Nach der Fusion

Navision-Damgaard führt Produktlinien vorerst weiter

08.12.2000
MÜNCHEN (CW) - Die Fusion der dänischen ERP-Anbieter Navision und Damgaard wird nach Unternehmensangaben zunächst nicht zur Einstellung von Produkten führen. Unterschiedliche Positionierungen sollen Konkurrenz zwischen den einzelnen Lösungen vermeiden.

Die Übernahme von Damgaard durch Navision kam plötzlich. Alfons Rieksneuwöhner, Geschäftsführer des Navision-Partners BOG: "Wir wurden von der Entwicklung überrascht und können noch gar nicht sagen, inwieweit die Fusion unser Projekt beeinflussen wird." Die Systematics-Tochter BOG Koblenz betreut eines der größten Navision-Projekte in Deutschland beim Kunden Opel.

Big Player im MittelstandAm 21. November haben Navision und Damgaard ihre bevorstehende Fusion rückwirkend zum 1. Juli offiziell bekannt gegeben. Der Deal macht Navision-Damgaard zu einem Big Player im Mittelstandsmarkt mit weltweit rund 120 000 Installationen, 2000 Geschäftspartnern und über 1000 Arbeitsplätzen, von denen allerdings voraussichtlich etwa 100 abgebaut werden. Nach dem Willen von Jesper Balser und Preben Damgaard an der Unternehmensspitze wollen die Dänen jährlich 37 Millionen Mark einsparen. Laut Ansicht von Analysten wird das nur mit einer Konsolidierung der Produktpalette möglich sein.

Navision Damgaard will jedoch künftig unter einem Firmendach drei verschiedene ERP-Lösungen für den Mittelstand anbieten. "Navision Solutions" - vormals "Navision Financials" - ist für Unternehmen mit fünf bis 300 Benutzern gedacht, "Damgaard Axapta" soll den gehobenen Mittelstand und Großunternehmen mit bis zu 1000 Usern abdecken.

Im unteren Marktsegment soll "Damgaard XAL" (früher "Concorde XAL") eine preisgünstige Alternative für Unternehmen mit fünf bis 25 Usern darstellen. Diese Differenzierung der Produkte rein nach der durchschnittlich angestrebten Installationsgröße erklärt jedoch kaum, warum Navision-Damgaard drei ERP-Produkte getrennt voneinander mit entsprechend hohem Kostenaufwand weiterentwickeln und pflegen will. Zumal mit Navision Solutions 3.0 die Begrenzung der Userzahl wegfallen soll. Das jedenfalls wurde nach Aussage von Rieksneuwöhner erst kürzlich gegenüber BOG Koblenz und Opel versichert.

Jesper Bowman, Geschäftsführer Navision-Damgaard Deutschland, weist darauf hin, dass die Produkte sich technisch und funktional unterscheiden: "Axapta ist etwa im SQL-Bereich weiter als Solutions und bietet insgesamt mehr Funktionalität. Andererseits liegt Solutions vorn, wenn es um die Web-Fähigkeit, den schlanken Client geht."

Ein eher pragmatisches Argument für die Fortführung der Produkte liefert Hans Peter Bech, Vice President Europe des neuen Unternehmens: "Wir müssen die Produkte sowieso noch einige Jahre pflegen, schon aufgrund bestehender Verträge mit unseren Kunden. Wir haben in Deutschland derzeit etwa 1000 XAL- und 5500 Solutions-Anwender - wir könnten auch dann nicht einfach ein Produkt einstellen, wenn wir wollten."

Außerdem werde die Konkurrenz zwischen den Produkten dadurch entschärft, dass sie ausschließlich über Partner vertrieben würden, die in der Regel einen klaren Marktfokus hätten, zu dem entweder das eine oder das andere Produkt besser passe. Partner, die mehr als ein Navision-Damgaard-Produkt anbieten, gebe es nicht und werde es auch in Zukunft kaum geben, meint Bech. Nur sehr große Organisationen wie etwa die erst kürzlich gewonnene Triaton GmbH kämen dafür in Frage, weil nur sie die benötigten Kapazitäten hätten.

Fusion soll Kosten sparen helfenEs bleibt aber die Frage, wo das Unternehmen die mit der Fusion angestrebten Kosteneinsparungen und Synergieeffekte erzielen will. Hier führt Bech vor allem Marketing und Verwaltung an: "Buchhaltung, Rechts- und Marketing-Abteilung hatten wir bislang doppelt. Hier können wir sparen, sowohl in Deutschland, als auch auf internationaler Ebene." Und Sven Buck, Marketing-Leiter der Navision-Damgaard Deutschland GmbH, meint: "Auch wenn wir alle drei Produkte fortführen, können wir im technischen Bereich Einsparungen erzielen, weil wir beispielsweise zukünftig nicht mehr zwei verschiedene Teams abstellen müssen, die sich mit neuen Technologien beschäftigen."

Der im Zusammenhang mit der Fusion angekündigte Stellenabbau wird sich laut Bech in Deutschland kaum auswirken. Nur etwa fünf Stellen könnten eingespart werden. Bech versicherte ferner, dass die beiden deutschen Standorte erhalten bleiben, allerdings würden einige Stellen im Verwaltungsbereich von Böblingen nach Hamburg verlegt.