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Neues Geschäftsmodell: Intergraph verklagt Dell, HP und Gateway

18.12.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Intergraph hat Klage gegen Dell, HP und Gateway eingereicht. Die drei PC-Hersteller hätten gegen Patentrechte verstoßen, weil sie in ihren Rechnern Pentium-Prozessoren eingesetzt hätten. Was etwas eigenartig klingt - immerhin setzt so ziemlich jeder Rechnerhersteller Intels Pentium-CPUs sowie Prozessoren neuerer Generationen in seinen Maschinen ein ohne jedoch selbst Chips zu entwickeln und zu produzieren -, findet seine Erklärung in einer rechtlichen Auseinandersetzung, die vor fünf Jahren ihren Ausgang nahm. 1997 hatte Intergraph erstmals gegen Intel eine Patentrechtsklage eingereicht. Gegenstand war die Clipper-Architektur, die der ehemalige Workstation-Hersteller für seine Rechner entwickelt hatte.

Insbesondere deren Speicher-Management-System hatte es Intel offensichtlich angetan, weswegen der Prozessorhersteller nach Meinung auch eines Richters geistige Anleihen bei der Intergraph-Technologie machte. Intel wurde in der Folge sowohl bezüglich der patentrechtlich fragwürdigen Nutzung von Intergraph-Technologie in Pentium-CPUs als auch in den neuen Itanium-Prozessoren angeklagt. In einer außergerichtlichen Einigung kamen die beiden Parteien dann überein, dass Intel als Kompensation 150 Millionen Dollar für die Nutzung von Intergraph-Technologie in den Prozessoren Pentium, Pentium Pro, Pentium II und Pentium III zahlen würde. Weitere 300 Millionen Dollar wurden fällig wegen der Nutzung von Clipper-Chip-Entwicklungen in den Itanium-CPUs.

Diese beiden außergerichtlichen Einigungen regelten allerdings nicht, wie mit der Tatsache zu verfahren sei, dass das in Intel-Prozessoren zur Anwendung gelangte geistige Eigentum von Intergraph in der Folge natürlich in PCs zum Einsatz kam. Aus diesem Grund reichte Intergraph nun zunächst gegen HP, Gateway und Dell weitere Klagen ein. Das Unternehmen geht dabei insofern ein Risiko ein, als bisher noch kein Gericht grundsätzlich darüber entschieden hat, ob die patentrechtlichen Ansprüche des Herstellers überhaupt zu Recht bestehen - im Fall Intel hatte man sich ja außergerichtlich geeinigt. Sollte Intergraph aber nun mit seiner Klage gegen die drei PC-Hersteller obsiegen, könnte dies die Dämme öffnen für eine ganze Flut weiterer Anspruchsklagen von Intergraph auch gegen andere PC-Hersteller. Eine Intergraph-Sprecherin bestätigte denn auch, dass man bereits mit einer Reihe von PC-Herstellern in Verhandlungen stehe.

So ironisch es klingen mag: Aber für Intergraph lohnt sich der Weg auf die Gerichte bislang durchaus. Das Unternehmen hat in den ersten neun Monaten des Jahres 2002 mit Software und Services Umsätze von insgesamt 379,2 Millionen Dollar erzielt. Insgesamt rechnet Intergraph in diesem Jahr mit einem Umsatz von 532 Millionen Dollar, die das Unternehmen aus seinen angestammten Kernkompetenzen erwirtschaften könnte. Dem stehen weitere 450 Millionen Dollar an Einnehmen gegenüber, die Intergraph aus seinen Rechtshändeln mit Intel eingenommen hat. Mit anderen Worten: Sollte Intergraph bei seinen Verhandlungen und Klagen gegen PC-Hersteller ähnlich erfolgreich agieren, dürfte sich das neue Geschäftsmodell in klingender Münze auszahlen. (jm)