Konzertierte Aktion via ISDN-Center:

Nixdorf mit neuer Schnittstelle zum Anwender

04.03.1988

MÜNCHEN (bi) - Nixdorf hat jetzt in München ein spezielles "lSDN-Center" eröffnet. Zielgruppe dieser kombinierten Ausbildungs-, Marketing-, Test- und Entwicklungs-Aktivität ist neben Großkunden und kleineren Unternehmen auch die eigene Mannschaft, Zweck der Einrichtung in erster Linie Entwicklung und Test von ISDN-Applikationen.

Das Zentrum, zu dessen Leiter Peter Jochen Spohn bestellt wurde, wird voraussichtlich erst Anfang 1989 den Anschluß an das öffentliche ISDN-Netz erhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt kann also in München nur Inhouse-ISDN getestet werden - im Gegensatz zu den Mannheimer und Stuttgarter Versuchen, wo die Nixdorfer eigenen Angaben zufolge mit rund 600 Endgeräten für Fernsprechen, Bildschirmtext und PC-Anbindung über Teletex vertreten sind. Mit von der Partie ist das Bifoa (Betriebswirtschaftliches Institut für Organisation und Automation an der Universität zu Köln), das für den Ausbildungsteil, genannt "lSDN-Anwenderforum", mitverantwortlich zeichnet.

Im Vorfeld der Hannover-Messe wurde in München bereits jetzt das Endgerätespektrum der Nixdorfer für die Schnittstellen S0, Up0 und Upn (n = Nixdorf) präsentiert. Zur Schnittstellen-Diskussion führte Horst Nasko, Nixdorf-Vorstand Nachrichtentechnik, aus, daß auf der Ebene der Geräte und ihrer Netze die Standards noch nicht stabil seien.

In der Tat gibt es bereits zwischen dem laufenden Pilotversuch und der Serienfertigung Unterschiede. Erst "in einigen Jahren" dürften, so Nasko, diese von der Bundespost vorgegebenen Standards durch internationale Übereinkünfte abgelöst werden. Zur Zweidraht-Schnittstelle Up0, einem Inhouse-Standard, auf den sich die deutsche Industrie weitgehend geeinigt habe, prognostizierte Nasko, der im ZVEI zusätzlich die Funktion des Fachbereichsvorstands für Informations- und Kommunikationstechnik wahrnimmt, daß sich längerfristig wohl auch die US-Endgeräte-Hersteller diesem Standard an schließen würden.

Neu im Endgerätespektrum der Nixdorfer rund um den Hauptanschluß, die digitale Nebenstellenanlage 8818 und das digitale Telefon Digifon sind

- Fernkopiergeräte der Gruppe 3 (über TA a/b anschließbar) und Gruppe 4,

- ISDN-Multitels für die Teilnahme am Btx-Dienst,

- die PC- und Server-Anbindung über den ISDN-Schlüsselbaustein ITC2, den ISDN-Telecom-Controller von Nixdorf,

- das Textendgerät Digitex und

- das ISDN-Bildtelefon "Megatel" bestehend aus Bildfernsprecher und dem 64 KBit/s-Codec.

In Hannover dürfte vor allem der "Megadesk", ein universaler Büroarbeitsplatz aus Münchner Entwicklung, auf Interesse stoßen. Zum Megatel gesellt sich hierbei noch ein PC, der 8810. Allerdings weisen diese Geräte der ersten ISDN-Generation noch erhebliche Schönheitsfehler auf: geringen Integrationsgrad - Telefon und Kommunikationsvorrechner nehmen viel Platz weg - und erstaunlich hohe Preise. Allein der ITC2 kostet um die 5000 Mark und zwar in der geringsten Ausbaustufe. Für das Megatel müssen um die 20 000 Mark und für Megadesk gar 30 000 Mark berappt werden.

Bei solchen Preisen wird die Bemerkung Naskos, daß "sich ISDN nicht von selbst durchsetzen werde", auch für alle diejenigen verständlich, denen die Btx-Problematik beim Thema ISDN nicht sofort vor Augen steht. Bei der anvisierten Käufergruppe jedoch, wiegelte Nasko allzu pessimistische Bedenken ab, zähle in erster Linie die Qualität der Anwendung. Als Beispiel nannt er eine offenbar erfolgreiche Btx-Anwendung für Apotheker.

So soll sich also das ISDN-Applications-Labor, sprich: ISDN-Center, auf ISDN-Migration, ISDN-Bürokommunikation, ISDN am Hauptanschluß und Breitbandkommunikation spezialisieren. Die beiden erstgenannten Punkte dürften kurzfristig auf das größere Interesse stoßen.

ISDN-Migration bezieht sich auf

- Koexistenz verschiedener ISDN Schnittstellen bei Bildschirmarbeitsplätzen, ISDN-Telekommunikationsanlagen (ISPBX) und Servern,

- den Übergang vom Inhouse-ISDN zum öffentlichen ISDN,

- die Aufrüstung bestehender Endeinrichtungen und

- neue ISDN-Einrichtungen.

ISDN-Bürokommunikation bezieht sich auf

- integrierte ISDN-Lösungen mit Targon- und 8870-Rechnern sowie BNC und Workstations,

- Netzwerklösungen mit der 8818 und LAN-Gateways sowie

- ISDN-Speicher- und Leitungsvermittlung für Netze und Postdienste.

ISDN am Hauptanschluß dürfte für die klassische Nixdorf-Klientel, den Mittelstand und freie Berufe, ein Thema werden. Das Münchner Zentrum wird sich deshalb besonders um Anwendungen für das Digitel, das Teletex-Endgerät Digitex und den Schlüsselbaustein ITC2 kümmern, ferner um die ISDN-Integration in bestehende Anwenderlösungen und die Entwicklung von verteilten ISDN-Lösungen beispielsweise für Filial- oder Dienstleistungsbetriebe.