Kein Standard-Betriebssystem, aber offene Architektur:

NCR-Abteilungsrechner kopieren lBM Konzept

18.03.1988

MÜNCHEN (CW) - Eine neue Midrange-Systemfamilie tritt bei NCR die Nachfolge der Baureihe 9X00 an. Die vier Modelle des neuen Systems 10 000 sollen als Abteilungsrechner fungieren und 16 bis 1000 Arbeitsplätze bedienen. Zwei Zielmärkte hat das Unternehmen für die Maschinen ausgemacht: den OEM-Bereich über System- und Softwarehäuser sowie Endkunden mit hohen Transaktionsanforderungen.

Die Maschinen laufen ausschließlich unter dem NCR-eigenen Betriebssystem ITX. Die Ausstattung mit Softwareentwicklungstools, die Konnektivität über Standard-schnittstellen und die offene Architektur mit der Möglichkeit zur Clusterbildung und zur verteilten Datenverarbeitung erschlössen aber nach Ansicht der NCR-Marketingstrategen dem Anwender die gleichen Vorteile wie dem Benutzer eines Unix-Systems, ohne den Vorteil einer auf die Hardware optimierten Systemsoftware aufgeben zu müssen.In der aktuellen NCR-Produktpolitik sind Anlehnungen an Erfolsgrezepte des Marktführers zu beobachten: Auch die IBM setzt auf Original-Betriebssysteme, etwa bei dem Abteilungs-rechner 9370 und verhält sich Unix gegenüber abwartend.

Zu den Softwaretools, die NCR (gegen Aufpreis) für die Maschinen bereitstellt, gehören das CASE-Produkt Corvision. Dieses dient der Entwicklung von Anwendungen und steigert dabei laut NCR die Produktivität um den Faktor 3 bis 5. Weiter umfaßt NCRs Werkzeugkasten das Datenbanksystem Oracle mit der Standardabfragesprache SQL und ITX Windows, eine auf dem Microsoft-Produkt gleichen Namens fußende Anwendungs- und Programmierumgebung. Für Anwender auf Sachbearbeiterebene konzipiert sind ITX-Query und ITX-Büro, die laut NCR eine nahtlose Form der PC-Host-lntegration bieten sollen. Anwendungen, die mit den genannten Tools sowie einer Reihe herkömmlicher Programmiersprachen erstellt wurden, sind auf alle NCR-Mehrplatzsysteme portierbar. Die Portabilität erstreckt sich, so NCR, auch auf Maschinen anderer Hersteller, soweit diese die genannten Tools ebenfalls implementiert haben.

Die Kommunikation mit anderen Rechnern folgt den OSI-Standards X.25, X.29 und X.400. Außerdem ist im Rahmen von SNA die Peer-topeer-Kommunikation ebenso möglich wie APPC und weitere Verfahren. Die unmittelbare Konnektivität auf Hardwareebene basiert auf dem Multibus und der SCSI-Peripherieschnittstelle. Bis zu vier Maschinen lassen sich zusammenkoppeln.

Die vier Rechner rangieren preislich etwa zwischen 80 000 und 750 000 Mark. Die kleinste Ausgabe das Modell 35, enthält 2 bis 4 Megabyte Arbeits- und 135 MB Massenspeicher; unterstützt werden bis zu 16 Terminals. Im Grundpreis (2 MB RAM, 4 Bildschirmanschlüsse) sind das Betriebssystem und die Kommunikationssoftware enthalten. Über die Modelle 55 und 65 mit Anschlußmöglichkeiten für 198 beziehungsweise 760 Terminals besteht ein Wachstumspfad für Anwender mit Expansionswünschen. Das Flagg- schiff stellt das Modell 75 dar, das maximal 1000 Bildschirme unterstützen soll und 8 bis 128 MB Arbeitsspeicher sowie eine Festplatte von 405 MB beherbergt. Das Modell 35 ist kurzfristig lieferbar; die weiteren Typen will NCR bis zur Jahresmitte auf den Markt bringen.