Neuigkeiten von der europaeischen Entwicklerkonferenz Gupta spekuliert auf eine zweite Client-Server-Welle

27.10.1995

Von Stefan Frevel*

WIESBADEN - Den Auftakt zur vierten europaeischen Entwicklerkonferenz im Oktober nutzte Gupta zu einer Auffrischung des Firmenprofils. Vorgenommen hat sich das Unternehmen vor allem die Integration verteilter und heterogener Datenbankanwendungen. Diesen Wachstumsmarkt will er mit einer gruendlich revidierten und erweiterten Produktfamilie fuer Windows und Unix bedienen.

Die erste Client-Server-Welle laeuft ins Seichte aus. Das behauptet zumindest Firmenchef Umang Gupta. Frischen Auftrieb soll seinem Unternehmen die zweite Welle geben, die er heranrollen sieht: mehr Benutzer, mehr Transaktionen, unterschiedliche Datenbanken und zunehmende Dezentralisierung der Daten. Das sind die Aufgaben, denen sich Gupta mit Client-Server-Technologie der zweiten Generation stellen will.

"Centura" nennt der Anbieter sein plattformuebergreifendes Konzept fuer die integrierte Software-Entwicklung vom Lower-CASE-Tool bis zur Verwaltung ganzer Applikationsfamilien. Eine Schluesselstellung haben darin Werkzeuge zur Entwicklung von Komponenten, die moeglichst unabhaengig von den Datenquellen einerseits und von den Betriebssystemen andererseits sind.

Hinzu kommt ein Facelifting fuer die gesamte Produktpalette: Die Benutzer-Schnittstellen werden der Explorer-Metapher von Windows 95 angepasst. Gleichzeitig soll ein Technologiewechsel stattfinden: Weg vom klassischen Client-Server-Schema, hin zu einem mehrschichtigen Applikationsmodell, heisst das Motto.

Drei-Schichten-Modell fuer PC-Architekturen

Am Desktop dominiert kuenftig die Benutzer-Schnittstelle. Dahinter liegt als Schicht zwischen Client und Datenbank-Server ein Bereich, in dem "Business Rules", Arbeitsablaeufe und unternehmensspezifische Konzepte festgelegt werden.

Erfunden hat Gupta dieses Drei-Schichten-Modell keineswegs, uebertraegt es aber auf PC-Netze. Eine revidierte Nachfolgeversion von SQL Windows erlaubt das Programmieren von Applikations-Servern fuer Windows NT und Unix. Was die objektorientierte Entwicklung betrifft, so soll es weitere, abstraktere Datenbank- Zugriffsklassen fuer SQL- und Non-SQL-Datenbanken geben.

Fertig ist allerdings bislang nur wenig. Wie versprochen, hat Gupta die erste Portierung von SQL Windows fuer die Unix-Umgebung Motif gezeigt. Das Werkzeug laeuft derzeit ausschliesslich unter dem Solaris-Unix von Sunsoft. Fuer die Open-Look-Variante der 4GL wurden von Microsoft Betriebssystem-Ergaenzungen wie OLE 2 in Lizenz genommen, um weitestgehende Kompatibilitaet zur Intel- Plattform sicherzustellen. Noch dieses Jahr wird die fertige Version ausgeliefert, Anpassungen fuer HP und Power-PC sollen bald folgen.

Eine Macintosh-Version von SQL Windows, eigentlich sollte sie zu Anfang 1996 vorgestellt werden, ist auf "irgendwann naechstes Jahr" verschoben. Earl Stahl, technischer Direktor bei Gupta, liess durchblicken, dass dieses Projekt, obwohl ziemlich weit gediehen, keine Prioritaet mehr besitzt.

Der Schwerpunkt der neuen Entwicklungs-Tools - der Nachfolger von SQL Windows und Team-Windows - liegt auf der Herstellung und Integration von Funktionskomponenten. Offenere Werkzeuge erlauben eine weitergehende Integration von C++-Programmteilen, waehrend auf der anderen Seite Custom-Controls (OCX) und OLE-Module mit SQL Windows herzustellen sind. Gleichzeitig wird das Einbeziehen und Kombinieren heterogener Komponenten anderer Herkunft vereinfacht. Gupta dehnt damit die Spagat-Uebung aus, in einer Entwicklungsumgebung avancierte OOP-Konzepte zu realisieren und einen Baukasten e la Visual Basic bereitzustellen.

Wenig Innovation im Datenbankbereich

Einen Qualitaetssprung verspricht der Hersteller fuer die naechste Version von Team Windows. Das Projekt-Management werde um ein Sourcecode-Control-System sowie um Analyse-Tools fuer Datenbankstrukturen und Klassenhierarchien erweitert. Das Repository solle zudem flexibler gestaltet werden und mehr unterschiedliche Module verwalten koennen.

Im Datenbankbereich sieht Gupta seine Staerke nach wie vor im LAN- Markt, will aber seine Rolle als Vermittler heterogener Datenbankumgebungen ausbauen und originaere Loesungen fuer "Front-line-computing" - mobile Datentechnik - anbieten. Spaetere Versionen des SQL-Base-Servers sollen das Verwalten multipler, dezentraler Datenbestaende vereinfachen; fuer die Koordination mobiler Datenbestaende sind Replikations-Tools angekuendigt, die den Abgleich aller wichtigen Datenorganisationssysteme untereinander ermoeglichen.

Nach der Bekanntgabe der Kooperation mit Sunsoft machten Guptas Aktien quasi einen kurzen Freudensprung; inzwischen duempeln sie jedoch wieder deutlich unter der Zehn-Dollar-Marke. Massive Ausgaben fuer Forschung und Entwicklung und exzessive Marketing- Anstrengungen haben Gupta - bislang verwoehnt von einem Dezennium mit jaehrlichen Wachstumsraten von 70 Prozent - ein verlustreiches letztes Geschaeftsjahr beschert.

Guptas Kriegskasse ist leer. Das Unternehmen setzt daher auf die Qualitaet der kommenden Produkte sowie auf strategische Allianzen. Auffaellig ist dabei die Naehe zu Microsofts Produktstrategie. Betont wird die technologische Verwandschaft und die inhaltliche Naehe - bei gleichzeitiger Komplementaritaet - zu den Produkten des Softwaregiganten.

Bei Gupta glaubt man an Bill Gates' Geschaeftstuechtigkeit im allgemeinen ebenso wie an den Erfolg von Windows 95 und NT im speziellen. Geruechte ueber eine moegliche Uebernahme durch Microsoft verweist Hauptanteilseigner Umang Gupta jedoch ins Reich der Spekulation.

* Stefan Frevel ist freier Journalist in Muenchen.