"New York Times" beschuldigt Softwarehersteller der Manipulation

Neue Rechnungslegung bringt CA in Misskredit

11.05.2001
MÜNCHEN (CW) - Computer Associates gerät wegen seines Umgangs mit der Buchhaltung unter Beschuss. Ein neues Lizenzierungsmodell und fehlerhafte Angaben in einer Vorabmeldung über den Jahresgewinn erwecken den Eindruck von Manipulationen.

Sturm im Wasserglas oder groß angelegte Verschleierungsaktion - an den jüngsten Quartalsergebnissen von Computer Associates (CA) scheiden sich die Geister. In einem Aufsehen erregenden Artikel hat die US-Tageszeitung "The New York Times" (NYT) dem Softwareanbieter vorgeworfen, Wartungsumsatz teilweise als Lizenzumsatz auszuweisen und damit den Eindruck zu erwecken, das Neukundengeschäft laufe besser, als es tatsächlich der Fall ist.

Nach Ansicht der "NYT" bedient sich CA hierzu zweier Methoden. In der Vergangenheit habe das Unternehmen andere Softwarefirmen gekauft, die bestehenden Kundenverträge auf bis zu zehn Jahre ausgedehnt und den so erzeugten Umsatz als Lizenzumsatz gebucht. Dieses Modell werde aber künftig nicht mehr funktionieren, so die Zeitung, da es zu wenig Mitbewerber gebe, die man kaufen könne.

Nach Ansicht der Zeitung hängt das neue Lizenzierungsmodell, das CA im Oktober vergangenen Jahres eingeführt hat, mit diesem Problem zusammen. Hierbei unterscheidet der Hersteller nicht mehr zwischen Lizenz- und Wartungsumsatz.

Normalerweise verkauft ein Softwarehersteller ein Programm zu einem bestimmten Preis und verlangt darüber hinaus für Bugfixes und Updates eine Wartungspauschale von rund 15 bis 20 Prozent des Kaufpreises im Jahr. So halten es zum Beispiel SAP und Oracle. Während Lizenzumsatz sofort gebucht werden darf, muss der Wartungsumsatz über die Laufzeit verteilt werden.

Lizenz und Wartung in einem TopfDas neue Softwarekaufmodell von CA ist hier nicht mehr einzuordnen. Das Unternehmen lässt sich für die Programme nämlich eine monatliche Pauschale überweisen, die Wartung und Lizenz abdeckt. Der Vorteil für die Kunden liegt darin, dass nicht sofort eine große Zahlung fällig wird. CA selbst profitiert davon ebenfalls, da es nicht mehr so stark wie sonst von Verkaufs- und Konjunkturzyklen abhängt. CA-CEO Sanjay Kumar weist zum Beispiel darauf hin, dass zwei Drittel der Verkäufe im September-2000-Quartal erst in der letzten Woche zustande kamen.

Der Softwarehersteller berichtet daher über den Umsatz in einer Vorabmeldung für das vierte Geschäftsjahresquartal 2001 (Ende: 31. März) in zwei Formen: einmal als "verhältnismäßiges Proforma-Ergebnis" (pro forma pro rata) und einmal nach traditionellen Rechnungslegungsmethoden. Im ersten Fall, den CA deutlich in den Vordergrund gestellt hat, ist der Umsatz von 1,39 Milliarden Dollar im Vorjahresquartal auf jetzt 1,44 Milliarden Dollar angewachsen und ein Gewinn von 47 Cent pro Aktie erzielt worden. Zu diesem Ergebnis kommt der Softwarehersteller, indem er den Umsatz, der mit einem Vertrag generiert wird, durch die Laufzeit dividiert und den Teil berücksichtigt, der in den Berichtszeitraum fällt. Nach traditioneller Lesart ging der Umsatz dagegen von 1,91 Milliarden Dollar auf 0,73 Milliarden Dollar zurück und muss das Unternehmen einen Verlust von 29 Cent pro Aktie ausweisen. Hierbei verfügt CA aber über mehr als 1,3 Milliarden Dollar ausstehende Zahlungen aus den bestehenden Verträgen - ein Fakt, den die "NYT" verschwiegen hat.

Der Softwarehersteller wehrt sich daher gegen die Anschuldigungen der Zeitung. So erläutert CA zum Beispiel, dass die neuen Verträge mit Kunden von aufgekauften Softwareanbietern nicht nur verlängert worden seien, sondern diese Firmen auch neue Software erworben hätten.

Anders als die Kontrahenten sehen die Analysten die Auseinandersetzung über die Rechnungslegung eher gelassen. Anlass für die Vermutung, CA habe die Bücher manipuliert, erkennen sie nicht. Ganz im Gegenteil: Während die "NYT" keinen namhaften Analysten zur Bekräftigung ihrer Vorwürfe zitiert, kann CA mit einer Reihe Experten aufwarten, die das Unternehmen eher entlasten. Eine völlig weiße Weste kann der Softwarehersteller trotzdem nicht vorweisen. Im Nachgang zur Auseinandersetzung mit der "NYT" musste er eingestehen, dass sich in die Pressemitteilung zu den Vorabergebnissen des letzten Quartals ein "Druckfehler" eingeschlichen hat. Statt eines Gewinns von 40 Cent pro Aktie für das Geschäftsjahr 2001, was etwa 230 Millionen Dollar entspricht, habe man nur 16 Cent pro Aktie oder 90 Millionen Dollar erwirtschaftet. Der Fehler sei durch eine Übertragung der Zahlen aus der Buchhaltung in die Pressemitteilung zustande gekommen.