Neustart der Web-Agenturen

19.04.2006
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Agenturen planen Zukäufe

Trotz der wiedererwachten Euphorie erwarten die meisten Web-Experten eine Übernahmewelle im Markt. Dabei geht jedoch kaum jemand davon aus, dass sich die Großen der IT-Dienstleistungsbranche in das Segment einkaufen werden, um ihre Lücken im Kreativ-Portfolio zu stopfen. "Die Web-Agenturen stehen heute nicht mehr unter dem Druck, sich an IT-Konzerne verkaufen zu müssen", kommentiert Syzygy-Vorstand Seiler. Auch sei auf beiden Seiten die Erkenntnis gereift, dass die kulturellen Unterschiede für eine solche Verschmelzung vermutlich zu groß seien.

"Es wird Zeit, endlich die Hexenaustreibung abzuschließen." Matthias Schrader, Vorstandschef der Sinnerschrader AG
"Es wird Zeit, endlich die Hexenaustreibung abzuschließen." Matthias Schrader, Vorstandschef der Sinnerschrader AG

Eher werde es zu Übernahmen und Fusionen innerhalb des Segments kommen, heißt es unisono. Syzygy hat vom Börsengang noch über 45 Millionen Euro auf der hohen Kante, und bis zur Hauptversammlung Ende Juni soll eine Entscheidung fallen, was mit dem Geld passieren wird - ausschütten oder investieren. "Übernahmen sind ja nie ausgeschlossen", orakelt Vorstand Seiler. Die finanzielle Reserve sei eine "schöne Manövriermasse" und biete die Chance, "im Markt aktiv zu werden". Pixelpark-Chef Riese erwartet, dass aus den Top Ten des Web-Agentur-Segments eines Tages die "Big Five" der Branche entstehen könnten.

Der aktuelle Aufschwung der Szene steht auf einem stabileren Fundament als der Hype der Online-Gründerzeit. Hausgemachte Fehler in den Agenturen wurden behoben; zudem besteht kaum noch die Gefahr, dass die Dienstleister zu schnell wachsen. Auch hat sich das Business gewandelt: "Vor fünf Jahren brauchte jedes Unternehmen einen Internet-Auftritt, das Geschäft war stark vom Frontend geprägt", sagt Pixelpark-Chef Riese. Heute spreche man über E-Business, welches auch das IT-Backend umfasst, und das sei eine andere "Hausnummer".

Hinzu kommt, dass viele Firmen ihr Online-Geschäft in der Vergangenheit vernachlässigt und sich von Mitarbeitern getrennt haben. Nun buchen sie häufig notgedrungen das komplette Portfolio des Dienstleisters von der Beratung über die Umsetzung bis hin zum Betrieb. Derartige Projekte seien natürlich "sehr dankbar", freut sich ein Vorstand.