Einbindung in das vorhandene Netz-Management bringt Vorteile

Netz-Planungswerkzeuge werden auch für die Anwender interessant

28.08.1992

Planung ist das halbe Leben - diese Lebensweisheit gilt mehr denn je auch für Anwender bei der Installation unternehmensweiter und übergreifender Netze. Jörg-Bodo Krüger* beschreibt die Planung privater X.25-Netze mit Hilfe von datenbankgestützten Tools sowie der Aufschlüsselung eines Netzentwurfes auf der Basis vorher definierter Randbedingungen.

Eine beträchtliche Anzahl von WANs bei großen und mittleren Anwendern ist, bedingt durch die historische Entwicklung der Netze, in der Regel immer noch durch folgende Faktoren gekennzeichnet:

- Einsatz von herstellerspezifischen Protokollen und Netztechniken,

- Nutzung einer gewachsenen Struktur aus öffentlichen Kommunikationsnetzen beziehungsweise -diensten in Verbindung mit Direktruf-Anschlüssen, Konzentratoren und Multiplexern,

- keine optimierte Auslegung der Netze im Hinblick auf die Datenübertragungskosten Aufgrund der Liberalisierung des TK-Marktes, des Trends zur offenen Kommunikation und der wachsenden Herstellerunabhängigkeit von DV-Systemen findet zur Zeit ein Umstrukturierungsprozeß bei den bestehenden Kommunikationsnetzen statt. Als Ziele entsprechender Maßnahmen gelten dabei vor allem Kosteneinsparungen sowie die Migration zu offenen und herstellerunabhängigen Lösungen.

Viele dieser neuen Planungsansätze sind - speziell bei einer bisher vorwiegenden Nutzung öffentlicher Kommunikationsnetze - interessant, vor allem auch im Hinblick auf eine Kostenreduktion durch die Berücksichtigung privater Netze. Unter einem privaten Netz wird dabei eine Menge von Netzknoten verstanden, die über Übertragungswege der Telekom untereinander und mit den Teilnehmern verbunden sind. Für die Vernetzung zwischen den Knoten können beispielsweise je nach Anforderungen und Verkehrsaufkommen 64-Kbit/s-, Zwei-Mbit/s- oder, auch Satellitenverbindungen (Trunks) in Betracht kommen.

Um die erforderliche Flächendeckung zu erreichen, kann die Struktur eines Privaten WANs mehrstufig ausgelegt sein. Die Basis dafür bildet in der Regel ein Kernnetz mit schnellen Verbindungen zwischen den einzelnen Netzknoten (Backbone), an das dann über weitere periphere Netzknoten die Teilnehmer angeschlossen werden (siehe Abbildung 1).

Die Teilnehmer können entweder Endstellen oder Rechenzentren sein und werden im Anschlußbereich über entsprechende Leitungen, zum Beispiel, HfD mit den Vermittlungsknoten des Zubringernetzes - oder auch des Kernnetzes - verbunden. Die Vermittlungsknoten des Zubringernetzes sind wiederum über netzinterne Verbindungen (Trunks) an die Knoten des Kernnetzes angeschlossen, die ihrerseits wieder eine Vermaschung aufweisen.

Im folgenden soll nun eine Übersicht über die erforderlichen Aktivitäten bei der Planung von privaten X.25-Netzen gegeben werden. Die Planungsphase ist dabei innerhalb eines Lebenszyklus für ein Kommunikationsnetz einzuordnen. Sie kann daher entweder aus einer Neuplanung oder einer Optimierung aufgrund geänderter Anforderungen bestehen.

Die Planungsphase sollte in der Regel in drei Teilphasen strukturiert werden: eine ist Analyse, die Definition der Anforderungen an das Netz sowie der Netzentwurf. Bei der Ist-Analyse werden zunächst die Lokationen aller an das Netz anzubindenden Teilnehmer, etwa (Rechenzentren, Endstellen etc.), erfaßt. Zur Bildung eines Mengengerüstes ist eine Datenflußanalyse (Datenmengen und zeitliche Verteilung zwischen den Teilnehmern mittlerer Lasten sowie Spitzenbelastung) erforderlich.

Die Dimensionierung eines Kommunikationsnetzes wird nach den Verkehrsflüssen der "Hauptverkehrsstunde" vorgenommen. Je nach vorliegender Kommunikationsstruktur müssen hierfür gegebenenfalls Angaben über das durchschnittlich transferierte Datenvolumen und die Größe repräsentativer Transaktionen in Angaben über das je Sekunde maximal zu transferierende Volumen umgesetzt werden. Darüber hinaus müssen die zu verwendenden Protokolle und physikalischen Schnittstellen als Zugang zu den späteren Netzknoten erfaßt werden.

Als nächste Teilphase der Planungsaktivitäten folgt die Definition der Anforderungen an das spätere Netz, wobei die in der Ist-Analyse, gewonnenen Daten entsprechend Berücksichtigung finden müssen. Hier sind in der Regel folgende technische Themenschwerpunkte relevant:

- Vorgaben für Knotenstandorte,

- zugrundegelegtes Datenvolumen,

- berücksichtigte Reserven für die Steigerung der Datenmengen,

- Anforderungen an die Servicequalität (Durchlaufzeiten, Ausfallsicherheit etc.),

- Anforderungen an Ausbaubarkeit, Migrationsmöglichkeiten zu neuen Techniken (Fast Packet Switching, Sprachübertragung etc.),

- Anforderungen an das Netz-Management (beispielsweise die

Integrationsmöglichkeit zu einem bestehenden Konzept) sowie

- Vorgaben für Backup-Möglichkeiten und Sicherheit des Netzes.

Eine der wichtigsten Anforderungen an die spätere Lösung wird durch die Kosten des Netzbetriebes und die zu erwartenden Ausbaukosten bei einer Steigerung des Datenvolumens bestimmt. Hier lassen sich für den Netzbetrieb folgende Kostenpositionen identifizieren, die in der Summe die bisherigen Kosten unterschreiten sollen:

- DU-Kosten,

- Kosten für Netztechnik (Hardware und Software der Netzknoten),

- Personal für den Netzbetrieb,

- Wartung der Netztechnik.

Der Entwurf von privaten Netzen auf der Basis vorher definierter Randbedingungen und Anforderungen ist in der Regel ein sich wiederholender Prozeß, da verschiedene Faktoren gegenläufige Auswirkungen für die Entwürfe haben. So kann beispielsweise bei flächendeckenden Netzen eine höhere Anzahl von Netzknoten zur Absenkung der Datenübertragungskosten führen, wobei jedoch

gleichzeitig ein Anstieg der Kosten Netztechnik und Wartung zu berücksichtigen ist.

Notzentwurf ist ein zeitaufwendiger Prozeß

Aufgrund der durch die Anforderungen bestimmten Entwurfsparameter, beispielsweise Anzahl und Standorte von Netzknoten, wird zunächst eine Anfangslösung des Netzentwurfs generiert. Anhand der Kenngrößen dieses Entwurfs (Durchlaufzeiten für Datenpakete, mittlere Transaktionszeiten im Netz etc.) und der Kosten erfolgt dann eine Beurteilung. Diese wiederum zieht in der Regel eine Änderung der Entwurfsparameter nach sich, bis eine optimierte Lösung, die den definierten Anforderungen möglichst nahe kommt, erreicht wird.

Die eben beschriebene Vorgehensweise zeigt, daß der Netzentwurf ein iterativer und damit zeitaufwendiger Prozeß ist. Hinzu kommen bei mittleren und größeren Netzen sehr hohe Datenmengen und Rechenoperationen für die Errechnung von Kenndaten einer Lösung. Die Danet GmbH hat daher für die Durchführung von Netzplanungen als Dienstleistungen das datenbankgestützte Tool Netplan entwickelt, das sowohl die Ist-Analyse durch eine standardisierte Datenerfassung und Aufbereitung als auch den eigentlichen Netzplanungsvorgang unterstützt.

Die Grundlage für die Netzentwürfe bilden die Daten pro Teilnehmer im Netz und die Kommunikationsbeziehungen mit anderen Teilnehmern. Alle Teilnehmer werden durch Ortsangaben, Datenströme und Kommunikations-Schnittstellen definiert. Diese Daten können in die DB eingebracht werden und stellen die Planungsbasis für die Netzentwürfe dar.

Mit den Entwurfsfunktionen kann zunächst halbautomatisch ein Netzentwurf generiert werden, der dann im Laufe der Entwurfsvorgänge weiter verfeinert wird. Dabei wird auch eine Zuordnung von geografischen Koordinaten, die unter anderem zur Entfernungsbestimmung bei der Gebührenberechnung benötigt werden, zu den Teilnehmer- und Knotenstandorten vorgenommen.

Mit den Verwaltungsfunktionen kann die Topologie des zu planenden Netzes hinsichtlich der vorgegebenen Zielsetzungen der Netzplanung (Optimierung der Kosten und Dienstgüte) ausgerichtet werden.

Die Ausgabe- und Auswertungsfunktionen dienen zur grafischen und tabellarischen Darstellung des Netzentwurfes. Kenngrößen des Netzentwurfes sind unter anderem Kosten für die Datenübertragung, Kosten der Netztechnik (herstellerneutrale Schätzung), Transferzeiten und Verkehrslasten.

Die Basis für die Beurteilung und Verfeinerung des Netzentwurfs bilden Kenngrößen und Statistiken des Entwurfs, die werkzeugunterstützt generiert werden können. Einige dieser Kenngrößen und Statistiken sollen im folgenden erläutert werden: Die Routing-Tabellen beschreiben, über welche Vermittlungsknoten ein Ziel erreicht werden kann. Sie dienen unter anderem dazu, logische Verbindungen im Netz nachzuvollziehen. Netplan prüft bei der Generierung dieser Tabellen, ob der vorliegende Netzentwurf zusammenhängend ist oder ob isolierte Teile des Netzes existieren.

Mit einer Hop-Statistik können vor allem Aspekte der Qualität eines Netzes beurteilt werden. Dabei wird als "Hop" die Anzahl der Übermittlungsabschnitte (Strecke zwischen zwei Knoten) in einer Netzverbindung bezeichnet. - Eine weitere Kenngröße ist die Knotenauslastung in transferierten Bytes oder Datenpaketen pro Sekunde. Mit diesen Angaben lassen sich unrealistische Knotenkapazitäten im Entwurf vermeiden. Zusammen mit den oben dargestellten Routing-Tabellen dienen die Angaben der Auslastung von netzinternen Verbindungsleitungen zur Optimierung der Leitungsführung im Netz.

Mit den Informationen über netzinterne Verbindungsleitungen und über die Kenngrößen der automatisch dimensionierten Anschlußleitungen können nun die Leitungskosten beispielsweise auf Direktrufbasis, ermittelt werden. Zusätzlich nimmt das Werkzeug eine herstellerneutrale Grobabschätzung der Hard- und Softwarekosten vor (siehe Abbildung 2).

Netzoptimierung durch Ändern der Parameter

Falls eine weitere Optimierung des Netzentwurfs erforderlich sein sollte, müssen anhand von Änderungen in den Netzparametern die Eigenschaften des Netzes beeinflußt werden. Da hier teilweise gegenläufige Wirkungen auftreten, ist trotz Tool-Unterstützung eine längere Planungserfahrung unerläßlich.

Die Optimierungsparameter eines Netzentwurfs sind unter anderem:

- die Zahl der Netzknoten und Hierarchiestufen,

- die Standorte beziehungsweise Flächendeckung,

- DÜ-Dienste im Zugangsbereich (beispielsweise Telefonleitungen, ISDN),

- Leitungsgeschwindigkeit (Zugang und netzinterne Verbindungen),

- die Dimensionierung der Knotenkapazität sowie der Redundanz,

- eine stärkere Berücksichtigung von zeitlichen Abhängigkeiten des Datenflusses.

Ein Einsatz von Netz-Planungswerkzeugen mit den oben dargestellten Eigenschaften ist außer für entsprechende TK-Dienstleistungsunternehmen auch für Großanwender und Service-Provider interessant. Hier kann unter Umständen die Einbindung des Planungswerkzeuges in eine vorhandene Netz-Management-Umgebung weitere Vorteile bieten. So ist beispielsweise auf der Basis der aktuellen Topologie und der Lastdaten die Ermittlung der Auswirkungen neuer Kommunikationsbeziehungen auf das bestehende Netz möglich. Auf dieser Basis wiederum können dann die erforderlichen Erweiterungen und die voraussichtlichen Auswirkungen auf die Kostenstruktur dargestellt werden.

Darüber hinaus ist die Untersuchung von Auswirkungen geplanter Netzänderungen - etwa im Trunk- und Knotenbereich - im Vorfeld möglich. Die Integration des Netz-Planungswerkzeuges - auch in ein vorhandenes Netz-Management-System - wird erleichtert durch ein portables Programmpaket, das zusammen mit der verwendeten Datenbank auf einem herstellerunabhängigen Betriebssystem ablauffähig ist.