Nach Uebernahme der Chemical Bank Chase Manhattan will Merger mit Outsourcing bewaeltigen

13.10.1995

NEW YORK (IDG) - Mit einer Sowohl-als-auch-Strategie geht Denis O'Leary, Chief Information Officer (CIO) der Chase Manhattan Bank, daran, die Zehn-Milliarden-Dollar-Uebernahme der Chemical Banking Corp. informationstechnisch in den Griff zu bekommen. Dabei will er signifikante Teile der Software-Anwendungen ausserhalb des Unternehmens entwickeln und betreiben lassen.

"Die Management-Aufgabe bei einem solchen Zusammenschluss besteht darin, das Geschaeft normal weiterlaufen zu lassen und die Marktposition nicht zu gefaehrden", erlaeutert O'Leary. Der CIO ist bereits erfahren in Sachen Merger: Als IS-Chef der Chemical Bank erlebte er vor vier Jahren die Fusion mit der Manufacturers Hanover Corp.

O'Learys Aufgaben konzentrieren sich derzeit auf zwei Kernbereiche: Anwendungsentwicklung und Systemintegration. Fuer die Integrationsarbeiten, beispielsweise fuer Middleware und Anwendungs-Schnittstellen, benoetigt die neue Chase Manhatten Bank vor allem in der Uebergangszeit immer noch interne IS-Profis. So will O'Leary denn auch kraeftig in die Ausbildung seiner Mitarbeiter investieren.

"Aber wir muessen nicht jede Art von Faehigkeit staendig im Unternehmen vorhalten", schraenkt der IS-Manager ein. Vielmehr plane er, die Anwendungsentwicklung in die Haende eines Outsourcing-Anbieters zu legen.

Damit setzt O'Leary die Strategie fort, die er bereits vor dem Merger verfolgte. Damals verdoppelte er zwar innerhalb von drei Jahren das Schulungs-Budget der IS-Abteilung, gleichzeitig verlagerte er aber wichtige Teile der Software-Entwicklung nach aussen. Beispielsweise beauftragte er 1991 - nach der Verschmelzung mit Manufacturers Hanover - den Systemintegrator Systematics Information Services Inc. damit, das zentrale Handelssystem zu erstellen und zu pflegen.

Anwendungs-Outsourcing ist mittlerweile bei allen Grossbanken gang und gaebe. Dieser Ansatz hat eine Reihe von Vorteilen. Dazu zaehlt eine flache Lernkurve: "Sie koennen von der Erfahrung anderer Leute profitieren", lautet die Empfehlung von Colin McClive, ehemals Vice-President bei Chemical und heute President des Beratungsunternehmens McClive & Co., New York.

Einen weiteren Vorteil des Outsourcings nennt Bill Bradway, Technologie-Analyst bei der Tower Group, Wellesley, Massachusetts, die sich ebenfalls auf Consulting im Bankenumfeld spezialisiert hat. Es sei pragmatischer, einen Third-Party-Anbieter zu engagieren, um eine bestimmte Applikation zu schaffen, als zusaetzliche IS-Mitarbeiter einzustellen, die nach dem jeweiligen Projekt keine klare Aufgabe mehr haetten.

Allerdings bringt das Anheuern von IS-Legionaeren auch Nachteile mit sich. Darunter fallen die exorbitanten Beratungsgebuehren, die die Outsourcing-Anbieter verlangen. 125 Dollar pro Stunde sind dabei die untere Grenze. Zudem riskieren die Auftraggeber, so Ladd Willis, Executive Vice-President bei der First Manhattan Consulting Group, New York, "die kontinuierliche Verbindung zwischen IS-Abteilung und Endanwendern zu verlieren". Mit einem "engen" Management lasse sich hier jedoch gegensteuern.