Modernes Dokumentationssystem braucht auch moderne Methoden:

Neuer Denkansatz durch "Structured Analysis"

10.06.1983

Moderne dialogorientierte Dokumentationssysteme, die über Textverarbeitung hinausgehen und Netzstrukturen verwalten können, sollten alle Tätigkeiten bei der Systementwicklung nach der "Structured Systems Analysis"-Methode (SSA) unterstützen. In seinem Beitrag erläutert Gernot Schultz-Berndt. Leiter für Beratung und Training bei der Sysware Gesellschaft für System-Engineering mbH aus Hamburg, die praktische Anwendung von SSA mit maschineller Dokumentation.

Für die Anforderungs- und funktionale Entwurfsphase von Informationssystemen findet die Methode der Structured Analysis (siehe COMPUTERWOCHE Nr. 14 bis Nr. 18, Artikel von Dr. P. Hruschka) allmählich einen breiten Anwenderkreis. Einer rascheren Verbreitung stand bis jetzt die fehlende maschinelle Unterstützung durch Werkzeuge entgegen. Ein modernes dialogorientiertes Dokumentationssystem liefert diese Unterstützung. Es wird die generelle Technik sowie die Realisierung der Elemente der Methode gezeigt.

Erfolg durch verständliche Sprache

Structured Analysis ist eine Methode, die auf Überlegungen von Tom de Macro und Ed. Yourdon im Jahre 1979 zurückzuführen ist. Es steht uns hier eine Methode zur Verfügung, die in der Darstellung aus einigen wenigen, teilweise bereits bekannten Diagrammen besteht, in der Vorgehensweise jedoch einen völlig neuen Daten- oder Informationsflußorientierten Denkansatz bietet. Die Elemente der Methode sind:

- Data-Flow-Diagramm (Datenflußoder besser Informationsflußdiagramm)

- Mini-Specification (Funktionsbeschreibung)

- Datenkatalog.

Die Situation in der Bundesrepublik Deutschland stellt sich derzeit so dar, daß die Methode aus der Phase des Theoretisierens herauskommt und bereits bei einigen Unternehmen im praktischen Einsatz ihre ersten Erfolge erzielt hat. Die Erfolge liegen sicherlich in der klaren und leicht verständlichen "Sprache", die nicht nur der Systementwickler, sondern auch der Fachbereich versteht.

Probleme tauchten jedoch dann auf, wenn es galt, das in einem kreativen Entwicklungs-Prozeß gefundene Modell zu dokumentieren und es der maschinellen "Recherchierbarkeit" zugänglich zu machen.

Informationsfluß im Speicher abgelegt

Um die Ergebnisse speichern, Verknüpfungen aufbauen und vor allem eine optimale Ergebnisdokumentation generieren zu können, wurde ein aus folgenden Dokumenttypen bestehendes Datenmodell realisiert.

IS = Informationssystem

Für jedes Informations- oder Anwendungs-System des Unternehmens gibt es einen Eintrag (Materialwirtschaft, Finanzbuchhaltung etc.).

FKT = Funktion

Funktionen eines Informationssystems, wobei eine Funktion in verschiedenen Ebenen detailliert sein kann.

INF = Informationsfluß(Data-Flow)

Funktionen werden über Informationsflüsse verknüpft. Informationsflüsse können in verschiedenen Ebenen detailliert werden.

EL = Datenelement

Die unterste Detaillierungsebene, aus der Datenflüsse bestehen.

SP = Datenspeicher

Ein oder mehrere Informationsflüsse können in einem Datenspeicher abgelegt werden.

Alle Verknüpfungen werden durch reine Namensnennung automatisch aufgebaut und gepflegt. Die Verknüpfung einer Funktion mit einem Informationsfluß kann zusätzliche Attribute wie "INPUT", "OUTPUT" oder "EXTERN" beinhalten. Die Dokumenttypen werden in eines oder mehrere der folgenden Kapitel untergliedert:

DEF = Kurztext

BESCH = detaillierte Beschreibung

HIER = Verknüpfung zu Elementen einer tieferen Detaillierungsebene

SCHN = Schnittstellenbeschreibung.

Abbildung 1 zeigt ein herkömmlich manuell erstelltes Data-Flow-Diagramm (DFDO). Mit maschineller Unterstützung werden die Strukturen grundsätzlich in Form von leicht lesbaren Einrückdiagrammen dargestellt. So zeigt Abbildung 2 das gleiche DFD wie Abbildung 1, jedoch automatisch aus den eingegebenen Daten generiert.

Für jedes Data-Flow-Diagramm sollte auch die Darstellung in Form einer I/O-Matrix angeboten werden. Sie zeigt plastisch, wie der Output einer Funktion als Input in die nächste fließt.

Prozedursprache unterstützt Design

Mini-Specifications bestehen aus den Funktionen der untersten Detaillierungsebene mit den dazugehörigen Ein-/Ausgabe-Datenflüssen. Diese sind in dem Datenkatalog näher beschrieben, wobei hier die Data-Dictionary-Funktionen eines universellen Dokumentationssystems voll zum Tragen kommen.

Die hier beschriebene Arbeitsweise für Structured Analysis kann nahtlos in die Phase des Structured Design (SD) und der Realisierung fortgesetzt werden, wobei die maschinelle "Recherchierbarkeit" verbunden mit einer leistungsfähigen Prozedursprache wertvolle Unterstützung für den Design-Prozeß liefert. Darüber hinaus können praktisch auf Knopfdruck die im Rahmen der abgeschlossenen Phase entwickelten Einzelergebnisse durch einmalig definierte Strukturen in Form eines Handbuchs dokumentiert werden.