Nach zehn Jahren beginnt eine neue Aera des Macintosh Der schwierige Schritt von CISC auf die RISC-Architektur

28.01.1994

MUENCHEN (kk) - Apple feierte auf der diesjaehrigen Macworld in San Franzisko das zehnjaehrige Jubilaeum der Macintosh-Rechner, doch will man den richtigen Zeitpunkt fuer eine Erneuerung nicht verpassen. Schon bereitet sich die Spindler-Company auf den Wechsel von Motorolas 68xxx-CISC-CPU auf den Power-PC aus der Gemeinschaftsentwicklung mit IBM und Motorola vor.

RISC-Prozessoren stellen fuer den Verantwortlichen der Apple-Soft- Division, David Nagel, zusammen mit objektorientierter Programmierung und dem Client-Server-Modell die drei Eckpfeiler fuer den faelligen Paradigmenwechsel in der Computerindustrie dar. Insider schaetzen, dass Apple die Aera der Mac-Rechner mit Power-PC- CPU in zwei Monaten mit der offiziellen Vorstellung der neuen Produktlinie einlaeuten wird.

Obwohl die Firma danach noch mindestens zwei Jahre lang Macintoshs mit 68xxxer-Prozessor anbieten will, soll dieses Jahr bereits eine Million Geraete mit der RISC-Architektur ausgeliefert werden. Auf Dauer will Apple zum groessten Lieferanten von RISC-Rechnern arrivieren. Zum Einsatz kommen zunaechst Prozessoren vom Typ Power- PC 601, den IBM momentan bei Abnahme von 1000 Stueck zum Preis von 450 Dollar anbietet.

Aktuell gibt es den Chip mit 50 oder 66 Megahertz Taktfrequenz. Beide Varianten stellen allerdings nur das untere Ende des Leistungsspektrums der Apple-Motorola-IBM-Gemeinschaftsentwicklung dar. So kuendigte Motorolas Marketing-Direktor Phil Pompa bereits in der zwei- ten Januarwoche die Freigabe eines mit 80 Megahertz getakteten 601 an.

Im dritten Quartal 1994 soll mit dem Power-PC 603 eine Stromspar- CPU auf den Markt kommen - man erwartet Preise um die 300 Dollar - , die Apple fuer die zukuenftigen Powerbook-Kleinrechner verwenden wird. Motorola plant, in rascher Folge die Produktpalette der Power-PC-Prozessoren zu komplettieren. Der 604-Chip, eine Abwandlung des 601 mit hoeherer Leistung, soll ebenfalls noch 1994 in Produktion gehen. Fuer das erste Halbjahr 1995 ist dann die Einfuehrung des 64-Bit-Power-PCs 620 geplant. Die Apfel-Manager haben sich schon jetzt zum Einsatz all dieser Prozessoren verpflichtet. Michael Slater, Herausgeber des "Microprozessor Report", schaetzt, dass die Power-PC-Preise deutlich sinken muessen, damit Apple die Preisvorstellungen fuer die neuen Macs von 1000 bis 2000 Dollar einhalten kann.

Die CISC-Technik naehert sich ihrem Ende

Intel, der Hauptanbieter von PC-Rechenwerken, reagierte mit Anzeigen in Macintosh-Fachzeitschriften wie der "Macworld" auf Apples globalen Einstieg in die Power-PC-Architektur. Schon vor ein paar Wochen senkte der Prozessormulti aus dem kalifornischen Santa Clara den 1000er-Stueckpreis fuer die 486DX2-CPU um 18 Prozent auf nun 360 Dollar und kuendigte Preisreduzierungen zwischen 14 und 18 Prozent fuer den Pentium-Chip an, der dann aber immer noch rund doppelt so teuer sein wird wie der 603-Prozessor.

Dabei geht der CISC-Technik, wie es David Nagel simplifizierend ausdrueckte, "einfach der Dampf aus". Gemeint ist damit auch die 68xxxer Serie von Motorola, die Macintosh-Maschinen bisher zum Arbeiten brachte und die den Zenit ihres Preis-Leistungs- Verhaeltnisses erreicht hat. Die Spindler-Company braucht aber aus zwei Gruenden eine preiswerte, ausbaufaehige und leistungsstarke Architektur: Einerseits, um mit anderen PC-Herstellern konkurrieren zu koennen, und andererseits, um die noetige Verarbeitungsgeschwindigkeit fuer die rechenintensiven Multimedia- Anwendungen zu erreichen, fuer die sie die Plattform bieten will. Was nuetzt aber die schoenste Hardware, wenn es an der entsprechenden Software hapert? Fuer Apple ist durch den kompletten Architekturwechsel die Frage nach der Verfuegbarkeit von dedizierter Power-PC-Software ebenso kritisch wie die nach dem Verhalten der Altsoftware auf dem neuen Chip.

Die fuer den Maerz erwarteten Rechner werden mit einer fuer den Power-PC optimierten Version von System 7 ausgeliefert werden. Dabei haben die Software-Ingenieure das Betriebssystem nicht komplett neu geschrieben, aber die wichtigsten Teile wie etwa Quickdraw, Quicktime und die Speicherverwaltung rekompiliert; der Rest laeuft vorerst noch unter einer 68000-Emulation.

Applikationen, die fuer 68xxx-Modelle entwickelt wurden, werden in der neuen CPU ebenfalls emuliert und sollen fast ohne Zeitverzoegerung ablaufen. Darueber hinaus arbeiten die Softwarehaeuser derzeit hart daran, bestehende Apple-Software auf die neue Plattform zu bringen. Mittlerweile erhoehte sich die Anzahl der Native-Power-PC-Applikationen auf 61. Apple selbst arbeitet an der vollstaendigen Umstellung des Betriebssystems, so dass in dessen zukuenftigen Versionen Native-Code schneller ablaufen wird.

Apple Computer hat sich fuer den Umstieg von der 68xxx- Prozessorreihe auf die Power-PC-CPU mit einer umfangreichen Aufruestpolitik gewappnet und bietet fuer den Upgrade auf den 601- Chip zwei verschiedene Wege an. Die Modelle Quadra 840AV, 800, 660AV, 650 und 610 sowie Centris 610, 650, 660AV, Macintosh IIvx, IIvi und Performa 600 erhalten eine neue Hauptplatine, die vom Fachhandel eingebaut wird. Fuer die Modelle Quadra 950, 900, 800, 700, 650 und 610 sowie Centris 650 und 610 besteht die Moeglichkeit, eine Prozessor-Upgrade-Karte zu erwerben, die im Processor Direct Slot (PDS) der Apple-Rechner installiert wird.

Die Preise fuer die Upgrades werden zwischen 1390 und 3990 Mark liegen.