Mobilfunkanbieter müssen Profil schärfen - Preise fallen

28.12.2005
Der Preiskampf auf dem deutschen Mobilfunkmarkt wird im kommenden Jahr mit unveränderter Härte weitergehen.

Nach einhelliger Meinung von Anbietern und Experten wird der Preis pro Minute auf unter zehn Cent rutschen und damit mehr als halbiert. Um in dem verschärften Wettbewerbsumfeld ihre Margen zu sichern, sollten sich Netzbetreiber wie T-Mobile und Vodafone nach Einschätzung von Experten stärker auf UMTS und Geschäftskunden konzentrieren.

Die vier Netzbetreiber T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 müssen nach Einschätzung der Marktforschungsgesellschaft Gartner mit einem klareren Profil auftreten: "Wesentlich für die Produktstrategie der Netzbetreiber sind drei Punkte: die Marke, der Kundenservice und der Preis", sagte Gartner-Experte Martin Gutberlet. Da E-Plus es verpasst habe, seine Marke zu positionieren, sei nur der Preis-Ausweg geblieben. Folglich läutete die KPN-Tochter mit dem Start der Billigmarke "Simyo" eine Preisrunde zur Jahresmitte ein. Bis dahin hatte sich der Minutenpreis nur in kleinen Schritten nach unten bewegt.

Verschärft wurde der Preisrutsch vor drei Wochen mit dem Markteintritt von Aldi - die Gesprächsminute ist nun mit 15 Cent so billig wie nie zuvor. Hinter dem Aldi-Angebot steckt wieder der Anbieter E-Plus, der sein Netz zur Verfügung stellt. Mit den Kooperationen und der Mehrmarkenstrategie will E-Plus mehr Kunden gewinnen und seine Profitabilität steigern. "Aldi Talk" sorgt bei der Konkurrenz für Hektik: Marktführer T-Mobile konterte mit einer massiven Preissenkung für einige Tarife, dem Vodafone folgte.

Vertriebsleute von T-Mobile bezeichnen das Aldi-Angebot als "extrem kritisch", denn der Discounter verfügt mit einer Filialkette von 4.000 Läden über einen enormen Verkaufskanal. Innerhalb eines Jahres will Aldi 750.000 Kunden unter Vertrag nehmen, in der ersten Woche waren es bereits 60.000. Um das Segment nicht alleine E-Plus zu überlassen, öffnet T-Mobile sein Mobilfunknetz für Billiganbieter. Nach kleineren Kooperationen plant der Marktführer nun mit Lidl den großen Wurf. Lidl will die Offerte von Aldi unterbieten - bislang konnten sich der Discounter und T-Mobile aber nicht auf die Preisgestaltung einigen.

Die Kooperationen sind Teil der Telekom-Strategie, den Marktanteil in dem allmählich gesättigten Marktumfeld auf Kosten der Wettbewerber auszuweiten. Die Bonner haben daher ihre Preise massiv gesenkt und können damit Aldi Paroli bieten. "Wir sind zum Teil günstiger als die Billiganbieter", sagt T-Mobile-Chef Rene Obermann. Die Spirale wird sich weiter drehen. "Die Preise werden sich im Verlauf des Jahres 2006 weiter nach unten entwickeln", sagt Jörg Kühnapfel, Chef des debitel-Ablegers "debitel light", der mit der Handelskette Plus kooperiert. Die Schallmauer von zehn Cent werde aber nur bei Sonderaktionen durchbrochen. Gartner rechnet hingegen mit dauerhaften Angeboten, bei denen der Minutenpreis unterhalb der Zehn-Cent-Marke liegt.

Vodafone hält sich von dem Billigsegment bislang fern. Nach Angaben aus Branchenkreisen haben Vertreter der Gesellschaft aber bereits mit Lidl verhandelt, die Gespräche aber abgebrochen. Vodafone könnte mit der Fokussierung auf UMTS und mobile Festnetzangebot unvermindert viele Kunden gewinnen. Das Unternehmen werde sich dem Discountansatz auf Dauer aber nicht verschließen können, sagt Martforscher Gutberlet. "Ich halte es für eine Frage der Zeit, bis Vodafone dort einsteigt." Der kleinste Anbieter O2 fahre den richtigen Kurs mit seinem Fokus auf Nischenangebote.

Die Strategie von T-Mobile Deutschland geht mit Blick auf die Kundenzahlen derzeit auf. Im Weihnachtsquartal konnten die Bonner Branchenkreisen zufolge an die Aufwärtsentwicklung der Vorquartale anknüpfen. Von der anfänglichen Vorgabe, vor allem profitable Kunden einsammeln zu wollen, musste sich T-Mobile-Chef Obermann aber verabschieden. Die Telekom gewann vor allem umsatzschwächere Prepaid-Kunden. Der Kurs von T-Mobile birgt Risiken, glauben Experten: "Die Strategie von T-Mobile ist nicht falsch. Allerdings ist die Preissenkung zu radikal", sagt Gutberlet. Statt sich nur auf den Preis zu fokussieren, sollte sich T-Mobile als Marktführer auf seine Stärken bei UMTS und im Geschäftskundenbereich besinnen. (dpa/tc)