300 Mitarbeiter wechseln die Seiten

Natsemi verkauft Cyrix an Chipset-Hersteller Via

09.07.1999
MÜNCHEN (CW) - National Semiconductor (Natsemi) hat den Kampf gegen den Erzrivalen Intel aufgegeben. Für eine nicht genannte Summe verkauft das Unternehmen seine erst 1997 erworbene Tochter Cyrix an den taiwanischen Chipset-Hersteller Via Technologies.

Rund 300 ehemalige Cyrix-Mitarbeiter werden im Rahmen der Transaktion die Seiten wechseln, erklärte Natsemis CEO Brian Halla. Am Standort Longmont im US-Bundesstaat Colorado sollen 160 Angestellte verbleiben. Natsemi will dort Chips für sogenannte Information Appliances entwickeln, einfache tragbare Computer, die in erster Linie für den Zugang zum Internet ausgelegt sind.

Via Technologies erklärte in einem kurzen Statement, die Produktlinien von Cyrix weiterzuentwickeln und zu vermarkten. Details zu der Transaktion wollen die Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeben.

Die Entscheidung Natsemis kam nicht überraschend. Nach wiederholten hohen Verlusten kündigte Halla im Mai dieses Jahres an, den seiner Ansicht nach aussichtslosen Kampf gegen den Prozessorkrösus aus Santa Clara aufzugeben und die Cyrix-Sparte entweder zu verkaufen oder zu schließen. Dafür hatte er eine Frist bis zum 30. Juni 1999 gesetzt.

National Semiconductor hatte Cyrix erst im Juni 1997 übernommen. Nicht wenige Beobachter sahen seinerzeit einen ernstzunehmenden Konkurrenten für Intel im Markt für Low-end-PC-Prozessoren entstehen. Dem unerbittlichen Preiskampf in diesem Segment war Natsemi aber offenbar nicht gewachsen. Nach Ansicht von Analysten wird der Konzern für Cyrix wahrscheinlich nicht mehr als 350 Millionen Dollar erhalten. Der Kaufpreis im Jahr 1997 lag bei 550 Millionen Dollar.

Ungeklärt ist bislang noch das Schicksal der Halbleiterfabrik in Maine, South Portland, die Natsemi ebenfalls veräußern wollte. Nachdem Via diese Fertigungsstätte nicht übernimmt, gab es wiederholt Gerüchte, die Taiwanese Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) habe Interesse angemeldet. Bei Natsemi will man dazu nicht Stellung nehmen.

Wie die Zukunft von Cyrix unter dem Dach Vias aussehen wird, ist ungewiß. Branchenexperten wie Michael Feibus von der US-amerikanischen Mercury Research glauben, Cyrix könne nach dem Deal eine zweite Chance im Wettbewerb mit Intel erhalten. Mit der Kombination von Cyrix'' CPUs und den eigenentwickelten Via-Chipsets könne der Anbieter potentiellen Intel-Kunden eine interessante Alternative im Segment der Billig-PCs offerieren.

In der Tat vermag Via mit seinen Chipsets gerade im Zusammenspiel mit Cyrix-Prozessoren einige Erfolge vorzuweisen. So verwendet beispielsweise Compaq diese Kombination in seinen Consumer-PCs. Chancen können sich die Taiwaner nach Einschätzung von Experten auch im Bereich der sogenannten Free-PCs ausrechnen. Unternehmen wie E-Machine, die PCs kostenlos gegen bestimmte Nutzerinformationen anbieten, würden häufig auf preisgünstige Cyrix-Prozessoren mit Via-Chipsets zurückgreifen.

"Die gute Nachricht ist, daß jemand Cyrix gerettet hat", kommentierte Linley Gwennap, Herausgeber des "Microprocessor Report" im kalifornischen Sebastopol. Hätte Natsemi die Cyrix-Sparte einfach geschlossen, wären mit AMD und Intel nur noch zwei Anbieter von PC-Prozessoren übriggeblieben.

Schon vor der offiziellen Bekanntgabe der Übernahme von Cyrix hatte sich die Gangart Intels gegenüber Via verschärft. Der Prozessorriese kündigte ein seit November 1998 bestehendes Lizenzabkommen, das es Via gestattet hatte, Chipsätze für Intels Pentium-II-CPUs zu bauen.

Nach Ansicht von Branchenkennern dreht sich der Streit aber hauptsächlich um die neuen schnelleren "PC-133"-Speichermodule des taiwanischen Halbleiterherstellers.

Während Via Technologies und andere Unternehmen ankündigten, in Kürze Chipsätze für den neuen Standard vorzustellen, hinkt Intel mit seinem eigenen "Rambus"-Projekt hinterher. Der dafür notwendige "Camino"-Chipsatz wird erst Ende des Jahres erwartet. Mit der Anklage wolle der Chipriese den konkurrierenden PC-133-Standard torpedieren, glauben Insider.

Die Anklage ist Intels erste juristische Offensive, seitdem die amerikanischen Kartellbehörden gegen den Chipgiganten ermitteln. Kenner der Szene argwöhnen, daß erst dieses Verfahren Intel dazu bewogen hatte, überhaupt Lizenzrechte an andere Unternehmen wie zum Beispiel Via zu vergeben, um die US-Aufsichtsbehörde zu besänftigen.