Apple im Unternehmen

Nicht jeder ist Axel Springer

25.07.2008
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Mac OS X und Windows Vista oder XP auf Macs

Der Techconsult-Analyst wendet aber ein: "Allein technologisch ist dieser Komplettumstieg kaum zu erklären." Es sei zwar richtig, dass Apple-Rechner als weniger anfällig für Viren und anderen Schadcode sei. Doch genau das Thema IT-Sicherheit hätten die Entscheider im Großverlag gar nicht in den Vordergrund gerückt.

Techconsult-Analyst Denis Mrksa glaubt, dass der Komplettumstieg auf Apple von Axel Springer allein technologisch kaum zu erklären ist.
Techconsult-Analyst Denis Mrksa glaubt, dass der Komplettumstieg auf Apple von Axel Springer allein technologisch kaum zu erklären ist.

Dass nicht so sehr technische Aspekte den Wechsel auf Apple beförderten, belegt Mrksa an einem Beispiel: Springer werde wie verlautbart je nach eingesetzter Applikation und Bereichsanforderung auf den Apple-Computern als Betriebssysteme sowohl Mac OS X als auch eines der üblichen Windows-Betriebssysteme XP oder Vista einsetzen. "Dies spricht dagegen, dass die reifer werdenden Desktop-Virtualisierungslösungen Treiber für den Umstieg waren."

Hierzu hatte allerdings der Axel-Springer-CIO Tribius schon gesagt, dass der Konzern nicht "nur" die komplette Hardware umstellen wird, sondern auch rund 70 Prozent aller Anwendungen nativ unter dem Max OS X laufen lassen. Springer will also sehr wohl einen echten Übergang von Hard- und Software in die Apple-Welt.

Yankee-Group-Analystin Didio kommt in ihrer Umfrage auch zu anderen Erkenntnissen als der Techconsult-Analyst. Die Frage, wieso Unternehmen vermehrt auf Apple zurückgreifen, hätten eine Reihe von IT-Verantwortlichen damit beantwortet, dass sie im virtuellen Modus andere Betriebssysteme wie Microsofts Vista oder XP oder etwa Linux laufen lassen könnten. Einige hätten gegenüber Didio ganz direkt formuliert: "Wir nutzen Vista oder XP, tun dies aber explizit mit Apple-Rechnern als Hardware." 28 Prozent der in der Yankee-Group-Untersuchung Befragten sagten, dass sie Windows im virtuellen Modus auf Apple-Rechnern betreiben. Die führenden Vertreter für Virtualisierungssoftware sind dabei Parallels und VMware Inc. Weitere 22 Prozent nutzen die im Mac OS X eingebaute Dual-Boot-Option "Boot Camp", um das System entweder als echten Mac unter dem Mac OS X zu nutzen oder unter Windows.

Womanizer Powerbook

Marketing-Leiter Wolfgang Grandjean von der Wilken GmbH aus Ulm ist selbst ein begeisterter Apple-Nutzer. Hierzu erzählt er gerne folgende Anekdote: Als er einmal mit Kollegen - unter anderem auch seinem Vorgesetzten - im Zug fuhr, packten alle drei Männer ihre Notebooks auf den Tisch. An diesem saß noch eine Frau. Seine Kollegen verbreiteten sich dabei ausgiebig über Leistungscharakteristika ihrer jeweiligen Mobilrechner. Sie strichen die Prozessorleistungen heraus oder die Festplattenkapazitäten. Als Grandjean sein Apple Powerbook aufklappte, konterte die mitreisende Lady ganz kühl: "Aber er hat einen Apple."

Den Grund, warum IT-Verantwortliche gerne auf Mac-Hardware verfallen, hat Didio ebenfalls erforscht. Acht von zehn Befragten gaben an, die Mac-Hardware sei bezüglich ihrer Zuverlässigkeit entweder "exzellent" oder wenigstens "sehr gut". Dieses Vertrauen in die Solidität der Apple-Hard- und Software hat "ohne Zweifel eine handfeste Auswirkung auf Trends im Kaufverhalten und Einsatz von IT in Unternehmen", schreibt Didio. Einige der Befragten sagten in späteren Interviews noch, dass ihre Windows-Entwickler XP oder Vista im virtuellen Modus auf Mac-Hardware nutzen, weil sie es leid waren, ständig mit der in der Windows-Welt verbreiteten Viren- und Spyware-Problematik sowie mit den als Störung empfunden häufigen Updates der Microsoft-Betriebssystem-Software konfrontiert zu werden.

Wo sind Dienstleister wie EDS oder T-Systems?

Es gibt aber noch einen handfesten Grund, warum IT-Verantwortliche den großflächigen Einsatz von Apple-Rechnern in ihren Firmen meiden. Apple hat kaum Beziehungen zu großen Dienstleistern wie Electronic Data Systems (EDS), IBMs Global-Services-Geschäftseinheit oder beispielsweise T-Systems. Genau mit solchen Servicespezialisten arbeiten die IT-Abteilungen von Firmen aber gern zusammen, um ihnen Alltagsballast von den Schultern zu nehmen. Tribius vom Axel Springer Verlag betont im Interview mit der COMPUTERWOCHE, dass ein wichtiges Argument für die Umstellung auf Apple die hundertprozentige Verpflichtung des Axel-Springer-Dienstleisters Siemens IT Solutions and Services (SIS) war. Dieser sehe das Migrationsprojekt als spannende Herausforderung und trage es komplett mit.