Mobilfunker vergessen die Firmenkunden

10.10.2006
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Wo sind die Business-Endgeräte?

Werner Schmidt: "Für die Mobilfunker zählen nur verkaufte SIM-Karten."
Werner Schmidt: "Für die Mobilfunker zählen nur verkaufte SIM-Karten."

LVM-Manager Schmidt macht zudem noch auf ein anderes Problem aufmerksam: "Aufgrund des Preis-Leistungsverhältnisses müssen wir heute Geräte aus der Consumer-Welt nutzen. Dann haben wir aber unsere Mühe und Not, den Funktionsumfang soweit herunterzustutzen, dass mit den Devices kein Blödsinn getrieben wird." Wenig Verständnis haben die Roundtable-Teilnehmer auch dafür, dass die Anbieter ihre Handies so vorkonfigurieren, dass die Nutzer auf ihre Online-Portale gelotst werden, den Geschäftskunden derlei Option aber nicht einräumen. Die Geräte lassen sich kaum an unternehmensspezifische Bedürfnisse anpassen. Dies könnte ein Nischenmarkt für neue Dienstleister sein, die "customizable" Mobiltelefone für Unternehmen vermarkten.

Manfred Schlottke: "Geschäftskunden brauchen alles aus einer Hand."
Manfred Schlottke: "Geschäftskunden brauchen alles aus einer Hand."

Auch ansonsten fühlen sich die Unternehmen von den Mobilfunkern im Stich gelassen. Während mit großem Marketingaufwand neueste Features für Privatkunden angepriesen würden, sei es kaum möglich, Angaben über so wichtige Dinge wie die Empfangsleistung zu bekommen. Diese entscheide aber darüber, ob ein Außendienstler beim Kunden im Wohnzimmer noch seine mobilen Anwendungen nutzen kann oder nicht. So erlitt Schmidt etwa vor Jahren mit Datenkarten für Notebooks Schiffbruch, weil die Antennen flach im Boden angebracht waren und damit in den meisten Zimmern keinen Empfang hatten. Seine Mitarbeiter wichen dann auf datenfähige Handys aus, die auf die Fensterbank gelegt und per Bluetooth mit dem Notebook gekoppelt wurden. Laut Schmidt hat sich diese Situation mittlerweile gebessert, seit die Carrier beim Netzausbau stärker auf die Inhouse-Abdeckung achten.

"Unter dem Strich stehen wir heute vor dem Dilemma, dass ich als Geschäftskunde Leistungen auf gehobenen Level benötige, die viele Anbieter nicht darstellen können", fasst Manfred Schlottke, Vorstandsvorsitzender des Telekomforums, die aktuelle Situation zusammen.

Chancen für Systemhäuser

Erschwerend komme hinzu, dass der Geschäftskunde mobile Anwendungen, Netzleistung und Endgeräte nicht aus einer Hand beziehen könne und so bei Problemen von Pontius zu Pilatus geschickt werde. "Gerade bei schwierigen Projekten", so ist Schlottke überzeugt, "wäre ein Systemhaus hier das richtige Forum." Aus nahe liegenden Gründen hoffen die Mitglieder des Telekomforums hier auf die T-Systems. Warum es entsprechende Komplettleistungen bislang auf dem deutschen Markt noch nicht gibt, ist den Teilnehmern ein Rätsel. In ihren Augen würde ein Systemhaus von einem solchen Angebot durchaus profitieren, da es so eine längere Kundenbeziehung generieren könne.

Die Probleme rund um die technische Infrastruktur sind jedoch nur eine Seite, die im Zusammenhang mit Mobile-Business-Projekten zu beachten ist. Mindestens genau so wichtig sei es, dass die Unternehmen erst einmal ihre internen Hausaufgaben erledigen. "Und dies ist ein Kraftakt, der strategisch und emotional mehr Kräfte erfordert als mancher glaubt", weiß Schmidt aus Erfahrung. Deshalb sei es wichtig, dass man die Anwender hinter sich habe.