Übungsfirmen bringen körperbehinderten Erwachsenen EDV nahe:

Nach Rehabilitation am Mikro wieder Job-Chancen

12.07.1985

HEIDELBERG (lo) - "Training on the Job für Datenverarbeitungsberufe bietet die "Stiftung Rehabilitation" in Heidelberg an: Zielgruppe sind körperbehinderte Erwachsene. Der Ort ist eine Übungsfirma, angesiedelt in den Marktsektoren Handel und Fertigung. Diese Einrichtung bezeichnet sich als bisher einmalig in der Bundesrepublik.

Die Ausbildungsprogramme der Stiftung auf dem Bereich DV qualifizieren rund 200 Teilnehmer zu Abschlüssen als DV-Kaufmann, DV-Betriebswirt und Diplom-Informatiker (FH). Die Ausbildung dauert zwischen 24 und 36 Monaten. Finanzielle Mittel für diese Einrichtung kommen von Rehabilitationsleistungsträgern wie der Bundesanstalt für Arbeit, Rentenversicherungsträgern oder Berufsgenossenschaften.

Bisher orientierten sich die Studienprogramme des Berufsförderungswerkes in Hard- und Software-Angeboten am Großrechnereinsatz in Wirtschaft und Verwaltung. Die Zunahme dezentraler Verarbeitung machte es für eine zukunftsorientierte Ausbildung notwendig, so die Heidelberger, einen speziellen Teil der Übungsfirma (EDV-ÜFA) mit Mikrocomputern zu "aktualisieren ".

Als Ziel der DV-Ausbildung sieht die Stiftung vor allem die Fähigkeit, den erlernten theoretischen Stoff zur Lösung konkreter Praxisprobleme einsetzen zu können. Deshalb sollen sich die Absolventen - im Schnitt 27 Jahre alt und bereits mit einem Berufsabschluß versehen - in die spätere berufliche Situation einüben. Ebenfalls ist es erforderlich, individuelle sowie gruppenbezogene Arbeitstechniken wie Teamverhalten und -arbeit zu erlernen.

Initiative und Selbständigkeit, auch die Bereitschaft zu kreative Problemlösungen gilt als weiteres angestrebtes Ergebnis.

Datenverarbeitungsmethoden DV-Know-how und Anwendungswissen sollen in Wechselwirkung mit modernen Werkzeugen im Unterricht erprobt werden. Der Lehrplan umfaßt die Entwicklung von Software und schließt die Stufen Systemanalyse und -planung sowie den simulierten Systemeinsatz mit ein. Die Integration von Standardpaketen wie Textverarbeitung, Datenbanken oder Kalkulationsprogrammen für Modellierung oder für Prototyping sind selbstverständlich.

Um dieses Konzept umzusetzen ahmt die Übungsfirma die Funktionen eines Großhandels- und Fertigungsunternehmens realitätsgetreu nach. Bei beiden Modellen sind die grundlegenden betrieblichen Abläufe vorhanden. Darüber hinaus verfügt das "Fertigungsunternehmen" über die Funktionen der Fertigungsplanung- und steuerung.

Ein Informatiklabor steht gleichfalls im Zeichen des Arbeitsplatzcomputers. Die Kopplung des Kleinstrechners mit anderen DV-Anwendungen, etwa einem Bildschirm-(Btx-)

Arbeitsplatz, einem Roboter oder einem Großrechner über Datenfernübertragung sind einige Lernschritte in diesem Programmteil.

Die Produkte aus dem DV-Sektor - hauptsächlich Anwender-Software -werden innerhalb des Verbundes deutscher Übungsfirmen angeboten und im eigenen Rahmen verwendet, jedoch nicht verkauft.

Die Stiftung, betonte Vorstandsvorsitzender Klaus Hekking, verspreche sich mit der EDV-Übungsfirma und dem Labor für angewandte Informatik besondere Praxisnähe und Arbeitsplatztüchtigkeit ihrer Absolventen.