"Down to earth" nennt Sinner das, und so könnte auch das Mantra der Web-Szene in den vergangenen Jahren gelautet haben. Nicht nur der "Unternehmer des Jahres 2000" zog um, seine ehemalige Firma wird in diesem Sommer ebenfalls neue Büroräume in Hamburg beziehen - mindestens zwei Nummern kleiner als bisher. "Wir verbessern uns dadurch bilanziell", ordnet Vorstandschef Matthias Schrader die Halbierung der Bürofläche bewusst nüchtern ein. Auch darin zeigt sich der positive Nebeneffekt der Krise: Sie zwang die betroffenen Dienstleister zur Professionalisierung.
Bloß nicht im Archiv wühlen
Von den kreativen Vertretern der IT-Szene sind einige auf der Strecke geblieben. Andere wiederum haben die Gelegenheit der vergangenen Jahre genutzt, sich zu stabilisieren. "Unter der Oberfläche ist in den Unternehmen viel passiert", erinnert sich Schrader. Bei Fragen zum "Damals" plädiert der CEO heute für ein "Archivverbot", denn schließlich liege der Beginn der Krise schon fünf Jahre zurück: "Es wird Zeit, endlich die Hexenaustreibung abzuschließen."
In der Tat zeichnet sich eine kräftige Erholung der Branche ab. Vor allem die steigende Bedeutung des Web für Unternehmen spielt den IT-Kreativen in die Hände: "Früher mussten wir das Internet den Kunden regelrecht verkaufen", erinnert sich Sinner. Heute hingegen setzen Konzerne online Millionenbeträge um, und das zu wesentlich geringeren Kosten als einstmals (siehe Kasten "Gründe für den Aufschwung"). Die Entwicklung schien vorgezeichnet, nur hat es laut Sinner "länger gedauert, als wir alle geglaubt hatten".
Entscheider hätten inzwischen keine Angst mehr, 100000 Euro in Internet-Projekte zu investieren, sagt Sinner: "Vor zwei Jahren wäre das noch ein Kündigungsgrund gewesen." So zählen die vergleichsweise kleinen Dienstleister inzwischen illustre Großkonzerne zu ihren Kunden: Bei Sinnerschrader sind es beispielsweise Comdirect, die Deutsche Bank, TUI oder Tchibo; Pixelpark nennt die WestLB, das ZDF, die Barmer Ersatzkasse und das Sparkassen-Finanzportal als Referenzen; zu Syzygys Auftraggebern zählen Daimler-Chrysler, Mazda Europe, Fleurop und Disney.