Es gibt viele Beispiele unbewußter Sabotage in den Büros:

Neue Techniken allein sind "für die Katz"

26.03.1982

WASHINGTON, D. C. (CW) - Hoffnungslos verfehlt und zum Scheitern verurteilt seien viele Versuche zur Steigerung der Büroproduktivität durch moderne Informationstechniken. Das stellte kürzlich Dr. Michael Maccoby, Harvard, anläßlich der Federal DP Exposition in Washington fest. Das spräche jedoch nicht gegen diese Techniken. Vielmehr machte er falschen Führungsstil für Mißerfolge in der Automatisierung verantwortlich.

Das Problem besteht nach Ansicht von Maccoby darin, daß die Endanwender, die letzten Endes über den Erfolg oder Mißerfolg jeder Art von Automatisierung entscheiden, allzu oft von der Planung und Implementierung keine Ahnung haben.

Die Folge davon sei, daß die neuen Techniken zu einem erheblichen Teil "für die Katz" sind. Maccoby ist Direktor der Kennedy School of Government Project on Technology, Work and Character an der Harvard University. Er setzte sich für einen "grundlegenden Wandel in den Vorgehensweisen des Managements" ein als einzige Antwort auf das widersprüchliche Verlangen nach einem Abbau der Bürokratie bei gleichzeitiger Steigerung und Optimierung der Verwaltungsdienste in den Behörden. Die von ihm befürchtete Fehlentwicklung resultiert daraus, daß die maßgeblichen Behördenvertreter und das Management der Unternehmen die Produktivitätssteigerungen "genau in entgegengesetzter Richtung" suchen, weil sie von der Perspektive des Managements ausgehen statt aus der Perspektive der Basis. Sie bildeten sich nur ein, am besten zu wissen, was motiviert.

Wie die Forschungsergebnisse erkennen lassen, können die neuen Automatisierungsverfahren die Produktivität im Büro steigern, aber auch hemmen. "Es kommt ganz auf die Vorgehensweise an", meinte der Harvard-Professor. Produktivitätssteigerungen seien nämlich nur dann zu erzielen, wenn die Anwender wenigstens in einige Aspekte bei Entwurf und Implementierung einbezogen würden. "Es gibt viele Beispiele einer unbewußten Sabotage im unrichtig automatisierten Büromilieu", meinte Maccoby. Diese "sogenannten Unfälle" sind der natürliche Ausdruck des Ärgers von Mitarbeitern, die als Folge einer schlecht geplanten Automatisierung ihre Identität und den ihnen verbliebenen organisatorischen Freiraum verlieren. "Es ist kolossal schwierig, Führungsstile zu ändern", gab Maccoby zu und fuhr fort, die meisten heutigen Manager seien "zu weich und ängstlich" und nicht in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Es gäbe kaum mehr welche, die harte, zähe Burschen sind. Aber es sei nicht etwa so, daß sie nicht auf ihre Mitarbeiter hören wollten, vielmehr sei ihr Fehler, daß sie die Kommunikation überhaupt vernachlässigen.

Ohne durchgreifende Änderungen in den Managementverfahren bringen die neuen Techniken einem mehr neue Probleme ins Haus, als sie zu lösen vermögen, betonte er mehrmals. Er wies darauf hin, es sei für die amerikanischen Unternehmen besser, sich für die bewährten Führungsstile erfolgreicher amerikanischer Großunternehmen zu - entscheiden, anstatt wie schon wiederholt vorgeschlagen wurde - das moderne, auch sehr erfolgreiche japanische Management zu kopieren. Maccoby entwarf vor seinen Zuhörern ein breit angelegtes Bild eines geeigneten Managementmodells.

Es kommt seiner Ansicht nach auf folgendes an:

- klare Kommunikation der Zielvorstellung und Wertmaßstäbe;

- Systementwurfsprozesse unter Berücksichtigung der Auswirkungen neuer Techniken, von Personalkosten, Änderungen in der Produktentwicklung, Möglichkeiten einer Laufbahnentwicklung, der Gesundheit der Mitarbeiter etc.

- Berücksichtigung der Tatsache, daß praktische Verfahren der Einbeziehung von Endanwendern oft deren Umschulung voraussetzen;

- das Management sollte sich jederzeit darüber im klaren sein, daß die Erzielung von Produktivitätssteigerungen ein nicht endender Prozeß ist, der ständige Änderung und Verbesserung, Anpassungsfähigkeit und Aufgeschlossenheit für neue Ideen zur Grundlage hat.

Jake Kirchner gehört zum Washingtoner Büro der COMPUTERWORLD. Aus, COMPUTERWORLD vom 1.Mirz t982 übersetzt von Hans J. Hoelzgen, Böblingen.