Markt für Mobile Advertising

Mobile World: Werbung auf dem Handy - overhyped und unterschätzt

13.02.2008
Egal, ob Google, Microsoft, Yahoo oder die Mobilfunkbetreiber: Alle erhoffen sich ein gutes Stück von den künftigen Einnahmen mit Mobile Advertising – obwohl der Markt für Handy-Werbung gerade erst im Entstehen ist.

Mobile Advertising ist eines der Topthemen der weltgrößten Mobilfunkmesse Mobile World Congress (MWC), die derzeit in Barcelona stattfindet. Die Gründe dafür scheinen klar ersichtlich: Während Google bei Textanzeigen im World Wide Web klar die Führungsposition bezogen hat, steht eine mobile Werbeattacke auf Basis seiner Android-Plattform noch aus - die Claims im mobilen Internet sind bei weitem noch nicht abgesteckt. Die Chance, hier in Führung zu gehen und das Gros der Werbeerlöse abzusahnen, dürfte sicher ein wichtiger Grund für die derzeitigen Übernahmegelüste von Microsoft sein, zumal Branchenkenner Yahoo zumindest im Segment mobile Suche derzeit an vorderster Stelle sehen.

Mit ihren Ambitionen in diesem Bereich setzen die Unternehmen die Mobilfunkbetreiber unter Druck, für die angesichts des fortschreitenden Preisverfalls bei Sprach- und Datenverbindungen vieles auf dem Spiel steht: Sie riskieren, über kurz oder lang zu Anbieter reiner "Bitpipes" degradiert zu werden, ohne Chance, die rückläufigen Umsätze durch Werbeerlöse kompensieren zu können.

Mit aktuell bereits über drei Milliarden Mobilfunknutzern, die ihr Endgerät zudem fast immer parat haben, weist Mobile Advertising im Prinzip ein wesentlich höheres Potenzial als Internet-Werbung auf. Dennoch seien im vergangenen Jahr gerade einmal 0,2 Prozent des weltweiten Werbe-Budgets in Mobile Advertising geflossen, berichtet Steven van Zamen, Manager von Acision, einem Mehrwert-Dienstleister für Mobilfunkfirmen. Um das Geschäft in Gang zu bringen, bedürfe es zunächst einer Komplettlösung, die vom SMS-Versand ausgeht und bis Maßnahmen im mobilen Internet reicht.

Zudem fehle es aktuell noch an einem Kontrollmechanismus, um "Brand-Pollution" – eine Verschmutzung der Marke – zu vermeiden. Weiterhin müssten die Mobilfunkbetreiber Tools einsetzen, um den Erfolg von Kampagnen zu messen, und ein effektives Profiling ihrer Nutzer betreiben. "Die Provider haben alle Informationen für bedarfsgerechte Werbung, nutzen sie jedoch nicht", so van Zamen. Dies wiederum überrasche wenig, da die Netzbetreiber von ihrer Vergangenheit her primär technikfokussiert agierten und weniger kreative Marketing-Experten seien.

Um den Mobilfunk-Carriern mit diesen Kenntnissen auszuhelfen und ein dazu passendes Lösungspaket zu entwickeln, hat die LogicaCMG-Ausgründung Acision nun eine Kooperation mit dem Werbevermarkter OgilvyOne geschlossen. Zusammen wollen die beiden Unternehmen eine vollständige Marketing-Wertschöpfungskette aufbauen, die Werbetreibenden mit einem Komplettangebot über verschiedene Kanäle versorgt und wichtige Aspekte wie Kontrolle, Markenschutz sowie entsprechende massenmarktgerechte Umsätze für die Carrier sicherstellt.

Wie nutzer-, kontext- und ortspezifische mobile Werbung ankommt, hatte Acision hatte bereits Ende vergangenen Jahres im - zugegeben Handy-affineren - Asien getestet. In einem Feldversuch in Singapur wurden 20.000 Mobilfunk- und Internet-Kunden von Singtel mit Werbung aus verschiedenen Kanälen, darunter Voicemail-Benachrichtungen, ortsbezogene SMS mit Werbebezug sowie Reklame auf einer WAP-Seite, bombardiert und die Akzeptanz gemessen.

Den Werbepartnern stellte Acision dabei verschiedene Kundenprofile zur Auswahl zur Verfügung. Zusätzlich konnten die Kunden tagesgenau bestimmte Werbekontingente buchen und erhielten über Statistiken ein Feedback über den Erfolg ihrer Kampagne. Besonders interessant sei bei dem Projekt, dass – ähnlich wie bei Googles Adwords – nicht nur Werbeprofis mobile Anzeigen kaufen können, erklärt van Zamen. Dank der Möglichkeit, Zeit und Ort für die Kampagne festzulegen, könne etwa ein Ortsverein via SMS Passanten und Anwohner zu einer Veranstaltung einladen. Ein Supermarkt sei in der Lage, seinen Kunden auf dem Handy auf ein Sonderangebot für Salat hinzuweisen, bevor dieser verwelkt.

Der Acision-Manager geht davon aus, dass sich Mobile Advertising wegen der weitgehenden Marktsättigung zunächst in Südostasien und Europa durchsetzt, weniger in den USA, wo etwa mit SMS noch viel zu verdienen sei. Letztendlich, so das Fazit, sei Schmerz noch immer der beste Antrieb, um innovativ zu werden. (mb)