Neue Power-PC-Systeme auf der Macworld Expo vorgestellt Apple 95: Offene Standards und aggressive Preispolitik

18.04.1995

BOSTON (kk) - Der Geist von Bill Gates und das kommende PC- Betriebssystem Windows 95 schwebten ueber Apples Spezialmesse "Macworld Expo" in Boston. In Abwesenheit von Power-PC-Partner IBM versuchte die Apple-Gemeinde, sich der eigenen Vorzuege gegenueber denen des uebermaechtigen Konkurrenten Microsoft zu versichern.

Apples Senior Vice-President David Nagel, weltweit verantwortlich fuer Forschung und Entwicklung, praesentierte in der Eroeffnungsveranstaltung Erfolgszahlen, die Mut machen sollen: 20 Millionen installierte Macintosh-Rechner, Platz zwei bei den verkauften Internet-Servern und im Heimanwenderbereich sowie die Spitzenposition bei Desktop-Publishing-Systemen und im Markt fuer Erziehungssysteme.

Vorbei sind die goldenen Zeiten der spaeten achtziger Jahre, als die Systeme mit dem Apfel-Logo noch 15 Prozent aller gelieferten PCs ausmachten. 1993 hielt Apple nach einer Erhebung des Marktforschungsunternehmens Dataquest mit 3664000 verkauften Systemen noch einen Anteil von 9,4 Prozent am Gesamtmarkt. Ein Jahr spaeter schrumpfte dieser Wert auf 8,5 Prozent, obwohl das Unternehmen 291000 Rechner mehr absetzen konnte. Die Verkaufszahlen fuer das zweite Quartal 1995, in dem Apple 5,8 Prozent der insgesamt 1,01 Millionen abgesetzten Stueck fuer sich verbuchen konnte (im Vorjahr lag der Anteil noch bei 6,3 Prozent) lassen vermuten, dass sich der Abwaertstrend auch in diesem Jahr fortsetzen wird.

Gegensteuern will Apple mit einer Reihe von Massnahmen, die Michael Mace, Direktor fuer das Marketing der Macintosh-Plattform, erlaeuterte. Danach wolle man in Zukunft staerker auf offene Standards setzen. Die Entscheidung fuer RISC-Prozessoren, fuer den PCI-Bus anstelle des proprietaeren Nubus-Bus sowie die Ausrichtung auf Opendoc seien erste Schritte in diese Richtung.

Offenheit heisst RISC-CPUs, PCI-Bus und Opendoc

Bislang haetten 450 Hersteller von PCI-Karten angekuendigt, entsprechende Produkte fuer Power-Macs zu entwickeln. Ab 1996 soll das Mac-Betriebssystem ausserdem die Regeln der Power-PC-Gemeinde befolgen und kompatibel zur Common Hardware Reference Platform (CHRP) sein.

Aendern wird sich ferner die Lizenzpolitik fuer das Mac- Betriebssystem, das dann auch unabhaengig von der Hardware erworben werden kann.

Mit einem neuen Business-Modell und einer aggressiven Preispolitik soll der Intel-Microsoft-Dominanz Paroli geboten werden. "Frueher hatten wir ein fertiges Produkt und haben versucht, Kunden dafuer zu finden. Heute fragen wir unsere Geschaeftspartner, welche Hard- und Software sie benoetigen", erklaerte Mace den neuen Ansatz.

Konzentrieren wolle man sich auf die alte Basis der Heimanwender, Desktop-Publisher, den Erziehungsbereich und spezifische Industrie- und Geschaeftsanwendungen wie Luftfahrt und Medizintechnik. Hinzu komme der Bereich der Kommunikation, fuer den, so David Nagel, "Apple den besten Rechner liefern will". In Boston stellte die Spindler-Company das "Internet Connection Kit" vor, das fuer einen schnellen und unkomplizierten Zugang zur Datenautobahn sorgen soll. Das Paket enthaelt Internet- Applikationen wie den "Netscape Navigator" und den "Emailer Lite" von Claris.

Neu vorgestellt wurden die Desktop-Systeme "Power Macintosh 8500" mit dem Power-PC-Prozessor 604 (120 Megahertz Taktfrequenz) und Preisen zwischen 4000 und 4200 Dollar und die "Serie 7000", die auf dem 601-Chip basiert und ab 1699 Dollar zu haben sein wird. Das Modell "7500" beispielsweise kommt mit dem 601 (100 Megahertz), drei PCI-Slots, 64-Bit-Grafik, mindestens 500 MB Festplattenkapazitaet, CD-ROM-Laufwerk mit vierfacher Geschwindigkeit und Videokonferenzsystem auf den Markt. Das Paket soll zirka 2700 Dollar kosten. Ab September wird Apple den Power- PC auch in Notebooks einsetzen.