Freiberufler

Neue Chancen in der mobilen Welt

05.06.2013
Die Telekommunikationswelt verändert sich rasant. Von den neuen Projekten und Aufträgen können vor allem Freelancer profitieren.
In der mobilen Welt werden viele IT-Profis gesucht - ob fest oder frei.
In der mobilen Welt werden viele IT-Profis gesucht - ob fest oder frei.
Foto: cienpiesnf - Fotolia.com

Die IT-Projekte der Unternehmen im Telekommunikationsbereich könnten nicht über einen Kamm geschoren werden, so Jörn Bäumer. Der Bereichsleiter Contracting beim Personalvermittler Hays erklärt, warum: Zu groß sei der Mix aus Cloud Computing, Business Intelligence und dem stetig wachsenden Sektor Mobile Computing - ein Bereich, der nicht für Privatpersonen, sondern zunehmend für die Unternehmen immer wichtiger werde.

Dies bestätigt der "Hays IT-Spezialisten Index III/2012", demzufolge die Nachfrage nach Anwendungsentwicklern und Netzwerkadministratoren konstant zunimmt. Gerade Netzwerkadministratoren werden in vielen Sektoren – unter anderem Cloud Computing und IT-Sicherheit – benötigt. „Sie halten die aktuellen Projekte am Laufen, denn das Netzwerk-Management steht zurzeit vor großen Herausforderungen“, sagt der Bereichsleiter.

Software-Entwickler für mobile Systeme haben laut Bäumer ebenfalls gute Chancen. Für die Mobilisierung der meist komplexen Infrastruktur genauso wie für App-Entwicklung würden hier seit Monaten verstärkt hochkarätige Spezialisten gesucht. Ein weiteres Trend-Thema sei „Bring Your Own Device“. Sowohl für interne Mitarbeiter als auch für IT-Freelancer würde sich die Frage stellen, wie sie die Systeme, die ein Unternehmen zur Verfügung stellt, erreichen können – ob mit dem Smartphone, Tablet oder PC.

Scrum ist Trumpf

Ebenfalls gestiegen sei die Nachfrage nach Spezialisten mit Scrum-Zertifizierung und Projekterfahrung. Schließlich würde eine Vielzahl der Entwicklungsprojekte mittlerweile in einem agilen Umfeld umgesetzt. Laut Bäumer ist die Nachfrage auch deshalb so groß, weil die technischen Lebens- und Entwicklungszyklen immer kürzer würden. Eine wichtige Rolle spiele zudem das Verknüpfen der mobilen Welt mit bereits etablierten Diensten und Services. „Hierfür müssen neue Schnittstellen geschaffen, Programme geschrieben und Apps entwickelt werden – bei all diesen Entwicklungen geht es auch immer um IT-Sicherheit und Qualitäts- und Testmanagement“, erläutert der Hays- Manager.

Setzt man voraus, dass der Markt immer bessere beziehungsweise einfachere Benutzer- und Bedienkonzepte nachfragt, werden von den Entwicklern verstärkt Know-how in den Bereichen Design und Usability erwartet. Auf der Wunschliste stünden zudem Designer, denen die Grenzen und Funktionalitäten der jeweiligen Entwicklungsplattform bewusst seien und die diese gezielt in ihre Entwürfe haben einfließen lassen: „Daraus resultiert eine höhere Nachfrage nach Test-Experten mit Scrum-Zertifizierung.“

Weiterbildung ist Pflicht

Für Bäumer steht fest, dass die Telekommunikationswelt die Gesellschaft, inklusive der Art und Weise wie Menschen arbeiten und kommunizieren, in einer bisher nicht gekannten Weise verändern wird. „In dieser Welt entstehen neue Jobs und Aufgaben, und die Externen profitieren davon.“ Allerdings empfiehlt er ihnen, sich bei Software-Development-Akademien für mobile Software-Entwicklung oder ähnlichen Institutionen entsprechend weiterzubilden. Bäumer: „Grundsätzlich muss das technische Gerüst bei den Freelancern vorhanden sein, dazu kommen noch Spezialwissen und Erfahrung.“

Wichtig sei auch, die Augen offen zu halten, über den Tellerrand zu schauen und neue Entwicklungen zu erahnen. Bei den TK-Unternehmen selbst ist seiner Meinung nach das wichtigste Projekt im Moment der Ausbau des eigenen Netzes. „Das Volumen des mobilen Datenverkehrs wurde von den Kommunikationsunternehmen massiv unterschätzt“, betont der Hays-Manager. Deshalb habe derzeit der Ausbau der LTE-Infrastruktur absolute Priorität. Die Nachfrage nach mobilen, breitbandigen Verbindungen sei so groß, dass die Unternehmen gar nicht schnell genug mit dem Ausbau hinterherkämen. Gleichzeitig sei es für die TK-Unternehmen überaus wichtig, in diesem Bereich voranzukommen, weil sie mit Sprachdiensten immer weniger verdienen würden. Bäumers Fazit: „Die TK-Welt ist faszinierend und bietet qualifizierten ITSpezialisten gute Möglichkeiten.“

Testexperten gefragt

Dass die Nachfrage nach qualifizierten Testexperten steigt, kann Softwareexpertin und Coach Maud Schlich nur bestätigen: „Das liegt an den immer kürzeren und komplexeren Technologiezyklen.“ IT-Freelancer müssten die klassischen Testtechniken so sicher beherrschen, dass man diese auch im agilen Test anwenden könne. Ihrer Erfahrung nach wird heutzutage verstärkt risikoorientiert getestet. Schlich weiß, wovon sie spricht. Schließlich bildet sie zurzeit bei einem Finanzdienstleister diese Mitarbeiter aus. Sie lernen wie Testmanagement optimiert wird und welche Methodiken dafür gut geeignet sind.

Erfahrungen auf diesem Gebiet hat die IT-Expertin bei Siemens, Nokia und auch bei der Telekom selbst gewonnen. Schlich: „Bei der Telekom war ich in den Bereichen Qualitätsmanagement, Anforderungs- und Testmanagement tätig.“ Nach ihrer Erfahrung unterscheiden sich die Anforderungen an die Freiberufler im Bereich Telekommunikation nicht wesentlich von denen anderer Branchen. „Die Aufträge werden an Techniker bis hin zum Projekt-Manager vergeben.“ Bei der Telekom gehe die Ausrichtung unter dem Stichwort „Entertain“ verstärkt hin zu multimedialen Inhalten und Plattformen. Das Unternehmen wolle „TV on demand“ oder „Video on demand“ verkaufen. Produkte also, die mit der klassischen Telekommunikation nur wenig zu tun hätten. Darüber hinaus sei die Telekom sehr stark in den agilen Kontext gewechselt.

Während ihrer eigenen Telekom-Zeit seien in puncto agile Softwareentwicklung für die internen Mitarbeiter etliche Schulungen durchgeführt worden. Von den Externen wiederum sei erwartet worden, das entsprechende Wissen mitzubringen. In der Telekommunikationswelt gibt es nach der Ansicht von Schlich – genau wie in anderen Branchen auch – die klassische Unterscheidung bei den Anforderungen nicht mehr. „Heutzutage ist es gang und gebe, dass die Freelancer nicht nur das entsprechende IT-Wissen beherrschen, sondern zudem in den Bereichen Kommunikation, Sozialkompetenz und Eloquenz fit sind.“

Freelancer müssen ständig up to date sein

Die meisten Freiberufler, die in diesem Sektor tätig sind, müssen ihrer Erfahrung nach zumindest ein Zertifikat wie beispielsweise „ISTQB Certified Tester Foundation Level“ mitbringen. Andere Externe würden auch ein „Certified Agile Tester“ (CAT) oder andere fachliche Zertifikate vorweisen können. IT-Freiberuflerin Maud Schlich: „So ein Zertifikat reicht naturgemäß nicht aus.“ Deshalb rät sie ihren freiberuflichen Kollegen, sich zusätzlich im Internet zu informieren, Weiterbildungsveranstaltungen zu besuchen und entsprechende Bücher zu lesen. Schlich: „Das Wissen der Externen muss ständig up-to-date sein.“ (kf)

Konnektivität 2013

Mit den „TMT Predictions 2013“ gibt Deloitte einen Ausblick auf die Entwicklung im deutschen Technologie-, Medien- und Telekommunikationsmarkt (TMT). Danach wird sich im Markt für Smartphones einiges bewegen. Anbieter von Smartphone-spezifischen Diensten werden sich darauf einstellen müssen, dass sich die Zielgruppe heute deutlicher ausdifferenziert, besonders in Richtung kostenbewusste Nutzer. Ein Megathema für 2013 ist die intelligente Vermarktung neuer Dienste und Infrastrukturen. Für die Unternehmen aus den Bereichen Telekommunikation, Medien und Technologie bedeutet das gleichermaßen eine Herausforderung.

Dieser Artikel stammt aus dem IT-Freelancer Magazin.