Real Networks bastelt an gebührenpflichtiger Tauschbörse

Musikindustrie verstärkt Druck auf Napster

06.04.2001
MÜNCHEN (CW) - Manager der US-amerikanischen Musikindustrie fordern von Napster bessere Filter gegen illegal im Netz angebotene Musikdateien. Die Napster-Vertreter behaupten dagegen, die Auflagen des Gerichts bereits zum Großteil erfüllt zu haben. Währenddessen arbeiten andere Firmen wie zum Beispiel Real Networks an eigenen Musikabonnentenservices.

Napster benutze bei seinem Versuch, illegal über die Tauschbörse verbreitete Musikdateien für den Zugriff zu sperren, ein unbrauchbares Filtersystem. Mit diesem Vorwurf versucht der Verband der Musikindustrie Recording Industry Association of America (RIAA) neuen Druck auf die Napster-Verantwortlichen auszuüben. Die Vorwürfe wurden auch an die Richterin Marilyn Hall Patel adressiert. Sie hatte Anfang März angeordnet, dass sämtliche illegalen Musikdateien aus dem Napster-Angebot auszuschließen sind.

Bislang nutzt Napster einen Filter, der die Tauschbörse auf Dateinamen durchsucht. Eine Liste der zu entfernenden Songs haben die Musikkonzerne bereits vor Wochen aufgestellt. Die Napster-User haben allerdings schnell einen Weg gefunden, den Filter auszutricksen: Die verbotenen Musikstücke werden einfach unter einem leicht veränderten Namen getauscht. Die Vertreter der Musikindustrie fordern nun einen Suchfilter, der auch die Daten hinter dem Dateinamen durchsucht. So besitze jede nach dem MP3-Verfahren erstellte Musikdatei einen charakteristischen digitalen Fingerabdruck, den man mit Hilfe eines Filters ermitteln könne.

Die Verantwortlichen bei Napster wollen die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen. Die Tauschbörse bemühe sich intensiv, die Auflagen des Gerichts zu erfüllen. Die eigentlichen Probleme verursache die Musikindustrie, schießt ein Napster-Vertreter zurück. So bekomme man von der Plattenindustrie nur unvollständige Informationen. Auch Napster hat seinen Zwischenbericht an Richterin Patel übersandt, die für den 10. April die nächste Anhörung in diesem Fall angesetzt hat.

Napster-President Hank Barry betont, die Musiktauschbörse habe in den letzten Wochen große Anstrengungen unternommen, alle gerichtlichen Anordnungen zu erfüllen. Als Beleg führt er an, dass das Tauschvolumen um 60 Prozent von 370 auf 160 Millionen Dateien gesunken sei. Barry wirft der Musikindustrie vor, nicht mit Napster zu kooperieren. "Warum schickt die RIAA ihre Informationen an das Gericht und nicht an uns?", fragt er.

Während sich die Musikindustrie und Napster mit gegenseitigen Vorwürfen blockieren, arbeiten andere Unternehmen mit Hochdruck an eigenen Musikangeboten. So plant beispielsweise Real Networks, eine gebührenpflichtige Tauschbörse einzurichten. Erste Gespräche mit der Bertelsmann-Tochter BMG, Time Warner und EMI über die Lizenzierung von Songs seien bereits angelaufen. Das "Music Net" werde zirka zehn bis 15 Dollar pro Monat kosten.

Auch Napster soll von dem Pakt profitieren, hofft Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff. Wenn Napster einen urheberrechtlich unbedenklichen Datenaustausch garantieren könne, sei es denkbar, dass das Konsortium sein Musikangebot auch für Napster lizenziere.

Auch Sony und Universal Music arbeiten an einer Tauschbörse. Ersten Informationen zufolge soll "Duet" im Sommer dieses Jahres an den Start gehen. Nach Einschätzung von Marktforschern wird der Umfang des Song-Angebots über den Erfolg der Tauschplattformen entscheiden. Je mehr Titel zur Verfügung stehen, desto besser die Erfolgsaussichten.