Bisher Unterstützung von 40 Herstellern

Netscape will Internet-Standard für Verzeichnisdienste etablieren

10.05.1996

Es scheint, als könnte sich das Internet nach der Durchsetzung eines universellen Clients (Web-Browser) auch bei Directory-Services als Standard-Setzer hervortun. Während Verzeichnisdienste im LAN noch eine Rarität sind und Softwarefirmen ihre Kunden jahrelang bis zur Fertigstellung solcher Services vertrösten, scheint die Netscape-Initiative in absehbarer Zeit konkrete Ergebnisse zu bringen.

Beim Vorstoß von Netscape geht es um das "Lightweight Directory Access Protocol" (LDAP), das vom "Directory Access Protocol" des X.500-Directory-Standards abgeleitet wurde. Wie sein Name schon verrät, umfaßt es nur einen Teil des X.500-Funktionsumfanges. Es ist daher leichter zu implementieren und geht schonender mit den Ressourcen des Clients um. Sein vornehmlicher Zweck soll darin bestehen, den Datenaustausch zwischen verschiedenen Verzeichnisdiensten zu gewährleisten. Mit Hilfe von LDAP können auch proprietäre Directory-Services wie jene von Novell oder Banyan synchronisiert werden.

Der schnelle Vorstoß für ein Standardprotokoll wurde für Netscape erst durch die Pionierarbeit der Universität Michigan möglich. Dort hatten Forscher bereits das Protokoll für den internen Gebrauch implementiert. Sie wurden nun von Netscape abgeworben und sollen maßgeblich an der Entwicklung des "Netscape Directory Servers" mitwirken. Dieser soll Ende September auf den Markt kommen und für Windows NT und Unix angeboten werden. Geplant sind Directory-Services mit hierarchischen Einträgen, Unterstützung für Text, Grafik und andere Datentypen sowie Zugriffskontrollen. Nach der Vorstellung von Netscape sollen Unternehmen damit Informationen verwalten, die sowohl im Internet als auch im Intranet abgelegt sind. Dazu zählen Benutzernamen, E-Mail-Adressen oder Verschlüsselungsdaten.

Nicht berücksichtigt hat Netscape bei der Initiative den Erzrivalen Microsoft. Ein Vertreter des kalifornischen Herstellers meinte zwar, man habe die Gates-Company nicht absichtlich ausgeschlossen. Aber es ging Net- scape wohl darum, Microsoft zu überrumpeln. Im nachhinein wurde nun der Windows-Hersteller eingeladen, sich der Initiative anzuschließen. Dieser zeigte sich allerdings verschnupft über die Vorgehensweise der Kalifornier und präsentierte sich als Freund offener Standards. Nach Meldungen aus Redmond soll die nächste Version des Mail-Systems "Exchange" das LDAP beinhalten.