Kriterien zur Beurteilung von Kursen

Nicht jedes teure Seminar ist auch eine gute Schulung

04.09.1992

Der Preis ist bei Schulungen nicht das Hauptauswahlkriterium. Die wesentlichen Entscheidungsgründe sollten in der Qualität der Schulungen liegen. Ein Vorgehen nach dem Motto: "Ein teurer Kurs ist auch ein qualitativ guter Kurs " ist langfristig keine Strategie. Woran aber läßt sich die Qualität im Schulungsbereich bemessen? Brigitte Schäfer* zeigt wichtige Beurteilungskriterien auf.

Die Verantwortlichen für Weiterbildung sollten bei der Auswahl des Instituts darauf achten, daß aktuelle Themen im Katalog enthalten sind. Denn nur ein weiterbildungsanbieter, der die nettesten Entwicklungen berücksichtigt, hat auch die Kompetenz, qualitativ hochwertige Schulungen durchzuführen. Das erfordert natürlich ein sehr fundiertes Wissen über Trends, das beispielsweise durch die Mitarbeit bei Standardisierungsgremien erworben werden kann. Auch die Hard- und Software-Ausstattung der Institute sollte dem State of the Art entsprechen.

Durch einen permanenten Erfahrungsaustausch mit Projektmitarbeitern und dem Produkt-Marketing werden nicht nur Kursinhalte und -bedarf ermittelt, sondern auch die fachliche Stärkung und Weiterentwicklung der Dozenten gefördert. Wichtig ist es, die Fluktuation bei den Trainern möglichst niedrig zu halten.

Der Erfolg einer Schulung hängt vom Trainer ob

Ein fester Stamm angestellter und ein Teil freiberuflicher Mitarbeiter, die jedoch längerfristig mit dem Schulungsanbieter zusammenarbeiten, haben sich bewährt. Dabei muß für die fachliche Weiterbildung der freiberuflichen Dozenten Sorge getragen werden.

Der Erfolg einer Schulung hängt zu einem großen Teil von den didaktischen Fähigkeiten des Trainers ab. Erwachsene sind es gewohnt, Dialoge zu führen und nicht wie in der Schul- und Studienzeit überwiegend nur zuzuhören. Daher muß der Dozent es

verstehen, ein gutes Kursklima zu schaffen, und nicht nur Frontalunterricht praktizieren. Alle Teilnehmer sollten in die Schulungsgruppe integriert und durch Praxisaufgaben angesprochen werden.

Professionelle Schulungsunterlagen beinhalten ausführliches kursbegleitendes Material mit Übungsbeispielen, Lösungen und übersichtlichen Erläuterungen, die man nach der Schulung in der Alltagspraxis nachvollziehen kann. Sie sind ein wichtiges Kriterium bei der Beurteilung des Kurses. Zu beachten ist jedoch, daß auch die besten Schulungsunterlagen nicht als Buchersatz fungieren können.

Die Unterlagen sollten permanent verbessert werden, wobei hierbei die Anregungen der Dozenten hilfreich sind. Weiterhin können aus dem Feedback der Teilnehmer weitere Anregungen entnommen werden.

Viele der praxisorientierten Kurse werden als Inhouse-Schulungen durchgeführt, die eine individuell konzipierte Weiterbildung für ein Unternehmen erlauben. Der Dozent hat die Möglichkeit, sich besser auf die jeweilige Situation vorzubereiten, mehr auf Teilnehmerkenntnisse einzugehen und die Schulungsinhalte individuell zusammenstellen. Lernziele können definiert, Lernschritte vereinbart und für das Unternehmen ausgearbeitete Schulungsunterlagen erstellt werden.

Ab einer Anzahl von zirka 45 Teilnehmern sind Inhouse-Schulungen für ein Unternehmen wirtschaftlicher als die Teilnahme einzelner Mitarbeiter an externen Kursen.

Nicht nur allein deshalb, weil bei Schulungen vor Ort auch die Reisekosten gespart werden. Die Obergrenze für Kurse sollte bei zwölf Teilnehmern liegen. Die Anteile der Systempraxis liegen bei rund 50 Prozent der Schulungszeit. Dabei sollten nicht mehr als zwei Teilnehmer an einem Schulungsarbeitsplatz lernen.

Die Vorteile des dezentralen Lernens

Das Ziel bei der Entwicklung netter Lernmethoden ist, bei gleichem oder reduzierten Aufwand steigende Effizienz zu erreichen, wobei es immer wichtiger wird, eine große Anzahl von Mitarbeitern schnell, umfassend und zum richtigen Zeitpunkt möglichst vor Ort zu informieren und weiterzubilden. Einen Ansatz hierfür bietet das Fernlernen.

Die IBM Deutschland hat zusammen mit der Deutschen Bundespost Telekom den Versuch gestartet, Weiterbildung durch interaktiven Fernunterricht zu intensivieren. Ein im IBM-Bildungszentrum Herrenberg stattfindender Unterricht wird mit Videotechnik

aufgenommen und live in zwölf Niederlassungen übertragen.

Die Teilnehmer aller angeschlossenen Standorte können sich aktiv am Unterricht beteiligen. So haben sie die Möglichkeit, mit dem Dozenten zu kommunizieren und Aufgabenlösungen zu präsentieren.

Die Voraussetzungen für den interaktiven Fernunterricht bietet das Vorläuferbreitbandnetz der Deutschen Bundespost Telekom. Mit der Übertragungsrate von 140 Mbit/s wird Fernsehstandard erreicht. Herz dieses Ausbildungszentrums bildet ein Professionell eingerichtetes Studio, das für Aufnahme, Bildmischung und reibungslose Übertragung sorgt.

Diese Form des Fernlernens wird die konventionelle Schulung sicher nicht ersetzen können und kommt auch nicht für alle Themenbereiche in Frage. Die Nutzung der Tele-Akademie ist bei eher theoretischen Kursen beziehungsweise bei Überblickskursen

eine wichtige neue Methode.

Praxisschulungen sind jedoch damit weniger gut durchführbar, da sich die bisher noch sehr hohen Kosten nur bei entsprechender Teilnehmerzahl für das Unternehmen auszahlen.

*Dipl.-Inform. Brigitte Schäfer ist Schulungsleiterin bei der Interface Computer GmbH, München.