Neue Projekte: DV-Leiter kämpfen\häufig gegen Windmühlen

12.03.1982

DV-Verantwortliche können oft nicht so, wie sie wollen. Sie rennen häufig gegen Barrikaden an, wenn e:gilt, neue Vorhaben zu realisieren. Schwierig wird es gar, wenn ihr Projekt keine unmittelbar meßbaren Einsparungen aufweist. Trotzdem müssen die DV-Chefs die Geschäftsleitung - die noch immer nicht "ihre Sprache" spricht - von der Idee überzeugen. Neben hohen Entwicklungskosten und DV-Personalmangel werden sie noch zusätzlich mit einem neuen alten Problem konfrontiert: "Die Angst der Menschen vor der Technik", so DV-Chef Horst-E. Lingnau. Diskussionen über Datenschutz und Bildschirmarbeitsplätze auch im Zusammenhang mit der Arbeitslosenquote haben diesen Trend verstärkt. Lingnau: "Wir müssen uns künftig auf dieses Argumenteinstellen und die Angst berücksichtigen." ih

Frank Ebbesen

Geschäftsführer, Prompt DV

Informations-Systeme GmbH,

Hamburg

Der DV-Leiter trifft manchmal Entscheidungen, die zwar für ihn, aber nicht immer für das Unternehmen vorteilhaft sind. Nun muß er aber seine Entscheidungen einer höheren Stelle vortragen. Lange Zeit sagte die Geschäftsleitung zu allem ja, was ihr von dem DV-Chef vorgeschlagen wurde. Irgendwann bemerkte man allerdings, daß die Lösungen oft zu teuer sind oder nicht richtig funktionieren. Daraufhin wurden die Manager in der obersten Etage mißtrauisch.

Das Problem liegt darin, daß in der Geschäftsleitung oder den Vorständen niemand da ist, der die Situation und die Entscheidungen in der Datenverarbeitung rechtzeitig richtig beurteilen kann. Der DV-Leiter wiederum leidet darunter, daß er nicht den entsprechenden Rückhalt und das Vertrauen der Geschäftsführung besitzt. DV-Leiter sollten immer prüfen, ob sie nur eine technische Neuerung einführen wollen oder ob diese Neuerung dem Unternehmen auch wirklich Vorteile bringt. DV-Leiter haben jahrelang in vielen Fällen die Tatsache ausgenutzt, daß die Geschäftsleitung wenig DV-Wissen besaß. Auf der anderen Seite wiederum wurden wahre Wunderdinge vom DV-Leiter erwartet. Es hieß immer: "Mit der Datenverarbeitung kann man alles machen." Daß aber auch die Datenverarbeitung ihre Grenzen hat und sich vieles nicht lohnt, weil Kosten und Nutzen in keinem Verhältnis zueinander stehen, wurde meistens nicht überlegt. Wenn es klappte, war der DV-Leiter der Größte - war es zu teuer, bekam er den schwarzen Peter zugeschoben. Deswegen befindet sich der DV-Leiter immer auf einer Gratwanderung. Die Grenze, an die er stößt liegt in seiner ungeklärten Position.

In den meisten Fällen kommt er über das Abteilungsleiter-Niveau nicht hinaus, wird in vielen Fällen auch nicht als Berater der Geschäftsleitung akzeptiert, und er hat keine vernünftigen Gesprächspartner, die ihm klarmachen können warum seine Entscheidungen nicht immer richtig sind. Das Problem liegt auf beiden Seiten an der mangelnden oder ungenügenden Kommunikation. Hier muß der Hebel angesetzt werden, Die Grenzen können also nur durch bessere Kommunikation zwischen DV-Leiter und Geschäftsleitung überwunden werden. Beide müssen sich endlich bemühen, dieselbe Sprache zu lernen und zu sprechen.

Horst-E. Lingnau

Leiter Org./EDV, Claas OHG,

Harsewinkel

(IBM 4341)

Die größte Behinderung beim Verkaufen von neuen Ideen ist die Kostenbarriere. Es scheint, daß die EDV und ihre Kosten an der unteren Kante des Notwendigen gehalten werden sollen. Dabei helfen Kennzahlen, die nicht selten als Bewertungsmaßstab für DV-Bereiche dienen. Anderen Funktionen im Betrieb geht es jedoch nicht anders.

Das Management war gewohnt, daß der Einsatz von Rechnern und Systemen Personalreduzierung, geringere Bestände oder Zinseinsparung brachte. Neue Ideen mit solchen Resultaten durchzubekommen.

Es gibt heute jedoch mehr und mehr Vorhaben, die nach Meinung der DV-Leute durchgeführt werden müssen und Geld kosten, aber nicht unmittelbar meßbare Einsparung bringen. Sie bedeuten Verbesserung; also relative Einsparung. Als Beispiele sind unter anderem zu nennen: schnellere Antwortzeiten, Daten- und Systemsicherheit, moderne Tätigkeit hin Technik, Wartungserleichterung. Hier handelt es sich um neue Kategorien die zu langfristigen Kostensenkungen führen. Vorläufig müssen zukunftssichernde Maßnahmen jedoch häufig vom DV-Leiter als "Eigenbedarf" durchgeboxt werden. Nur wenig Anwender finden dann den Weg zu ihrem EDV-Partner, um ihn zu unter stützen und gemeinsam die notwendigen Kosten freizuschaufeln. Dies wäre jedoch oft nötig, um die Absicherung des betrieblichen Geschehens der nächsten Jahre zu realisieren.

Die Zeiten, als die EDV im Elfenbeinturm saß und durch neue Problemlösungen den Anwender sowohl begeistern als auch verunsichern konnte, sind sicherlich vorbei. Wir müssen helfen, unsere Anwender mündig zu machen, so daß in Zukunft die Definition auch Horst-E. Lingnau von komplexen Problemen Leiter Org./EDV, Claas OHG vom User selbst kommt und zusammen mit uns in der gesamten Systemintegration bearbeitet werden kann. Die Hindernisse bei der Durchführung von neuen Ideen sind eigentlich die gleichen geblieben. Sie reichen von zu wenigen Leuten in der EDV über ungenügende Zukunftsperspektive mancher Anwender bis hin zu Angst vor der Technik. Es handelt sich jedoch um Hindernisse und nicht um "Grenzen".

Allerdings hat sich der Punkt "Angst vor der Technik" in letzter Zeit verstärkt. Das resultiert vermutlich aus jüngsten Diskussionen über Datenschutz und Verordnungen über Bildschirmarbeitsplätze. Es kommen immer häufiger Vorwürfe wie:

"Ihr EDVler wollt aus uns ja nur gläserne Menschen machen, die durchschaubar bis ins letzte sind."

Solche Aussprüche können einen DV-Leiter schon nerven, weil diese Argumente teilweise ohne jeden sachlichen Hintergrund vorgetragen werden. Er fühlt sich unverstanden und wiederholt zum hundertsten Mal seine Berufsphilosophie: "Wir wollen die Kollegen von Routineaufgaben und stupider Rechenarbeit entlasten und sie zu qualifizierter bringen."

Es handelt sich jedoch um ein Argument, auf das wir uns einstellen müssen und welches bei neuen Ideen berücksichtigt werden muß.

Ich bin fest davon überzeugt, daß wir unsere Aufgaben in der Zukunft durch konstruktives Planen unserer Möglichkeiten, durch fortwährendes Überwachen unserer Produktion und durch aufklärende Arbeiten (eventuell manchmal den Teufel an die Wand malen) bei unseren Anwendern meistern müssen und auch können. Wir dürfen uns nicht mehr zwingen lassen, mit einem zu kleinen Rechner zu arbeiten, Daten- und Systemsicherheit erst als zweite Priorität zu betrachten und müssen für unser Rechenzentrum Produktionsmaßstäbe setzen und keinen Wunderglauben infizieren.

Es liegt vielfach an uns selbst, wenn wir Hindernisse zu spät erkennen und diese sich dann als schwer erklimmbares Gebirge darstellen.

Macht es eigentlich Spaß, in der EDV zu arbeiten? Na klar! Es gibt wenig anderes, was mich so ausfüllen kann wie dieser Job.

Dr. Günter

Brüggemann

Leiter Datenverarbeitung,

Zanders Feinpapiere AG,

Bergisch Gladbach

Es gibt keine Behinderungen aus den Fachabteilungen, die das Vordringen der EDV erschweren. Das war vor etwa 15 Jahren noch anders, als wir die Anwender vom Nutzen EDV-gestützter Lösungen überzeugen mußten. Heute hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß die EDV ein Werkzeug ist und nicht ein Automatismus, der menschliche Entscheidungen überflüssig macht. Fachabteilungen und Vorstand stehen der EDV aufgeschlossen gegenüber. Wir leben mit einem Nachfragestau und die Frage heißt, in welcher Reihenfolge können die Projekte abgewickelt werden. Darum kümmert sich der EDV-Ausschuß.

Die Zwänge der Datenverarbeitung beginnen mit der Schwierigkeit, wie die Anforderungen der Anwender erfüllt werden können. Sie sollen möglichst in ein Gesamtkonzept passen, denn natürlich wollen wir uns nicht an Tagesaufgaben orientieren, sondern wir haben uns Gedanken darüber gemacht, was in unserem Unternehmen von der Auftragsabwicklung bis zum Versand sinnvoll mit Hilfe der EDV ablaufen kann. Zielstellung für ein Gesamtkonzept ist die Bereitstellung von aktuellen Tatbeständen, die bereichsübergreifend verfügbar sind und Programmen, die durch Erweiterung und nicht durch Änderungen zukünftige, noch nicht bekannte Anforderungen der Fachabteilungen erfüllen können. Der Weg dorthin ist nicht ohne Umwege zu erreichen und von diesem Idealzustand müssen Abstriche gemacht werden.

Die Überlegungen, wie die Wünsche der Fachabteilungen erfüllt werden können, führen leicht zu der unbefriedigenden Entscheidung, vorhandene Programme "aufzubohren", um der aus der Sicht der Fachabteilungen berechtigten Forderung nach schneller Hilfe nachzukommen. Jedoch das Unbehagen bleibt zurück. Der Pflegeaufwand so aufgerüsteter Programme wächst, er bindet Mitarbeiter, die für Neuentwicklungen fehlen, das Problem ist nicht endgültig vom Tisch. Die Suche nach einem günstigen Zeitpunkt für den Ersatz zu eng gewordener Programme geht weiter.

Hindernisse auf dem Weg zur Realisierung des Gesamtkonzeptes sehen wir allerdings bei pragmatischen Lösungen, die sich nicht integrieren lassen.

Bei der Frage, wie eine Anwendung abgewickelt werden soll, gibt es gelegentlich unterschiedliche Auffassungen. Naturgemäß neigen die Fachabteilungen zu Abläufen, die sich stark an den bisherigen konventionellen Informationsfluß anlehnen.

Hier ist es unsere Aufgabe, einen Kompromiß zu finden der einerseits die Akzeptanz des Systems nicht gefährdet, andererseits auch die Ausschöpfung aller Möglichkeiten sichert, die eine Abwicklung mit der EDV bietet.