Montes soll Siemens Com retten

28.03.2006
Die Kommunikationssparte steht vor dem Umbau, SBS angeblich vor dem Verkauf.

Ab dem 1. Mai 2006 wird Siemens-Chef Klaus Kleinfeld im Zentralvorstand weniger Widerspruch zu hören bekommen, denn dann rückt sein Vertrauter Joe Kaeser als Finanzvorstand in das Führungsgremium auf. Er löst Heinz-Joachim Neubürger ab, der laut offizieller Darstellung das Unternehmen aus persönlichen Gründen verlassen wird, inoffiziell jedoch als hartnäckiger Widersacher Kleinfelds gilt. Er war einer der Kandidaten für die Nachfolge von Heinrich von Pierer und gilt als vehementer Verfechter einer an den Interessen der Finanzmärkte ausgerichteten Strategie.

Als gutes Zeichen werten Marktbeobachter hingegen die Berufung von Eduardo Montes an die Spitze von Siemens Communications und in den Zentralvorstand der Siemens AG. Der Com-Chefposten war seit Oktober 2005 vakant, als Lothar Pauly überraschend zur Telekom-Tochter T-Systems wechselte. Der fließend Deutsch sprechende Spanier Montes ist ein in seinem Heimatland hochdekorierter Manager. Unter seiner Leitung verbesserte sich der Siemens-Umsatz in Spanien um 14 Prozent, das Ergebnis sogar um 19 Prozent. Dieser Erfolg brachte ihm im Jahr 2005 den Titel "Manager des Jahres" ein.

Das klassische TK-Geschäft schrumpft

Montes muss die Neuausrichtung von Siemens Com vorantreiben und das Geschäft an den Erfordernissen der Kommunikation via IP ausrichten. Bislang ist der Geschäftsbereich noch stark der herkömmlichen Telefonie verhaftet, doch der Absatz mit den EWSD-Nebenstellenanlagen (Elektronisches Wählsystem Digital) ist rückläufig. Als erste Maßnahme wurde die EWSD-Forschung und Entwicklung an Tietoenator ausgelagert (siehe Seite 1 "Siemens lagert TK-Entwicklung aus"), weitere Maßnahmen sind zu erwarten. Viel Zeit bleibt Montes nicht. Kleinfeld fordert im Jahr 2007 eine Umsatzrendite von acht bis elf Prozent. Zudem setzen die Fusionsgespräche zwischen Alcatel und Lucent die Kommunikationssparte unter Druck (siehe Seite 12 "Alcatel und Lucent - Fusion mit Folgen").

Darüber hinaus verdichten sich die Verkaufsgerüchte um SBS, den zweiten Krisenherd im Siemens-Konzern. Mit Christoph Kollatz sitzt zwar auch hier ein enger Vertrauter von Kleinfeld im Chefsessel, doch der kurze Draht zwischen den beiden Managern ist keineswegs Garant für den Fortbestand der IT-Tochter in der jetzigen Form. Dem Untenehmen nahe stehenden Quellen berichten über einen baldigen Verkauf von SBS. Allerdings falle es Siemens schwer, die interne IT einem externen Partner zu übergeben. Dagegen möchte der Konzern das externe Outsourcing-Geschäft liebend gern verkaufen, angeblich habe SBS im Berliner Verteidigungsministerium bereits angefragt, ob das Outsourcing-Projekt "Herkules" auch von zwei US-amerikanischen Unternehmen betrieben werden könne. Das wäre zum einen die IBM, die zusammen mit SBS exklusiv mit dem Bund das Auslagerungsprojekt verhandelt. Der andere könnte der IT-Dienstleister CSC sein, der als Interessent für eine SBS-Übernahme gilt. (jha)