Concept-Gruppe: E-Business-Company an der Börse

Neue Ideen aus der alten Villa

16.06.2000
Von Christine Harrell
Die Concept-Gruppe mit Hauptsitz in Wiesbaden ist einer der größten Multimedia- und Internet-Dienstleister in Europa. Bei den Mitarbeitern ist vor allem der Blick über den eigenen Tellerrand gefragt.

Der neue Arbeitsplatz von Mathias Hassenstein kann sich sehen lassen: Parkettfußboden, schmiedeeisernes Treppengeländer, Stuckengel, antike Säulen. Die klassizistische Villa unweit des Wiesbadener Kurparks wurde in den letzten Monaten aufwändig renoviert und durch einen Anbau erweitert. Auch die Inneneinrichtung ist vom Feinsten. "Für uns ist das gerade das richtige Ambiente", freut sich der Geschäftsführer der Ideenagentur "Designhouse", eine von fünf Töchtern der Concept-Gruppe. Hassenstein pflegt einen für die Branche bisher eher ungewöhnlichen Denkansatz. Statt sich auf Einzelaktivitäten - sei es die Produktion einer CD-ROM oder die Organisation einer Banner-Werbekampagne im Internet - zu beschränken, bietet Designhouse seinen Kunden die "integrierte Marktkommunikation" an. Die Liste der möglichen Aufgabenfelder ist lang und anspruchsvoll: Corporate Design, Bannerwerbung, Messestandgestaltung, Multimedia Corporate Design,

Logoentwicklung, Event- Konzepte, Corporate Wording, Design Management, Arbeitsplatzgestaltung, Licht-Design, Markenführung sowie Image- und Marketing-Kampagnen.

Um Abstand zur Alltagsarbeit in der Multimedia-Agentur Concept und einen Freiraum für die Entwicklung neuer Gestaltungsideen zu schaffen, ist das neue Unternehmen in die Villa am Wiesbadener Kurpark gezogen. Die Atmosphäre dort soll dafür sorgen, dass auch unkonventionelle Vorschläge eine Chance zur Realisierung bekommen. Denn nach Meinung von Concept-Chef Volker Tietgens wird das Design bei Planung und Realisierung von Unternehmens-Websites in den nächsten Jahren wesentlich an Bedeutung gewinnen. "Viele Kunden sind zu Recht unzufrieden mit der derzeitigen Gestaltung ihrer Internet-Präsentationen und E-Commerce-Anwendungen", konstatiert er.

Dabei hat er nicht alleine das Screendesign - die ergonomische und ansprechende Gestaltung der Bildschirmoberflächen - im Visier, sondern vor allem das Interaktionsdesign. Ziel müsse es sein, die neuen Möglichkeiten des Mediums wirklich auszuschöpfen und intuitiv zu bedienende Informations- und Einkaufswelten für die Nutzer zu schaffen. Genauso wichtig sei allerdings die Einbindung der interaktiven Medien - World Wide Web, Kiosksysteme und CD-ROM - in den gesamten Marketingmix eines Unternehmens.

Von London über Madrid nach Miami

Eine wichtige Rolle spielt bei Concept auch die Möglichkeit, den Arbeitsplatz innerhalb der einzelnen Filialen der Gruppe wechseln zu können. Unter den Auslandsnierderlassungen London, Zürich, Warschau und Madrid ist die Dependance in Miami im US-Sonnenstaat Florida besonders beliebt. An einigen Standorten hat Tietgens sogar Wohnungen gekauft, die von den Mitarbeitern genutzt werden können.

"Der chronische Mitarbeitermangel ist das einzige, was das Wachstum der Branche begrenzt", bedauert der Multimedia-Pionier. Dank seiner planmäßigen Personalbindungsmaßnahmen sei sein Unternehmen von diesem Problem jedoch nicht so stark betroffen, die Fluktuation der qualifizierten Fachkräfte gehe "gegen Null".

Das Tätigkeitsgebiet der "E-Business-Company", zu deren Kunden beispielsweise Unternehmen wie Deutsche Bank, Kaufhof, Deutsche Telekom, Metallgesellschaft, IVG Holding, Mannesmann Mobilfunk oder die Hamburger Sparkasse zählen, reicht von der strategischen Beratung über Konzeption, Layout, Programmierung, Redaktion, Betrieb und Pflege/Wartung von Systemlösungen bis hin zur ihrer Vermarktung. So betreibt das Unternehmen die Internet-Jobbörse Jobpool.de und gemeinsam mit den deutschen Pressegrossisten das Informations- und Verkaufssystem Infopoint. Darüber können an Kiosksystemen in den Zeitschriftenläden und im World Wide Web die tagesaktuellen Inhaltsverzeichnisse und Titelblätter aller in Deutschland erhältlichen Zeitschriften abgerufen werden.

Mit den spezialisierten Abteilungen Concept Media und Concept Research lassen sich Aufgaben in der Mediaplanung und bei der Schaltung von Online-Anzeigen sowie in der Marktforschung abdecken. Die Tochterfirma Concept Technology, die ihren Sitz in Karlsruhe hat, ist für die gesamte Gruppe in der Entwicklung und Einbindung von Redaktionssystemen, den Aufbau von E-Mail-Lösungen, die Realisierung von Intranets und Extranets sowie den Aufbau und die Anpassung von Online-Shops zuständig. Durch den Gang an den Neuen Markt will die Unternehmensgruppe die erreichte Spitzenposition als zweitgrößter deutscher Multimedia-Dienstleister ausbauen. Tietgens: "Dafür brauchen wir vor allem Leute, die auch mal über den eigenen Tellerrand schauen."