Mobil-TV auch per Satellit

Mobile World: Handy-TV soll endlich flügge werden

12.02.2008
Auf dem Mobile World Congress in Barcelona übten sich die Protagonisten des mobilen Fernsehens in Optimismus: Nach dem Hype und dem Flop zur WM 2006 soll Handy-TV in Europa im zweiten Halbjahr 2008 endlich durchstarten.

Darauf angesprochen, dass nach dem Flop von 2006 der Erfolg von Mobile-TV doch mehr als fraglich erscheint, entgegnete Azzedine Boubguira, Vice President des Mobile-TV-Chipsatzherstellers Dibcom, man möge doch der Technologie Zeit zur reife zugestehen: "GSM, UMTS oder GPS haben auch Jahre gebraucht, bis sie eine Erfolgs-Story wurden", so Boubguira. Allerdings räumt er auch ein, dass zur Fußball-WM-2006 Marketing-Fehler gemacht wurden. "Die Idee, ein Fußballspiel auf dem Handy zu verfolgen", kritisiert der Manager die damalige Kommunikationsstrategie, "konnten nur Leute propagieren, die noch nie ein TV-fähiges Handy gesehen haben."

Boubguira zufolge braucht das mobile Fernsehen in Handygröße spezifische Inhaltsformate, um den Einschränkungen des Mediums Rechnung zu tragen. Langfristig, so ist der Manager überzeugt, wird sich wohl ein Mix aus klassischen TV-Inhalten und neuen speziellen Handy-Inhalten durchsetzen. Befürchtungen, dass Medienkonzerne und andere Unternehmen die zusätzlichen Investitionen für die Inhaltgenerierung scheuen, hat Boubguira keine: "In Frankreich haben sich 36 Firmen für 13 Handy-TV-Kanäle beworben." Als Businessmodell für diese neuen "Sendeanstalten" sieht der Experte eine Mischung aus einer geringen monatlichen Gebühr und Einnahmen für Werbespots.

Ein Chip für Handy-TV via DVB-SH von Dibcom.
Ein Chip für Handy-TV via DVB-SH von Dibcom.

Allerdings haben die künftigen Player nicht nur mit Fragen der Finanzierung und der Suche nach den passenden Sendeformaten zu kämpfen. Ungelöst ist auch noch die Frage, welche Technik das Rennen macht. Zwar hat die EU mit ihrem Votum pro DVB-H eine Richtung vorgegeben, doch DVB-M und das von Qualcom propagierte "Flo" sind noch nicht zu Grabe getragen, selbst wenn sie in Europa eher eine untergeordnete Rolle spielen. Zudem kommt mit DVB-SH noch ein vierter Mobil-TV-Standard ins Spiel, der komplementär zu DVB-H ist. Live-TV mit dieser Technik zeigten in Barcelona Alcatel-Lucent, DiBcom, Eutelsat, Sagem Mobiles, Ses Astra, Teamcast und UDCast.

Das besondere an DVB-SH ist, dass es neben den ursprünglichen terrestrischen Frequenzen auch Satellitenfrequenzen des S-Bandes im Gigahertzbereich (bis drei Gigahertz) verwenden kann und so das Problem der knappen DVB-H-Frequenzen umgeht. Terrestrisch wird hierzu, wie etwa in Barcelona auf der Messe, ein Repeater-Netzwerk verwendet. Gleichzeitig kann DVB-HS aber auch zur Versorgung ländlicher Gebiete genutzt werden. Dann empfängt das Handy das Fernsehprogramm direkt vom Satelliten. Ein Umstand, der angesichts zwei kleiner Antennen, mit denen die Testgeräte auf dem Mobile World Congress ausgestattet waren, erst einmal unglaubhaft erscheint. Die Lösung des Rätsels ist Boubguira zufolge relativ einfach. Im Gegensatz zum normalen Satellitenfernsehen, das Empfangschüsseln von 40 Zentimetern und größer erfordert, ist bei DVB-HS die Ausleuchtzone – also die Empfangsfläche – kleiner, was zu einem stärkeren Empfangssignal führt und so kleinere Antennen ermöglicht.

Dass DVB-HS keine Zukunftsmusik ist, wollen die Protagonisten noch in diesem Jahr unter Beweis stellen. Bereits im März soll ein entsprechender Satellit für die USA ins All geschossen und das Netz in Betrieb genommen werden. Für Europa ist von Eutelsat und Ses Astra ein entsprechender Start für Ende 2008 geplant. Das TV-Netz könnte dann, wenn alles nach Plan verläuft, im ersten Quartal 2009 in Betrieb genommen werden. (hi)