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MSN bereitet neues Online-Konzept vor

07.03.1997

Viel vorgenommen hat sich das MSN-Team um Ex-SAT-1-Manager Knut Föckler für das Jahr 1997. Das Update des Online-Dienstes soll mit dem proprietär auf MSN ausgerichteten "Program Viewer" und - gerüchteweise - mit dem "Explorer 4.0" die Basis im Business um Bytes und Baud-Raten bilden.

Neu ist dabei die Tendenz zu einem Online-Show-Feeling. Sechs "Channels" bilden die Eckpfeiler des überarbeiteten MSN. Analog zu Spartensendern erwarten den Anwender zum Beispiel in Channel 1 das Newsmagazine aus der Zusammenarbeit des ZDF mit Microsoft. Channel 6 soll sich mit seinen Inhalten und seiner Gestaltung an Zielgruppen unter 15 Jahren orientieren. Außerdem geplant ist ein Frauenmagazin.

Da die technische Hauptstütze Future Splash von Macromedia sein wird und die Inhalte stark auf Push-Technologien ausgerichtet sind, mußte MSN schon allein deshalb die Aufmachung seines Front-ends vollkommen umgestalten.

Wie in einer Online-Kaufhalle spielt Easy-listening-Musik hinter jedem Channel, die Bedienung der eher zurückhaltend gestalteten Benutzerführung läßt den Unterschied zwischen Datenträger und Datendienst verschwinden. Die Nähe zur CD-ROM ist nicht durch das Datenvolumen, sondern die Art der Aufbereitung gegeben. Die Online-Magazine heißen jetzt "Shows" und weisen klar in Richtung passives Online-Erlebnis. Ein Mausklick genügt, und viele der Inhalte spulen sich in opulenter optischer Aufmachung von selbst ab.

Selbstblätternde Zeitschrift statt Fernsehen

Der Weg zur interaktiven Flimmerkiste scheint trotzdem noch weit. Auch MSN kann nicht durch Kabelmodems in deutsche Wohnzimmer kommen. Die Telekom zwängt den Information-Highway weiterhin durch den Flaschenhals ISDN. Zwar tröpfeln die Daten auch bei 28800-Verbindung ungewohnt rasch aus der Telefonleitung, aber zu einem wirklichen Aha-Erlebnis fehlen der Online-Couchpotatoe die datenintensiven Bewegtbilder. Deshalb bleibt die Anmutung des Dienstes noch in der einer Illustrierten mit bewegten Bildchen stecken.

Microsoft behilft sich in der Zwischenzeit mit eher füllenden Layouts und großzügigen Vektorgrafiken; zwar wird Schnelligkeit und Technik über das vom Web gewohnte Maß hinaus geboten, aber eben keine Mattscheibe aus dem Modem. Zumal der zum Teil animierte Textanteil auf den Seiten nach wie vor hoch ist. Und an einer zweiten Begrenzung kommt MSN auch nicht vorbei: Die Interaktivität bezieht sich auch hier vor allem auf die Auswahl der Inhalte. Wirkliche Modifikationen oder gänzlich neuer Input durch fleißige Nutzer haben in den Showkonzepten nichts zu suchen.

Es fragt sich also, ob für zwölf Mark im Monat (Nach zwei Freistunden kostet der Spaß sechs Mark oder wird mit 49 Mark im Monat pauschal für unbegrenzte Nutzung abgerechnet), wirklich schon eine überzeugende "Online-Show" entsteht. Unklar ist außerdem, wer eine selbstblätternde Zeitschrift auf dem Bildschirm braucht - vor allem angesichts der Beschränkungen durch die Technik. Im Moment ist hier noch kein neuartiges Medium in Sicht.

* Harald Taglinger arbeitet als Web-Designer in München (http://www.d-werk.de)