Sündenbock IT

Nicht mehr automatisch schuldig

06.11.2008
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Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.
Das kennen Sie sicher auch: Ein Projekt läuft schief, und ohne viel Federlesens wird die IT zum Schuldigen erklärt.

Seltsamerweise spielt zunächst einmal gar keine Rolle, ob wirklich die IT eine Sache wirklich verbockt hat, ob es eine Verkettung unglücklicher Umstände war, oder ob die Fachabteilung ihre Anforderungen ungenau formuliert hat. Es können noch so viele Faktoren zum Misslingen beitragen - am Ende hat es die IT in der Hand gehabt, gemanagt und implementiert. Vor allem die Abteilungen im Unternehmen, die nicht direkt mit diesem Projekt zu tun hatten, nehmen die Erklärung, es hat mal wieder die IT verbockt, widerspruchslos hin. Schließlich ist man ja von diesen Nerds einiges gewöhnt. Das trägt nicht gerade zum guten Image der IT bei (siehe auch: "Unverstanden und ungeliebt").

Christoph Witte, Herausgeber COMPUTERWOCHE.
Christoph Witte, Herausgeber COMPUTERWOCHE.
Foto: Christoph Witte

Aber es gibt Möglichkeiten, die gesamte Business-Seite und die Fachabteilungen, die ja zumeist den Auftrag vergeben oder zumindest die Anforderung an die IT richten, mit in die Verantwortung zu nehmen. Eine große Rückversicherung in München hat zum Beispiel die Funktionen des Global Business Architect und des Global Process Owner geschaffen. Die Process Owner sind auf der Business-Seite ganzheitlich für bestimmte Kernprozesse zuständig - inclusive der darin ablaufenden IT-Projekte. Die oberste Instanz bildet der Global Business Architect. Mit ihm werden die strategischen IT-Projekte besprochen, gemeinsam verabschiedet und im Vorstand vertreten - wenn es sein muss, auch verteidigt. Auf diese Weise trägt das Business direkte Mitverantwortung für IT-Projekte. So funktioniert die einseitige Schuldzuweisung nicht mehr, zudem werden die IT-Projekte viel stärker auch aus dem Business heraus argumentiert und getragen.

Natürlich funktioniert das nicht nur in Konzernen. Auch in mittelgroßen Unternehmen spricht nichts gegen diese Konstruktion. Im Tausch gibt der IT-Chef ein wenig Verantwortung ab, aber was bedeutet das schon, wenn er dann nicht mehr allein an allem Schuld ist!

Weitere Meinungsbeiträge und Analysen finden Sie im Blog des Autors unter www.wittes-welt.eu.