Neue R3-Benutzeroberfläche vorgestellt

Neue R3-Benutzeroberfläche vorgestelltSAP entdeckt den unbedarften Anwender

19.03.1999
MÜNCHEN (bs) - Pünktlich zur CeBIT ´99 stellt die SAP ihre neue R/3-Benutzeroberfläche "Enjoy SAP" vor. Die Umsatzsteigerungen der Walldorfer für das erste und zweite Quartal 1999 sind weiterhin gedämpft. Die Anleger reagieren nervös.

Das Walldorfer Softwarehaus rechnet in den beiden ersten Quartalen mit einer "flauen" Umsatzentwicklung. Gründe dafür nannte Kevin McKay, Chief Executive Officer SAP America, auf der alljährlichen Analystenkonferenz in New York: "Es dauert derzeit länger als üblich, bis ein Vertrag unter Dach und Fach ist." Aufgrund der anhaltenden Datum-2000-Problematik seien viele Neuvorhaben bei Anwendern erst einmal auf Eis gelegt.

In der zweiten Jahreshälfte seien die Aussichten für ein Wachstum besser. McKay geht davon aus, daß trotz schwierigem ersten Halbjahr die erwarteten 20 bis 25 Prozent Umsatzplus im Vergleich zu 1998 erreichbar sind. Wie sensibel die internationalen Börsen auf diese Nachrichten reagierten, zeigte sich wieder einmal deutlich: Die Aktien der SAP AG fielen in Frankfurt um 6,7 Prozent oder 20 Euro auf ein Jahrestief von 280 Euro.

Die Finanzexperten von Goldman Sachs gehen in ihren neuesten Analysen davon aus, daß SAP in der zweiten Jahreshälfte wieder stärker zulegen wird. Grund sei, daß nach dem Abschluß der Datum- 2000-Projekte wieder Gelder für andere Vorhaben freigegeben werden. Zudem würden sich Verkäufe von SAPs "New-Dimension"- Produkten (Sales Force Automation, Supply-Chain-Management etc.) positiv in der Bilanz bemerkbar machen. Für das gesamte Jahr prognostizieren die Auguren ein Umsatzplus von 19 Prozent.

Angesichts dieser vergleichsweise mageren Aussichten für die sonst erfolgverwöhnte Softwareschmiede kommt das neue R/3-Front-end anscheinend gerade rechtzeitig. Denn mit der benutzerfreundlichen Oberfläche möchte die SAP nicht nur Fachabteilungen und speziell ausgebildete R/3-User ansprechen, sondern auch Gelegenheitsnutzer an den Bildschirm locken. Ziel ist es, einen höheren Verbreitungsgrad des Systems innerhalb der Unternehmen zu erreichen. Bislang arbeiten durchschnittlich nur rund 20 Prozent der Mitarbeiter einer Company mit der Standardsoftware aus Walldorf.

Das neue R/3-Gesicht soll die Bedienung des komplexen Softwarepakets deutlich vereinfachen und damit die Applikationen attraktiv für neue Benutzerschichten machen. Insofern sieht SAP in dem neuen Front-end einen Motor für künftige Lizenzverkäufe: "Wir haben in der Vergangenheit zuwenig auf die Wünsche unserer Kunden gehört", gestand Hasso Plattner auf der Enjoy-SAP- Präsentation Anfang dieser Woche in Palo Alto, Kalifornien. Künftig werde nicht mehr die SAP ihren Kunden vorgeben, wie Systeme zu verwenden sind, sondern man wolle von den Anwendern lernen, wo die Hürden für seinen Einsatz liegen.

Wünsche von 1000 Kunden berücksichtigt

Enjoy SAP, aus Plattners Sicht der größte Schritt der SAP der letzten drei Jahre, berücksichtige nun die Wünsche von mehr als 1000 befragten Unternehmen - elf davon hat Plattner selbst besucht. Insbesondere die starke Verbreitung von Internet- Techniken und der gestiegene Kommunikationsbedarf zwischen Unternehmen und Anwendern innerhalb der Betriebe habe ein Re- Design des SAP-GUI erfordert.

Gemeinsam mit den Designern von Frog Design, die ihre Vorstellung von benutzerfreundlicher Gestaltung schon bei Unternehmen wie Apple, Sony, Dual oder Lufthansa unter Beweis gestellt haben, entstand die neue Oberfläche. Aufgaben, die bislang mit mehreren Masken bearbeitet werden mußten, wurden geschäftsprozeßbezogen zusammengefaßt. Die hierarchischen Menüs entfallen im wesentlichen und die Bedienung gleicht der Benutzung einer Browser-Oberfläche, wie man sie von personalisierten Web-Seiten von Yahoo oder Lycos gewöhnt ist.

Sowohl die R/3-Kernfunktionen als auch die New-Dimension-Pakete etwa für Sales Force Automation und Supply-Chain-Management sollen unter Enjoy SAP verfügbar sein, erklärte Plattner. Besonders bei Self-Service-Lösungen im Personalbereich oder bei Beschaffungsanwendungen (Business-to-Business Procurement), also bei Applikationen, die auch von Anwendern nur "einmal in der Woche für zehn Minuten eingeschaltet würden", könne die intuitive Oberfläche ihre Stärken ausspielen. Einen ersten Vorgeschmack von Enjoy SAP, das im dritten Quartal mit dem R/3-Release 4.6 verfügbar sein soll, erhält man im Internet unter http://www.sap. com/enjoy/index.htm.