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Neuer Koalitions-Streit über Speicherung von Telefondaten

15.03.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Rot-Grün streitet über eine längere Speicherung von Telefon- und Internet-Daten im Kampf gegen den Terrorismus. Die Grünen reagierten am Montag mit scharfer Kritik auf Aussagen von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), der sich im Grundsatz für eine Ausweitung der Speicherung von Verbindungsdaten und ihre Nutzung zur Strafverfolgung ausgesprochen hatte. "Datenmüll anzuhäufen schafft keine Sicherheit", erklärten Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele und der Rechtspolitiker Jerzy Montag.

Bedenken äußerten auch Datenschützer und der Verband der Telekommunikationsunternehmen. Im Gegensatz zu Schily reagierte auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) zurückhaltend. Sie will weitere Prüfungen abwarten.

In der Diskussion geht es um eine Nutzung der Daten, die auch in Telefonrechnungen auftauchen - also die Registrierung der Nummern eines Telefongesprächs und nicht um die Inhalte eines Telefonats. Nach Angaben des Bundesjustizministeriums können die Ermittlungsbehörden auf diese von den Telekommunikationsunternehmen gespeicherten Daten bereits jetzt zurückgreifen.

Gesetzlich erlaubt ist derzeit eine Datenerfassung für den Zeitraum von sechs Monaten nach Rechnungslegung. Nach dem Terroranschlag von Madrid im vergangenen Jahr war auf europäischer Ebene vereinbart worden, die strafrechtlichen Mittel im Kampf gegen den Terrorismus zu verschärfen.

Schily hatte am Sonntag am Rande der Computermesse CeBIT in Hannover erklärt, die Sicherheitsbehörden müssten "alle Möglichkeiten nutzen, um an die Planung von Verbrechen und terroristischen Aktionen heranzukommen". Die Verhandlungen mit den Telefonunternehmen über eine längere Speicherung der Daten seien aber "noch nicht am Ende".

Zypries betonte, sie habe sich bei der Frage der Dauer einer möglichen längeren Speicherung von Telefon- und Internet-Daten noch nicht entschieden. "Wir müssen zunächst wissen: Was brauchen die Sicherheitsbehörden und welche Kosten fallen für die Telekommunikationsunternehmen an", sagte Zypries der dpa in Erfurt. "Der Zeitraum ist noch völlig ungeklärt." Diskutiert werde über drei bis 36 Monate.

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) warnte vor den Kosten. "Allein auf Seiten der Unternehmen rechnen wir mit einem dreistelligen Millionenbetrag, und für die Auswertung durch staatliche Stellen kämen weitere Millionen hinzu", sagte Verbandsgeschäftsführer Jürgen Grützner. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Hartmut Lubomierski lehnte im Deutschlandfunk eine längere Speicherung als unverhältnismäßig ab. (dpa/tc)