CeBIT '98 Durchbruch für Handhelds auf breiter Flur

Nehmen Sie Ihre Daten doch einmal selbst in die Hand

06.03.1998

3Com (Ex U.S. Robotics) präsentiert auf seinem Stand (Halle 11, Stand B62) den neuesten Zuwachs in seiner "Palm-Pilot"-Familie. Seinen Namen will man offiziell erst direkt zur Messe verraten, um die Spannung bis dahin aufrechtzuerhalten. Das vorab zugesandte Foto verrät allerdings schon die Bezeichnung "Palm III". Technisch unterscheidet sich das Gerät vor allem durch mehr Arbeitsspeicher (2 MB), den Umstieg auf Flash-ROM-Technik sowie eine Infrarot-Schnittstelle von den bereits bekannten Modellen ("Palm Pilot Personal/Professional"). Auch das Design wurde kräftig überarbeitet - 3Com-Sprecher Oliver Schwartz vergleicht das mit einem "Sprung vom Golf III zum Golf IV". Die Infrarot-Schnittstelle soll weniger der Datensynchronisation mit dem Host-PC als vielmehr dem Abgleich mehrerer Pilots untereinander dienen. Besonders erfreulich für die Besitzer älterer Modelle: Der Hersteller bleibt seiner Philosophie treu und bietet wieder ein Upgrade an, mit dem auch Altgeräte die neuesten Features nutzen können. Allerdings wird damit nur das Innenleben auf den neuesten Stand gebracht. Wer auf ein hintergrundbeleuchtetes Display und das neue Design nicht verzichten kann, dem bleibt ein Neukauf nicht erspart. A propos: Knapp 900 Mark wird der jüngste Pilot kosten, der ab Mai 1998 verfügbar sein soll. Die beiden Vorgänger werden dafür billiger (700 beziehungsweise 500 Mark) und bekommen zusätzlich eine CD mit 200 MB Shareware spendiert.

Am 3Com-Stand tummeln sich auch die Entwickler der amerikanisch-französischen Softwareschmiede Smartcode Software Inc., die ihre komplette Palette von Kommunikationsanwendungen (Fax: "Handfax"; E-Mail: "Handstamp, Handstamp Professional"; WWW: "Handweb"; Short Messaging System) für die Pilot-Rechner zeigt.

Mit im Boot von 3Com sitzt auch IBM (Halle 1, Stand 5d2). Das Unternehmen präsentiert - eventuell erst ab Samstag - sein "Workpad", eine reine OEM-Version des neuesten Pilot (s.o.) erstmals in Europa. In den USA war bereits seit einiger Zeit der Palm Pilot Professional unter dem gleichen Namen erhältlich; hierzulande hat Big Blue die neue Hardware abgewartet, um die Anwender nicht schon nach kurzer Zeit mit einer neuen Version zu verärgern.

Als Rivalen zum Pilot hat Texas Instruments (Halle 12, Stand C15) seinen "Avigo" konzipiert. Im Paket mit dem "Organizer 97" von Lotus kostet das Gerät keine 600 Mark, bietet dabei aber ähnliche Eigenschaften. Das Display ist größer als beim 3Com-Handheld und kann seine Inhalte auf Wunsch auch um 90 Grad gedreht darstellen. Leider hat der Hersteller bislang für Entwickler lediglich die Programmier-Schnittstelle für die Anbindung von Desktop-Software offengelegt. So wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis auch für den Avigo eine solche Fülle von Third-Party-Applikationen vorliegt, wie sie der Palm Pilot aufweisen kann.

Den wohl kleinsten Handheld präsentiert Franklin Quest (Halle 13, Stand G39) mit dem "Rex PC Companion". Das gerade einmal scheckkartengroße Gerät verfügt allerdings über keinerlei Eingabefunktionen, die Daten müssen komplett am PC erfaßt werden. Der Rex selbst ist als PC-Karte ausgelegt und kann so einfach mit einem Notebook oder einem Desktop-System mit PC-Karten-Einschub synchronisiert werden. Der Speicher des in den USA 180 Dollar teuren Winzlings bietet Platz für bis zu 3000 Termine, Adressen oder Aufgaben, die auf einem LC-Display mit neun Zeilen ê 32 Zeichen dargestellt werden. Die Stromversorgung erfolgt über handelsübliche Knopfbatterien, die laut Hersteller ein halbes Jahr halten. Zum Lieferumfang des Rex gehört eine speziell angepaßte Personal-Information-Management-(PIM-)Software aus dem Hause Starfish, die auch einen Datenaustausch mit praktisch allen gängigen Konkurrenzprodukten ("Act!", "Outlook 97", "Lotus Organizer" oder "Schedule+") ermöglicht.

Bei Microsoft dreht sich im Handheld-Bereich alles um das Betriebssystem "Windows CE 2.0". Ein Besuch auf dem Stand des Software-Riesen (Halle 2, Stand D02) erspart dem fußkranken Messebesucher hoffentlich den Weg zu zahlreichen Hardware-Anbietern, die auf das Mini-Betriebssystem aus Redmond setzen. Zu den Anbietern von Handheld-PCs zählen unter anderem Casio, Sharp, Philips, Compaq, Hewlett-Packard sowie LG Electronics, die ihre Geräte wohl allesamt auch auf den eigenen Ständen vorstellen.

Beispielhaft für das CE-2.0-Angebot steht an dieser Stelle der "Cassiopeia A-20" von Casio (Halle 1, Stand 7e10), der als erster Handheld-PC mit deutschem 2.0-Betriebssystem bereits zur Systems 1997 debütierte.

Mit je 8 MB Arbeitsspeicher und ROM besitzt das knapp 1600 Mark teure Gerät eine ähnliche Ausstattung wie die meisten vergleichbaren Konkurrenzsysteme. Zur Grundausstattung des Casio-Minis gehören ein PC-Karten- und ein Compact-Flash-Steckplatz ebenso wie eine Infrarot-Schnittstelle. Weitere Extras sind eine Anschlußmöglichkeit für die hauseigenen Digitalkameras sowie ein integrierter digitaler Audiorekorder. Allerdings fällt das Display mit seiner Auflösung von 640 x 240 Pixel und lediglich vier Graustufen bereits gegenüber der Konkurrenz zurück, die teilweise schon 16 Graustufen oder gar 256 Farben einsetzt (etwa Compaqs "PC Companion", Halle 13, Stand C14).

Den neuen Pilot-Rivalen "Palm-PC" sowie den ebenfalls mit Windows CE betriebenen "Auto-PC", beide Highlights der letzten Consumer Electronics Show in Las Vegas, hat die Gates-Company offiziell nicht im CeBIT-Programm. Es lohnt sich aber in jedem Fall, auch nach diesen beiden Neuheiten Ausschau zu halten - die Messe ist immer für eine Überraschung gut. So dürfte bei Philips (Halle 12, Stand C54) neben dem bereits bekannten Handheld-PC "Velo" auch erstmals der "Nino 300" zu sehen sein, der dem "Palm PC" schon sehr nahe kommt. Bei dessen handlichem Format ist die Anlehnung an den Palm Pilot unverkennbar. Wie alle künftigen Palm-PCs arbeitet der Nino mit Windows CE 2.0 als Betriebssystem. Preise und Verfügbarkeit in Europa sind bislang nicht bekannt.

Ein wenig außer Konkurrenz läuft der "Libretto 100CT" von Toshiba (Halle 13, Stand E51). Der japanische Hersteller bezeichnet sein Gerät, das nicht größer als die meisten Handheld-PCs unter Windows CE ist, mit Recht als "Mini-Notebook". Immerhin bietet der Winzling in seiner brandneuen Version einen Pentium MMX mit 166 Megahertz, 32 MB RAM, eine 2,1-GB-Festplatte und ein TFT-Display mit 7,1 Zoll Diagonale (800 x 480 Pixel). Infrarot- und PC-Karten-Schnittstelle sind integriert, weitere Anschlüsse bieten der mitgelieferte Port Replicator sowie eine optionale "Mini Card Station". Der Libretto 100CT arbeitet mit normalem Windows 95, läuft mit einer Akkuladung zwei bis vier Stunden und kostet 4900 Mark.

Der Besuch bei Apple (Halle13, Stand C28) ist wohl nur noch ein Tip für Nostalgiker: Es mehren sich die Gerüchte, daß der Hersteller die Newton-Linie sterben läßt. Das aktuelle deutsche "Message Pad 2100" wurde aus der Preisliste entfernt, Bestellungen werden nicht mehr angenommen. Wer auch mit der US-Variante vorlieb nimmt, dem gewährt der Hersteller derzeit noch einen Rabatt von zehn Prozent. Dafür bekommt ein Anwender immer noch einen Funktionsumfang, den man anderswo vergeblich suchen muß. In den 8 MB ROM sind bereits die Standardanwendungen (darunter Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, PIM- und Kommunikationssoftware) untergebracht, für Daten und Programme des Benutzers stehen weitere 4 MB DRAM und zusätzlicher Flash-Speicher bereit. Wie ein "vollwertiger" Mobil-PC besitzt der Newton PC-Karten-Steckplätze und eine Infrarot-Schnittstelle. Besonderes Highlight ist das hochauflösende, 12,5 x 8,4 Zentimeter große Display mit 16 Graustufen, das im Hoch- oder Querformat zu benutzen ist.

Für Anwender, die häufig große Textmengen eingeben müssen, ist als Zubehör ein externes Keyboard erhältlich. Ansonsten überzeugt die leistungsfähige Handschrifterkennung. Last, but not least ein Hinweis für alle, die Apple für eine exotische Plattform halten: Das Message Pad 2100 arbeitet mit PCs unter Windows genauso reibungslos zusammen wie mit Macintosh-Systemen.

Ebenfalls in der preislichen Oberliga spielt die "Serie 5" von Psion (Halle 13, Stand C37), die ab 1500 Mark zu haben ist. Zwar kann der britische Hersteller heuer keine echten Hardwareneuheiten präsentieren, aber die hervorragende Tastatur der Serie 5 steht weiterhin allein auf weiter Flur.Das eigenentwickelte 32-Bit-Betriebssystem "Epoc 32" wurde seit der vergangenen CeBIT wie versprochen um die - kostenlose - Kommunikationssoftware für E-Mail und Web-Zugang ergänzt. Die ansonsten mitgelieferten Applikationen besitzen eigene Dateiformate, der Hersteller liefert aber eine Fülle von Konvertern zu gängigen Office-Paketen mit. Weiterhin hat Psion auch die bewährte "Serie 3" sowie den kompakten Organizer "Siena" im schicken Designerkleid im Programm.