Bandbreite soll viel schneller zunehmen als Rechenleistung

Netzwerkzentriertes Computing ist keine ferne Utopie mehr

08.03.1996

Ein nach dem Intel-Mitbegruender Gordon Moore benanntes Gesetz besagt, dass sich das Preis-Leistungs-Verhaeltnis von Computern alle zehn Jahre um das Hundertfache erhoeht. Wenn auf Moore´s Law Verlass ist, dann kostet im Jahr 2006 ein Rechner mit 10 000 MIPS (Millions of Instructions per Second) gleich viel wie heute ein Pentium-PC. Aus dieser Sicht zeichnet sich eine lineare Evolution ab.

Diese rosige Perspektive fuer das Desktop-zentrierte Computing ist allerdings von zwei Entwicklungen bedroht. Die erste wurde von Moore in einem weiteren Gesetz formuliert: Die Kosten von Chipfabriken verdoppeln sich fuer jede neue Prozessorgeneration. Die Investitionen fuer eine Pentium-Produktionsstaette liegen derzeit bei etwa zwei Milliarden Dollar, bei vier zusaetzlichen Prozessorgenerationen innerhalb der naechsten zehn Jahre stiegen sie also auf schliesslich 32 Milliarden Dollar.

Die zweite und groessere Bedrohung der bisherigen Entwicklung sehen Vordenker wie George Gilder http://home-page.seas.upenn.edu/gaj1/ im rasanten Wachstum der Uebertragungskapazitaeten. Bandbreite wird demnach die treibende Kraft der Computerentwicklung. Nach Gilders Prognose soll sie zehnmal schneller zunehmen als die Rechenleistung, also um das 1000fache innerhalb der naechsten zehn Jahre. Dafuer sprechen die neuesten technischen Errungenschaften bei der optischen Datenuebertragung, in deren Folge die bereits vorhandenen Glasfaserinstallationen ihr Potential voll entfalten koennen. Und da kommt einiges zusammen: Allein in den USA verlegten die Telefongesellschaften waehrend der 80er Jahre mehr als zehn Millionen Kilometer Glasfaserkabel.

ATM-Netze uebertreffen Leistung von PCI-Bussen

Aber nicht nur Glasfaser ist zum Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen vorgesehen. Bestehende Kupfer-Coax- Kabel koennen in ihrer Uebertragungsleistung noch erheblich ausgereizt werden. Craig Tanner von der in Colorado ansaessigen Cable Labs traut solcher herkoemmlichen Verkabelung im bidirektionalen Betrieb insgesamt 8 Gbit/s zu.

Schon kurzfristig wird ATM einen Beitrag zu groesserer Bandbreite leisten. ATM-Switches bewaeltigen derzeit schon 2,4 Gbit/s und werden mithelfen, PCs mit Daten zu ueberschwemmen. Deren Prozessoren sind dann auf zwei Arten betroffen: Einerseits ist die bislang von Spezialchips erbrachte Rechenleistung zur Kompensation niedriger Uebertragungsraten grossteils ueberfluessig. Dazu zaehlen Kompression und Dekompression, Grafikbeschleunigung oder Spracherkennung. Andererseits sind Allzweck-CPUs wie der Pentium mit solchen Datenstroemen ueberfordert und laufen Gefahr, durch Kommunikationschips wie "Digital Signal Processors" (DSP) an den Rand gedraengt zu werden.

In einer gar nicht so fernen Zukunft der 10-Gbit-Netze wuerde der schon heute propagierte Slogan "The Network is the Computer" erst richtig wahr. Wenn das Uebertragungstempo im Netzwerk weit hoeher ist als beispielsweise auf dem PCI-Bus des PCs (derzeit 1Gbit/s), dann wird, so Eric Schmidt von Sun Microsystems, der Computer "ausgehoehlt". Das Netzwerk wird zum Bus: Unabhaengig von ihrem Standort verbinden sich daran angeschlossene Speichersysteme und Prozessoren zum Computer.