Multisourcing ist nichts für Anfänger

28.01.2008
Von Armin Strauß
Nur Unternehmen, die ihre Provider und Verträge professionell verwalten, können die Vorteile des verteilten Auslagerns voll nutzen.

Angesichts höherer Kundenerwartungen und dem Druck der Globalisierung erfreut sich Multisourcing vor allem in großen Konzernen steigender Beliebtheit. Im Jahr 2000 entschieden sich weltweit 81 Prozent der auslagerungswilligen Unternehmen für einen oder zwei externe Anbieter. 19 Prozent griffen auf drei oder mehr Provider zurück. 2006 hat sich die Zahl der Firmen, die drei oder mehr Anbieter unter Vertrag haben, mit 36 Prozent fast verdoppelt. Ein Beispiel ist die niederländische Großbank ABN Amro, die ihren IT-Service seit 2005 bei mehreren Dienstleistern einkauft. Derzeit sind es IBM, EDS, Accenture, Infosys, TCS, Verizon und Avaya.

Mehr Know-how,weniger Abhängigkeit

Die Vorteile des Multisourcings sind überzeugend. Die Aufraggeber wählen als Partner nur die besten ihres Fachs und erhalten auf diese Weise Zugang zu deren Kompetenz und Fachkenntnis. Zudem sinkt das Risiko, das sich durch die Abhängigkeit von einem Anbieter ergibt, und es entsteht auch über die Beschaffungsphase hinaus ein kontinuierlicher Wettbewerb zwischen den verschiedenen Providern. Der Kunde befindet sich in einer besseren Ausgangsposition, da die IT-Dienstleister immer mit der Möglichkeit rechnen müssen, ihren Anteil am Auslagerungsbudget an einen anderen Provider abtreten zu müssen.

Bei der Steuerung eines Outsourcing-Vorhabens muss der Anwender auf viele Funktionen achten.
Bei der Steuerung eines Outsourcing-Vorhabens muss der Anwender auf viele Funktionen achten.

Allerdings muss ein Multisourcing wohl durchdacht sein. So sollte der Auftraggeber zunächst dafür sorgen, dass er geeignete Partner für sein Vorhaben findet. Grundsätzlich haben die Provider ein Interesse daran, möglichst viele Bereiche zu übernehmen, um die Kosten, die ihnen in der Angebotsphase entstanden sind, wieder hereinzuholen. Denn ein Angebot zu erstellen ist teuer, je nach Auftragsvolumen bindet es für einen längeren Zeitraum eine große Zahl an Vertriebsleuten samt Prämien, Reisekosten etc. Damit sich die Anbieter jeweils nur mit einem Teil des Vertrags begnügen, muss ihnen der Anwender daher wirtschaftlich interessante Bedingungen bieten. Wichtige Kriterien sind dabei die Geschäftsentwicklung, der Umfang des Auftrags, die Vertragsdauer (üblicherweise gilt: Je länger die Laufzeit, desto attraktiver für den Anbieter), die mit dem Projekt verbundenen Risiken sowie die eingesetzten Technikplattformen: Sind sie dem Provider vertraut, fällt ihm die Umsetzung in der Regel leichter. Allerdings kann der Vertrag für den Anbieter aber auch gerade deshalb interessant sein, weil er dadurch Zugang zu neuen Techniken erhält.

Multisourcing setzt hohe Startinvestitionen voraus

Auch über die Anfangskosten, die durch das komplexe Vorhaben entstehen, sollte sich der Auftraggeber im Klaren sein: Fallen für das Aushandeln eines Outsourcing-Vertrags mit einem Anbieter zwei bis fünf Prozent des Vertragsvolumens im ersten Jahr an, sind für eine Multisourcing-Vereinbarung zwischen sieben und acht Prozent zu veranschlagen. Der Anwender muss sich also auf höhere Ausgaben einlassen, noch bevor die Vorteile des selektiven Auslagerns überhaupt zum Tragen kommen.

Vor allem aber sollte er sich bewusst sein, dass es sich beim Multisourcing nicht einfach um eine Ausweitung von be-stehenden Auslagerungsvereinbarungen handelt. Durch die Beauftragung mehrerer Anbieter steigt die Komplexität um ein Vielfaches. Selbst Outsourcing-erfahrene Anwender laufen Gefahr, sich auf zu viele Anbieter gleichzeitig einzulassen und dadurch den Überblick zu verlieren. Entscheidend für ein effektives Multisourcing sind daher ein kontinuierliches Vertrags-Management sowie eine reibungslose Kommunikation zwischen den Anbietern. Gründliche Planung, adäquate Ressourcen und der Einsatz qualifizierter Fachkräfte sind unerlässlich, damit Multisourcing Vorteile bringt.