Strategie: Logistik und Kooperationen

Nach Verlusten: J.D. Edwards stellt die Weichen für die Zukunft

03.09.1999
MÜNCHEN (hv) - Mit einem Defizit, das nicht ganz so hoch ausfiel, wie von Analysten befürchtet worden war, endete am 31. Juli 1999 das dritte Geschäftsquartal von J.D. Edwards. Die Softwareschmiede aus Denver hat sich durch Akquisitionen und Partnerschaften verstärkt, um in den künftigen Wachstumsmärkten mitzuhalten.

J.D. Edwards wies einen Nettoverlust von 33,2 Millionen Dollar oder 31 Cent je Aktie aus. Darin enthalten sind einmalige Aufwendungen, die für die Übernahmen von Numetrix und The Premisys Corp. angefallen waren. Ohne diese außergewöhnlichen Belastungen steht ein Verlust von 7,2 Millionen Dollar oder sieben Cent je Anteil zu Buche - im Vorjahr war im Vergleichszeitraum noch ein Gewinn von 18,1 Millionen Dollar erzielt worden. Angesichts der Flaute im Markt für Enterprise-Resource-Planning-(ERP-) Systeme waren die Analysten an der Wallstreet dennoch zufrieden; sie hatten von J.D. Edwards ein deutlich schlechteres Ergebnis erwartet.

Der Umsatz lag im dritten Finanzquartal bei 232,1 Millionen Dollar - ein Minus von 3,1 Prozent gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode (239,6 Millionen Dollar). Den mäßigen Zahlen zum Trotz stieg der Aktienkurs des ERP-Anbieters nach Bekanntgabe des Resultats kräftig. Grund dafür war nicht nur das Übertreffen der Analystenerwartungen, sondern auch die Ankündigung der Firma, bis zu acht Millionen Stammaktien zurückzukaufen. Außerdem hatte Chief Executive Officer (CEO) Doug Massingill wenige Wochen zuvor prophezeit, nach einem mäßigen ersten Halbjahr 1999 werde das Geschäft in den kommenden sechs Monaten deutlich besser laufen.

Das abgeschlossene Quartal war für J.D. Edwards eine Phase, in der die Weichen für ein Comeback gestellt wurden. Rund 80 Millionen Dollar in bar zahlte der Softwarekonzern aus Colorado für den Logistikspezialisten Numetrix Ltd., einen Anbieter Internet-fähiger Software für das Management von Zulieferketten (Supply-Chain-Management).

In den boomenden Markt für Customer-Relationship-Management (CRM) stieg J.D. Edwards nicht über ein eigenes Angebot, sondern über eine enge Partnerschaft mit Marktführer Siebel Systems ein. Auf fremde Hilfe verläßt sich CEO Massingill auch im E-Commerce-Markt, wo die Softwerker aus Denver unter anderem im Bereich Business-to-Business-Lösungen für das Beschaffungswesen mit der Ariba Inc. kooperieren.

Marktbeobachter streiten jedoch gegenwärtig darüber, ob es für einen ERP-Anbieter wie J.D.Edwards ausreicht, sich auf Logistik zu konzentrieren und die neuen Wachstumsmärkte, insbesondere das Segment CRM, nur über Partnerschaften anzugehen. SAP etwa setzt ganz auf eigene Lösungen, geht dabei jedoch das hohe Risiko ein, in neue Märkte zu spät einzusteigen.

Peoplesoft dagegen kooperiert auf dem Sektor Kunden-Management mit dem Spezialanbieter Vantive, hält sich jedoch über die Entwicklung entsprechender Schnittstellen die Türen zu dessen Wettbewerbern Siebel und Clarify weiter offen. Außerdem gibt es immer wieder Gerüchte, Peoplesoft werde in Kürze einen namhaften CRM-Anbieter übernehmen.

Am schärfsten treibt derzeit Oracle die Lagerbildung im ERP-Markt voran. Anders als J.D. Edwards, wo das Management auf Kooperationen setzt, will der Allround-Anbieter dem erklärten Gegner Siebel den Zukunftsmarkt CRM streitig machen. Noch vor nicht allzu langer Zeit waren beide Häuser eng befreundet: Siebel setzte seine CRM-Lösung auf Oracles Datenbank auf, Oracle leitete interessierte Kunden mangels eigener Lösung an Siebel weiter.

Spätestens nachdem aber Siebel vor zirka acht Wochen einen Vertrag mit Microsoft unterzeichnete, der vorsieht, die eigenen Front-Office-Applikationen auf Basis der Datenbank "SQL Server" anzubieten, hat sich das Unternehmen Oracle zum Gegner gemacht.

Oracle-Chef Larry Ellison läßt keine Gelegenheit aus, Siebel in der Öffentlichkeit geringe Substanz und Produktmängel nachzusagen. Dennoch gibt es genügend Analysten, die dem CRM-Spezialisten Chancen einräumen, sich durchzusetzen - und dann hätte J.D. Edwards mit seiner Partnerschaft auf das richtige Pferd gesetzt.