Berliner treten im Produktgeschäft die Flucht nach vorne an

Neue PSI-Tochter auf den Spuren der Baan Company

26.09.1997

PSI bündelt seine Kräfte rund um das Softwarepaket "Piuss Penta" in einer neuen selbständigen Tochter und plant zur Systems 97 mit dem Erscheinen der Version 3.0 dessen Namensänderung in "Psipenta". Mit der Leitung des gleichnamigen Geschäftsbereichs wurde ein hauptsächlich aus früheren Baan-Managern bestehendes internationales Team beauftragt. An dessen Spitze steht mit David Cairns der ehemalige Finanzvorstand des PSI-Wettbewerbers. Zweiter starker Mann ist der ab sofort für den weltweiten Vertrieb zuständige Richard Cook, zuvor Geschäftsführer der kanadischen Baan-Niederlassung.

Mit dieser kürzlich bekanntgegebenen Neuausrichtung (siehe "Mit Psipenta will PSI den Weltmarkt erobern" in CW Nr. 37 vom 12. September 1997, Seite 4) zogen die Berliner nach Anga- ben von Vorstandschef Dietrich Jaeschke die Konsequenz aus der Tatsache, daß "Projekt- und Produktgeschäft zwei ganz verschiedene Welten sind". Jaeschke bestätigte damit indirekt die Ansicht vieler Experten, die dem Unternehmen mit seiner ERP-Lösung "Piuss Penta" ein zwar in der Branche führendes Produkt bescheinigten, gleichzeitig aber stets dessen unzureichendes Marketing sowie den Umstand einer bis dato fehlenden Internationalisierungsstrategie kritisierten.

Beides soll sich nun dem PSI-Chef zufolge ändern. Mit den an Bord geholten ehemaligen Führungskräften des Wettbewerbers Baan seien nun die "für das Produktgeschäft notwendige Denkweise und Kultur im Unternehmen verankert". Die Berliner, die sich bis dato traditionellerweise stark im Projektgeschäft (rund zwei Drittel der Einnahmen werden durch Beratungs- und Wartungsleistungen generiert) engagieren, haben zuletzt massiv in die Weiterentwicklung ihres Produkt-Flaggschiffs "Piuss Penta" investiert - was zu einer entsprechenden internen Quersubventionierung geführt hatte. Trotz eines Umsatzes von 112,9 Millionen Mark im Geschäftsjahr 1996 habe daher, so Jaeschke, am Ende mit einem Jahresüberschuß von 1,34 Millionen Mark eine unter operativen Gesichtspunkten "schwarze Null" gestanden.

Damit sich die hohen Entwicklungskosten armortisieren, vor allem aber die Zukunft des Unternehmens als unabhängiges Softwarehaus gesichert ist, müsse man im Produktgeschäft "nicht mehr nur wachsen, sondern explodieren".

Selbiges in die Tat umzusetzen ist nun primär die Aufgabe der neuen Psipenta GmbH. "Das ausgezeichnete Standing von PSI bei seinen Kunden" ist dafür nach Ansicht von Richard Cook eine gute Ausgangsbasis. Gleichwohl seien noch eine Reihe von Hausaufgaben zu erledigen. So gut wie jedes mittelständische und in jedem Fall jedes Großunternehmen habe sich, so Cook, in den zurückliegenden fünf Jahren aus Wettbewerbsgründen "global aufstellen müssen". Daraus habe man als Anbieter von Standardsoftware "produkttechnisch und bezogen auf den Marktauftritt" seine Konsequenzen zu ziehen.

Der frühere Baan-Verantwortliche will eigenem Bekunden nach mit einem Stufenplan Psipenta als Global Player etablieren. Zunächst soll die Position im deutschsprachigen Raum gestärkt und nach Möglichkeit noch ausgebaut werden. Gleichzeitig ist aber vorgesehen, die Internationalisierung des Unternehmens einzuleiten und rasch voranzutreiben. So gibt es bereits konkrete Pläne für insgesamt vier Niederlassungen in den USA sowie je eine Dependance in Großbritannien und Frankreich. Auch Japan und damit die Märkte in Fernost stehen Cook zufolge ganz oben auf der Prioritätenskala der neuen PSI-Tochter.

Mit dem jetzt eingeschlagenen Weg wolle man, wie Cook betonte, "nicht den Erfolg von Baan eins zu eins kopieren". Genausowenig, wie sein früherer Brötchengeber mit SAP vergleichbar sei, könne man das Geschäft von PSI beziehungsweise Psipenta mit dem der Niederländer gleichsetzen. Unabhängig davon geht der neue Vertriebschef jedoch offensichtlich von einem vergleich- baren Wachstumspotential aus. Jährliche Steigerungsraten von 75 Prozent stehen, wie Cook der CW verriet, im Business-Plan für die nächsten drei Jahre. Zudem ist im gleichen Zeitraum vorgesehen, die Mitarbeiterzahl von derzeit 180 auf über 500 zu erhöhen. Schon zur Jahrtausendwende soll Psipenta mit einem Auslandsumsatz von 55 Prozent, 20 bis 25 Prozent davon in den USA, eine weitgehend internationale Company sein.