IT-Management und RZ-Organisation/Kunden statt Anwender

Neue Trends im IT-Management

17.08.2001
Seit einigen Jahren sieht sich das IT-Management zu einer zunehmenden Neuorientierung auf das Service-Management gezwungen. Dies hat zwei Ursachen: Zum einen die Konkurrenz zu Outsourcing-Anbietern, zum anderen die erhöhten Anforderungen, die aus der immer stärkeren Integration von Anwendungen und der geforderten Verfügbarkeit von E-Business-Lösungen erwachsen. Von Michael Santifaller*

Nachdem die IT-Landschaft lange Zeit vom Mainframe geprägt war, entstand Anfang der 90er Jahre durch die explosionsartige Verbreitung von Client-Server-Architekturen der Zwang zur Verwaltung von vielen zusätzlichen IT-Komponenten, darunter Netzelemente, Personal Computer sowie Datei- und Druck-Server. Insbesondere die Installation und Versorgung von PCs mit Software verursachten hohe Administrationsaufwände, obwohl das Gros der Unternehmensanwendungen immer noch auf dem Mainframe angesiedelt war. Diese operativen Bedürfnisse wurden durch den Einsatz entsprechender Administrationswerkzeuge und Verbesserungen in den eingesetzten Betriebssystemen und Administrationsverfahren, insbesondere beim Einsatz von Windows-Systemen, besser adressiert. Doch nach wie vor ist der Aufwand für den Einsatz von PC-Infrastrukturen unverhältnismäßig hoch. Unternehmen suchen weiter nach Wegen, um ihn nachhaltig zu verringern, vor allem im Bereich der Versorgung der Desktops mit neuen Softwareversionen.

Abhilfe wird hier erst der Ersatz des Personal Computers durch Network Appliances mit integriertem Web-Browser schaffen, auf denen keine Software mehr installiert werden muss. Dies wird dadurch erleichtert, dass es inzwischen zudem möglich ist, die Fülle der Windows-basierenden Altanwendungen über Terminal-Server-Konfigurationen auch Web-Browser-Anwendern verfügbar zu machen. Intranet-Portale, auch unter dem Begriff Enterprise Information Portal (EIP) bekannt, werden dann die Rolle eines personalisierten Desktops übernehmen. Für das IT-Management bedeutet diese neue IT-Infrastruktur nicht nur eine substanzielle Erleichterung des operativen Betriebs, sondern auch eine Rezentralisierung mit zunehmender Wichtigkeit des Server-Betriebs. Es erhält zudem die Möglichkeit, Fragen der Authentifizierung und Zugriffsberechtigung auf Anwendungen und Informationen im Unternehmen zentral über das EIP zu verwalten. Beobachter gehen davon aus, dass dieses Paradigma in den nächsten zwei Jahren mit ersten Implementierungen in Großunternehmen seinen Anfang nehmen wird.

Zunehmende Abhängigkeit von der ITEin weiterer wichtiger Faktor für die Neuausrichtung des IT-Managements war die zunehmende Abbildung von Geschäftsprozessen in IT-Anwendungen. Dies steigerte die Abhängigkeit der Unternehmen von der IT mit der Folge, dass der IT und ihrer Verfügbarkeit immer größere Bedeutung zukam. Die IT-Abteilungen begegneten dieser Entwicklung mit wachsenden Investitionen in Sachressourcen und Personal.

Dies rief wiederum das Controlling der Unternehmen auf den Plan, das für den Einsatz der umfangreichen finanziellen Mittel auch einen entsprechenden Gegenwert nachgewiesen sehen wollte: Damit war IT als Serviceleistung geboren - eine Leistung, die ausgelagert oder delegiert, zumindest jedoch berechenbar geworden war. Was man aber bei der Outsourcing-Welle, die vor einigen Jahren noch in vollem Schwung war, übersehen hatte, war die Tatsache, dass sich die IT mit dem Geschäft permanent verändern musste und zur Umsetzung von Geschäftszielen IT-Know-how in den Kernbereichen unabdingbar war. Das widerspricht jedoch den Interessen von Out-sourcing-Anbietern, die auf langfristig beständige Leistungen abzielen. Eine häufige Anpassung von Verträgen macht die Zusammenarbeit zwischen Kunden und Dienstleistern kompliziert und daher auf Dauer für beide Seiten weniger interessant als erwartet. Die Anwendung des ASP-Modells ist dabei lediglich ein Outsourcing-Ansatz, bei dem sich die Auslagerung auf spezifische Bereiche der IT beschränkt. Auf diese Weise wird nur dort outgesourct, wo konkreter Bedarf besteht. So hält sich das Konfliktpotenzial in Grenzen.

IT als Service - das bedeutet Kundenorientierung, nachvollziehbare und berechenbare Leistungsangebote sowie die Anwendung jener normalen Geschäftsregeln auf den IT-Betrieb, wie sie in anderen Bereichen des Unternehmens an der Tagesordnung sind. Dazu gehört zum Beispiel auch die Verrechnung der angebotenen IT-Leistungen.

Neben der Serviceorientierung stellt das E-Business heute den zweiten wesentlichen Faktor für das IT-Management dar, weil es Anforderungen an die Verfügbarkeit der IT-Infrastruktur stellt, die bisher höchstens in einzelnen Bereichen, aber selten in der gesamten IT-Umgebung erreicht werden mussten. Der Grundsatz, dass bei einer Kette von vernetzten IT-Prozessen das schwächste Glied die Verfügbarkeit der gesamten Prozesskette bestimmt, greift zu kurz - es ist noch schlimmer: Ausfälle in den einzelnen Bereichen addieren sich auf, da sie zeitlich versetzt auftreten. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei einer Verfügbarkeit von 99 Prozent in den einzelnen Teilbereichen der IT lediglich eine kumulierte Gesamtverfügbarkeit von weniger als 97 Prozent erreicht wird. Das bedeutet einen Ausfall von zirka zwei Wochen pro Jahr.

Automation erhöht ServicequalitätTatsächlich erreicht die Mehrheit aller Unternehmen nur eine Teilverfügbarkeit von 97,5 Prozent, was einer Gesamtverfügbarkeit von 88 Prozent oder sechs Wochen Ausfall pro Jahr entspricht (siehe Grafik). Kein Wunder, dass im IT-Management heutzutage die Verfügbarkeit den höchsten Stellenwert hat. Die Verantwortlichen haben allerdings die Auswirkungen des E-Business auf die IT noch nicht begriffen, sondern verwechseln seine unternehmensweiten Anforderungen oft mit trivialem E-Commerce-Aktivitäten.

Der Faktor Mensch ist dabei zunehmend das schwächste Glied in der Technologiekette. In der jüngsten Vergangenheit waren fast alle spektakulären Ausfälle von Internet- oder Infrastrukturanbietern, beispielsweise bei Ebay oder AT&T, durch menschliche Unzulänglichkeiten verursacht. Das Zauberwort im IT-Management heißt deshalb Service-Management, also die Abstützung aller relevanten IT-Geschäftsprozesse durch den Einsatz integrierter Management-Anwendungen. Ziel sind umfassende Information über alle Ressourcen und die weitgehende Automation von Verfahrensabläufen zur Erhöhung der Servicequalität.

Ein geeignetes Service-Management- Modell setzt sich aus ineinandergreifenden Komponenten zusammen, die einen dynamischen Prozess darstellen (siehe Grafik):

-Monitor: Idealerweise werden Komponenten und Ressourcen in der IT-Infrastruktur wie Router, Server oder Anwendungen von intelligenten Agenten überwacht. Sie sammeln Informationen über den Zustand der Ressourcen und melden Probleme, wenn der Zustand einen kritischen Schwellwert überschreitet oder ein Fehler erkannt wird.

-Report: Eine strukturierte Darstellung der verschiedenen Ressourcen und ihrer Zustände auf einer Konsole, welche die verschiedenen Ebenen der IT-Infrastruktur und ihre systematischen Zusammenhänge isoliert, unterstützt die Operatoren im Rechenzentrum bei der schnellen Erkennung von Problemursachen. Notwendig ist dies, weil die Architekturen heutzutage derart komplex sind, dass sie in der Regel nur noch von den Anwendungsspezialisten selbst überschaut werden können. Herrscht über diese Zusammenhänge Klarheit, können bereits auf dieser Ebene kleinere Probleme in der IT-Infrastruktur erkannt, priorisiert und direkt von den Operatoren behoben werden.

Agenten melden Fehlerzustände von Komponenten und Ressourcen zwar automatisch, Probleme mit den Anwendungen erkennen aber oft die Benutzer selbst. Benutzermeldungen im Intranet werden vom User-Helpdesk manuell, Agentenmeldungen über schwerwiegende Probleme dagegen vom Management-System automatisch in ein Problem-Management eingetragen und dort verwaltet.

Anders sieht das bei via Internet angebotenen Anwendungen wie Online-Brokering oder -Banking aus: Hier existieren oftmals Zehntausende von Anwendern, die bis zu einmal pro Monat Unterstützung brauchen. Herkömmliche Lösungsansätze des Kundensupports über Call-Center sind dafür aufgrund exorbitanter Kosten nicht mehr tragfähig. Moderne Online-Service-Systeme können den Supportaufwand insbesondere bei trivialen Benutzungsproblemen durch kontextorientierte Online-Selbsthilfe-Vorschläge.

-Analyse: Größere Probleme bedürfen meist weiterer Analyse. Dazu sind zusätzliche Daten über die Konfiguration der IT-Ressource, sich ankündigende Fehlersymptome im Vorfeld des Problems und Abhängigkeiten der Ressource von ihrem IT-Umfeld notwendig. Logdateien und technische Bestandsdatenbanken liefern die dazu notwendigen Informationen, Wissensdatenbanken und Report-Generatoren helfen bei der Analyse.

-Lösung: Ist die Ursache eines Problems erkannt, steht die Erarbeitung und Dokumentation einer Lösung an. Dies kann die Änderung eines Konfigurationseintrags oder das Einspielen eines Betriebssystem-Updates sein, aber auch die Entwicklung eines Bugfix für eine unternehmenseigene Anwendung. Betrifft das Problem eine größere Anzahl von Ressourcen, muss ein allgemeines Verfahren zur Auslieferung der Fehlerbehebung entwickelt und freigegeben werden. Hier unterstützen Workflow-Systeme, auch Technology-Chain-Automation-(TCA-)Systeme genannt, bei der Koordination beteiligter Abteilungen und der allgemeinen Qualitätssicherung des Verfahrens. Change-Management-Systeme leisten dies zwar auch, allerdings sind die Abläufe im IT-Management heutzutage meist so vielfältig und umfangreich, dass sich der Einsatz eines mächtigeren und allgemeineren Workflow-Systems lohnt.

-Automatisierung: Idealerweise steuert das Workflow-System auch die Verfahren zur operativen Beseitigung eines Problems - beispielsweise die Softwareverteilung oder das Konfigurations-Management - und bringt die Problemlösung automatisch auf allen betroffenen Komponenten zum Einsatz. Auch bei kleineren, immer wiederkehrenden Eingriffen lohnt sich eine Automation über das Management-System, weil dadurch menschliche Fehler der Operatoren vermieden werden.

-Einsatz: Neue Komponenten müssen kontrolliert in der IT-Umgebung zum Einsatz gebracht werden. Weil es sich dabei um umfangreiche Verteilaktionen handeln kann, ist eine Planung und Terminierung über Bestandsinformationen zur effizienten Abwicklung des Vorgangs ratsam. Dies geschieht etwa zur Vermeidung von kostspieligen Fehlauslieferungen oder zur Ausnutzung von Produktionspausen für die Verteilung.

-Abrechnung: Die Abrechnung aller Leistungen des IT-Betriebs und der Bereitstellung von Ressourcen erfolgt durch ein geeignetes Leistungsverrechnungssystem. Erfahrungen zeigen, dass sich dadurch ohne weitere Maßnahmen Kosteneinsparungen von zehn Prozent erreichen lassen. Erzieherischer Effekt: Die internen Kunden überdenken den Einsatz von nicht notwendigen Ressourcen.

-Sicherheit: Die Sicherung der IT-Umgebung muss in zweierlei Hinsicht erfolgen: zum einen zur Vorbeugung gegen Katastrophen und Ausfälle durch Datensicherung, zum anderen durch Maßnahmen zur Abwehr unberechtigter Zugriffe. Letzteres beinhaltet die Verwaltung sowie Authentifizierung von Benutzern im Intra- und Internet, aber auch die Konfiguration von Firewalls und anderen Internet-Komponenten. Bedenkt man, dass die zunehmende Mobilität von Mitarbeitern einen immer umfangreicheren Zugriff auf von den Unternehmen gesicherte im Internet angebotene Informationen erfordert, wird eines klar: Es muss Sicherheitssysteme geben, welche die Verwaltung der dazu notwendigen Berechtigungen in beiden Bereichen ermöglichen und zudem mit höchster Sicherheit erbringen.

Tatsächlich existieren bereits heute erprobte Produkte und die dazu benötigten Integrationskomponenten am Markt für IT-Management-Technologie, die es erlauben, diese Vision eines integrierten Service-Management in die Realität umzusetzen. Natürlich sind solche Transformationen des IT-Betriebs nicht ohne Änderungen an den damit assoziierten Geschäftsprozessen möglich. Da es sich bei der Umsetzung um umfangreiche Projekte handelt, ist es unabdingbar, dass die Projekte schrittweise vorangetrieben werden. Den Unternehmen, die den Weg zum serviceorientierten IT-Business einschlagen, winkt jedoch ein hoher Lohn in Gestalt substanzieller Kosteneinsparungen und vor allem hoher Kundenzufriedenheit.

*Michael Santifaller ist Vorstandsvorsitzender der Santix AG.

Abb.1: Teilausfälle addieren sich

Da Teilausfälle oft zeitlich versetzt auftreten, ist die Gesamtverfügbarkeit niedriger als die des schwächsten Glieds in der Kette. Quelle: Santix AG

Abb.2: Das Modell

Service-Management: Die Komponenten müssen ineinandergreifen. Quelle: Santix AG