Naiin: Boom beim Cyberbetrug durch Phishing

04.09.2006
Von Dorothea Friedrich
Die Kriminalität im Internet nimmt rapide zu. Die von der deutschen Internet-Wirtschaft gegründete Initiative "No abuse in internet" (Naiin) ging in den Jahren 2000 bis 2005 mehr als 126.000 Hinweisen auf illegale Online-Aktivitäten nach. Daraus resultierten insgesamt 15.640 Ermittlungsverfahren.

Das geht aus dem Fünfjahresbericht hervor, den die Initiative kürzlich in Berlin vorgestellt hat. Die Naiin-Beschwerdestelle "Netwatch" bearbeitete demnach allein im vergangenen Jahr 51.300 Beschwerden von Internet-Nutzern. Im Jahr 2004 waren es noch 30.260. Vor allem das so genannte Phishing, bei dem Internet-Nutzer unter Vortäuschung falscher Tatsachen zur Herausgabe von Online-Banking-Daten und Kennwörter verleitet werden, sorgte in den vergangenen zwei Jahren für einen regelrechten Boom beim Cyber-Betrug.

Nicht nur Musik und Filme werden im Internet illegal gehandelt, sondern auch Raubkopien von Software - darunter Computeranwendungen und -spiele. EU-weit verursacht diese Art des Diebstahls geistigen Eigentums einen Schaden von mehr als zwölf Milliarden US-Dollar jährlich. In der Bundesrepublik entsteht der Software-Industrie laut Naiin mit zirka 1,9 Milliarden US-Dollar der zweithöchste Schaden innerhalb Europas. Frankreich führt das Ranking in der EU an. Die EU rangiert im weltweiten Vergleich auf Platz eins - noch vor Asien. Damit übertrifft der Staatenbund selbst die Vereinigten Staaten um einiges.

Ein besonders schmutziges Geschäft, nämlich der Handel mit Kinderpornografie, führt allerdings die Liste der Beschwerden mit 57 Prozent an. Ein Viertel der Hinweise (24 Prozent) behandelte rechtsextremistische Ausschweifungen - vorwiegend in Diskussionsforen. Weitere Problemfelder stellen sexuelle Übergriffe auf Kinder, Jugendschutzverstöße sowie diverse Betrugsformen dar.

"Wir bemühen uns erfolgreich, uns dieser Entwicklung im Bereich der Internet-Straftaten entgegenzustellen. Dennoch müssen wir auch in den nächsten Jahren von einem weiteren Kriminalitätsanstieg ausgehen", sagte Naiin-Geschäftsführer Dennis Grabowski. Er gibt der Politik eine Mitschuld an der Entwicklung. "Die Politik hat es bislang versäumt, durch geeignete Maßnahmen ein Umfeld zu schaffen, in denen ein effizientes Vorgehen gegen Straftaten im Internet möglich ist."

Von der großen Koalition habe sich die Initiative mehr erwartet. Ohnehin spiele das Internet in der politischen Diskussion nicht die Rolle, die es bereits in der Gesellschaft und Wirtschaft innehat, meinte der Naiin-Geschäftsführer. Wo es in der Politik mangelt, will die Initiative ansetzen. Vor allem international hat Naiin erheblich aufgerüstet und europäische Strukturen aufgebaut. In Kürze soll auch die Beschwerdestelle der Einrichtung mehrsprachig verfügbar sein und so als Anlaufstelle für alle europäischen Internetnutzer dienen, die auf strafbare Inhalte im weltweiten Datennetz stoßen.