Mobile TV - das WM-Chaos

29.05.2006
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Konsortiallösung geplant

Insgesamt streben die vier deutschen Mobilfunker in Sachen DVB-H eine Konsortiallösung an, sprich, sie wollen das Netz gemeinsam aufbauen und sich die Investitionskosten für die Infrastruktur teilen. Diese schätzt Yannick Lévy, CEO beim Mobile-TV-Chiphersteller Dibcom, für ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland auf rund 500 Millionen Euro. Später wollen die Mobilfunkanbieter dann die Sendekapazität von 16 Kanälen untereinander aufteilen, so dass jeder vier Programme ausstrahlen könnte. Für die Bereitstellung werden die Betreiber von ihren Kunden dann eine Gebühr verlangen.

Lässt man einmal die medienrechtliche Problematik beiseite, so spricht vieles für DVB-H als die technisch bessere Lösung im Vergleich zu DMB. Während DMB etwa mit vier Fernseh- und zwei Radioprogrammen an den Start geht, soll DVB-H dem mobilen Fernsehzuschauer von Beginn an 16 Kanäle offerieren. Später ist bei DVB-H zudem je nach verwendeter Technik ein Ausbau auf 30 bis 40 Kanäle möglich. Ferner beträgt der Stromverbrauch bei DVB-H mit etwa 50 Milliwatt nur ein Drittel der Leistungsaufnahme von DMB (150 Milliwatt). Ein Punkt, der besonders im mobilen Einsatz von Bedeutung ist, denn die Laufzeit eines DVB-H-Gerätes soll mit fast vier Stunden bei gleicher Akkuleistung doppelt so hoch liegen wie bei DMB.

Die DVB-Verwandtschaft

Auf einen anderen Aspekt weist Dibcom-Chef Lévy hin: "Durch die enge Verwandtschaft mit DVB-S, DVB-C oder DVB-T ist bei DVB-H weniger Entwicklungsaufwand hinsichtlich der Codecs erforderlich." Gerade angesichts der technischen Nähe zu DVB-T, das ja auch für den mobilen Einsatz geeignet ist, stellt sich manch einer die Frage, wozu für das Handy-TV noch eine eigene Infrastruktur notwendig ist. "Die Antwort ist ganz einfach", erklärt Lévy, "DVB-T würde mit seiner Bandbreite von rund 3 Mbit/s die Leistungsfähigkeit der Handy-CPUs überfordern und wäre nicht sonderlich ökonomisch." Zur Darstellung eines gestochen scharfen Bildes auf dem Handy-Display genügt bereits eine Übertragungsrate von 300 Kbit/s. Damit wäre DVB-T für das Handy ein Overkill, der nur unnötige Batterieleistung bei der Verarbeitung des Datenstroms fressen würde. DVB-T, so sind Dibcom-Chef Lévy und Intel-Mananger Koivunen überzeugt, wird im Auto sowie auf mobilen Endgeräten wie Notebooks oder dem Ultramobile-PC seine Berechtigung haben.