NCR-Exitus mit Parallelen Dieter Eckbauer

28.01.1994

E s bleibt offen, wie das Urteil der Geschichte ueber NCR ausfaellt, wie spaetere DV-Generationen einen Anbieter einstufen werden, der Ende des vorigen Jahrhunderts als "National Cash Register", als Kassenhersteller, begonnen hatte, in den 70er Jahren dann neben Burroughs, Univac, Control Data und Honeywell zur sogenannten BUNCH, einer Horde von IBM-Gegnern im General-Purpose- Computermarkt gezaehlt wurde, um Anfang der 90er Jahre schliesslich als Juniorpartner im AT&T-Konzern aufzugehen. Die Computerfirma NCR existiert nicht mehr. Die Tochter des Telefonmultis heisst nun "AT&T Global Information Services" (Seite 1). "Kundenorientierte Strategie" und "kundenfokussierte Teams" - mit diesen Spruechen wirbt AT&T fuer die neue Marschrichtung des Unternehmens: Integration von Informationsverarbeitungs- und Kommunikationsloesungen.

Erfolge oder Misserfolge des DV-Herstellers NCR, in seiner Angebotsstruktur wohl am ehesten mit der frueheren Nixdorf Computer AG vergleichbar, wird man nicht mehr isoliert bewerten koennen - auch das bedeutet die Namensaenderung, mit der ja ein Konzernumbau einhergeht. Eines ist jetzt schon klar: Enttaeuschung folgte auf eine Uebernahme, von der sich der amerikanische Telefonriese viel versprochen hatte. Auch hier zeigen sich Parallelen zur Siemens- Nixdorf-Situation. Das schlechte Abschneiden ihrer Tochter NCR im Computergeschaeft zwang nun die Mutter AT&T zu Korrekturmassnahmen.

Bei der AT&T-NCR-Transaktion sollten die Fehler frueherer DV- Fusionen vermieden werden, kamen doch zwei zusammen, die brauchten, was der Partner besass: NCR den Servicearm in den internationalen Computermaerkten, AT&T das Netzwerk eines weltweit fuehrenden Telekommunikationsanbieters. Da wuerde zusammenwachsen, was zusammengehoert. Auf dem Fusionspapier sah das zwar bestechend aus, doch die Rechnung konnte nicht aufgehen, weil das Engagement den Kunden nicht deutlich machte, welche Vorteile sich daraus ergeben wuerden.

Loesungen, die Synergieeffekte bringen, muessen durchsetzbar sein. Weder im Telekommunikations- noch im Computermarkt kann davon die Rede sein; vieles faellt noch unter die Hoheit nationaler Postgesellschaften oder ist, wie im DV-Markt, proprietaer. Fuer den fruehen Unix-Bekenner NCR wirkte sich das besonders nachteilig aus. Bereits Anfang der 80er Jahre hatte sich der einstige Kassenkroesus auf eine postproprietaere IT-Aera eingestellt, in der Lock-in- Systeme vom Markt verschwinden wuerden. Durch halsbrecherische, weil zu radikale Konzepte von einer durchgaengigen Mikroprozessor- Architektur manoevrierte sich NCR selbst in eine Missionarsecke, ueberliess Hewlett-Packard, Sun, IBM und anderen das Client-Server- Terrain.

Radikal nun auch die AT&T-Abkehr vom herkoemmlichen IT-Geschaeft: Man konzentriert sich auf internationale Netzwerkanwender, fuer die die Verbindung von Telekommunikation und Computer im Vordergrund steht. Fuer diese Kunden werden speziell zusammengesetzte Teams taetig: ein Vorbild auch fuer den Siemens-Konzern?