatz zu dem Bonus, den ein im Ursprung mittelständisches deutsches Unternehmen genießt. Mit solchem Punktabzug für Marktbeherrscher ist allerdings die Diskrepanz kaum zu erklären, die sich beim Preis/Leistungs-Verhältnis zwischen IBM und den Anbietern kompatibler Mainframes zeigt: Mit nur 404 Punkten kam Big Blue auf den drittletzten Rang, während Comparex (Rang 9 mit 487 Punkten) und erst recht Amdahl (Spitzenreiter mit 538 Punkten) den Befragten als ziemlich preiswerte Lieferanten galten. Außenseiter MAI holte sich nicht nur bei der Preiswürdigkeit, sondern auch bei der Solidität und der Selbstdarstellung jeweils die rote Laterne.

Sehr schlecht kommen in der Beurteilung auch die DV-Hersteller weg, die man in der Pionierzeit der Großdatenverarbeitung unter dem Sammelbegriff "BUNCH" kannte: Unisys (Burroughs/Univac), NCR, Control Data und Bull (Honeywell). Nicht in einer einzigen der Rubriken Managementqualität, Innovation, Kommunikation (PR), Preis/Leistungs-Verhältnis und Solidität kam auch nur eines dieser Unternehmen auf eine Punktezahl über dem Branchendurchschnitt. Die Führungskräfte von "Honeywell-Bull" müssen das Management-Schlußlicht tragen, während Control Data als Gesamtunternehmen den schlechtesten Ruf hat und Mannesmann-Kienzle hinter NCR als technisch rückständig gilt.

Ein Sprecher der Kölner Bull AG versucht dem enttäuschenden Imageprofil seiner Firma - schlecht geführt, teure Produkte - gute Seiten abzugewinnen, zumal er glaubt, daß die Interviewten noch die alte Honeywell-Bull im Sinn hatten und nicht die neu strukturierte Bull AG: "Wir betrachten die Ergebnisse als zusätzlichen Ansporn und werden sie bei der Umsetzung unserer Kommunikationsstrategie berücksichtigen." Im Kundenkreis seien die neuen Aktivitäten "durchweg positiv" aufgenommen worden. (Siehe auch Kolumne, Seite 9)