IT-Baukasten mit dem Fokus auf Probleme

Neue IT-Infrastruktur bei der DB Netz AG

14.02.2014
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Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.

1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.

Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.

Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".

Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.
Um ein so komplexes Thema wie den Bahnverkehr mit IT-Systemen steuern zu können, muss die physikalische in eine digitale Infrastruktur verwandelt werden. Was das in der Praxis bedeutet, erläuterte Holger Ewald, CIO der DB Netz AG.

Ein schwierigeres Jahr für seinen Einstieg in den neuen Job hätte sich Holger Ewald kaum aussuchen können: Im Jahr 2008 war die Investmentbank Lehmann Brothers Inc. zusammengebrochen, die Stimmung in der Wirtschaft war mehr als nervös, alle, die über Budgets zu entscheiden hatten, traten mit beiden Füßen auf die Bremse.

Holger Ewald, CIO der DB Netz AG
Holger Ewald, CIO der DB Netz AG
Foto: Foto Vogt

Das bekam auch die DB Netz AG, wiewohl mit den Ereignissen nicht direkt verbunden, zu spüren. Der neue CIO war angetreten, um eine im schlechtesten Wortsinn historisch gewachsene Silo-Ansammlung in eine moderne, serviceorientierte Infrastruktur zu verwandeln. Und dann schaltete das Unternehmen plötzlich alle größeren Projekte auf Stand-by.

Einzig möglicher Umgang damit: Einzelne, unterm Budget-Radar durchfliegende Leuchtturmprojekte vorantreiben; und zwar solche, die sich mittelfristig, wenn die Nervosität etwas verflogen sein würde, problemlos in den Masterplan würden einfügen lassen.

Parallel arbeiten, also das Puzzle an verschiedenen Stellen gleichzeitig komplettieren, musste Holger Ewald noch aus einem anderen Grund: Die DB Netz AG ist natürlich dazu verpflichtet, europaweit auszuschreiben, was pro Ausschreibungspaket etwa ein Jahr in Anspruch nimmt. Bei sieben geplanten Plattformen hätte also eine Step-by-Step-Vorgehensweise das Ganze unzumutbar in die Länge gezogen.

Also kam es darauf an, die Sache an verschiedenen Stellen gleichzeitig anzupacken. Wie aber lautete der Masterplan, jenes Gesamtbild, in das sich am Ende alle Maßnahmen einfügen müssen? Holger Ewald wollte ein digitales Abbild der physischen Strukturen, der Schienen, Bahnhöfe und Stellwerke schaffen. Und der ungeheuer vielschichtigen Aufgaben des Infrastrukturunternehmens DB Netz AG.

Das muss zum Beispiel 32.000 Zugfahrten pro Tag abwickeln. Und zu diesen Fahrten gehört nicht nur der ICE-Verkehr von Hamburg nach München, sondern auch das Managen der Reise von Zulieferteilen für die Auto-Industrie von Portugal nach Deutschland und von hier über Russland weiter nach China. Komplex macht die Aufgabe auch, dass die Netze in Deutschland nicht nur von der Konzernmutter genutzt werden, sondern von insgesamt 390 verschiedenen Verkehrsunternehmen.

Zu bewältigen ist nicht nur der Status quo, sondern auch das Zukunftsszenario: Allein beim Umschlag von Containern, die per Schiff ankommen und per Bahn weiterverteilt werden, erwarten die Planer bis 2020 einen Zuwachs von 40 Prozent!

IT-Baukasten mit dem Fokus auf Probleme

Vor 2008 wurde praktisch jede dieser Aufgaben von einem eigenen System erledigt. Um die Mauern dazwischen irgendwann überwinden zu können, schufen Ewald und sein Team zunächst einen IT-Baukasten, dessen Werkzeuge sich nicht an Abteilungen, sondern an Problemlagen orientierten. Also zum Beispiel an Herausforderungen wie der kurzfristigen Anforderung einer Trasse durch ein nicht DB-eigenes Bahnunternehmen.

Der nächste Schritt war das Eliminieren aller funktionalen Redundanzen. Im Jahr 2011 beschäftigte sich das Team intensiv mit den Prozessen, steuerte im Detail so, dass voneinander abhängt, was zusammengehört.

„Wir haben quasi eine physikalische in eine digitale Infrastruktur umgebaut und dann die Kundenanforderungen darübergelegt", so CIO Holger Ewald. „So ein Projekt lässt sich nur mit dem Kunden gemeinsam umsetzen und in enger Orientierung an den Geschäftsprozessen." Größte Herausforderung war das Managen und die Abgrenzung der unterschiedlichen Daten. Ergebnis des ‚Master Data Management‘ bei der DB Netz AG sind drei Datentöpfe: Einer für die Fahrpläne, einer für den Betrieb und der dritte für die Instandhaltung. „Allein für die Governance dieser Struktur benötigten wir etwa ein Jahr", erzählt Ewald.

Zwar arbeiten die Systeme noch mit unterschiedlichen Datenbanken, aber der Austausch und die Nutzung der unterschiedlichen Daten in den Betriebszentren läuft integriert. Und die 240.000 Stellwerke können reibungslos miteinander kommunizieren.