Mobile TV - das WM-Chaos

29.05.2006
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Die einfachste Methode, bewegte Bilder auf das Handy zu bringen, ist in der Theorie das IP-Videostreaming über breitbandige Mobilfunknetze wie HSDPA oder UMTS. Mit dieser Technik liefert beispielsweise Vodafone nach eigenen Angaben bereits neun Millionen Fernsehminuten pro Monat über 30 Kanäle aus. Und zur WM wollen die Düsseldorfer mit "Vodafone Freistoss" und Berichten von Premiere dem Fußball-Fan rund um die Uhr WM-Feeling in bewegten Bildern auf das UMTS-Handy bringen. Ähnliches plant der Konkurrent O2. Die Münchner übertragen während der WM unter anderem täglich eine von Exprofi Thomas Helmer moderierte TV-Show. Ferner können die O2-Kunden kurz nach dem Abpfiff vierminütige Zusammenfassungen von den Highlights jeder Begegnung anschauen. Dies sind nur zwei Beispiele, wie die Mobilfunker bereits heute mit IP-Videostreaming über UMTS mobiles Handy-Fernsehen realisieren.

DVB-H verbraucht weniger Strom als vergleichbare Mobile-TV-Lösungen.
DVB-H verbraucht weniger Strom als vergleichbare Mobile-TV-Lösungen.

Auf den ersten Blick spricht damit vieles für das Streaming-Verfahren: Die entsprechenden UMTS-Handys sind auf dem Markt verfügbar, und der breitbandige Ausbau der Mobilfunknetze schreitet schnell voran. Allerdings hat die Technik einen entscheidenden Nachteil: "Sie skaliert mit wachsenden Benutzerzahlen sehr schlecht", kritisiert Tero Koivunen, Verantwortlicher für Intels Strategie der Mobile Wireless Group und Mitglied des Standardisierungsgremiums der Mobile DTV Alliance. "Wenn in einer Mobilfunkzelle mehrere Benutzer unterschiedliche Videoprogramme anschauen, dann ist die Kapazität der Basisstation schnell erschöpft", verdeutlicht Tom Gufler, Senior Product Manager Business Development bei O2, das Problem.

Abhilfe versprechen hier neue Entwicklungen wie MBMS (Multimedia Broadcast Multicast Service), an denen etwa Ericsson arbeitet. Dabei sollen durch den Einsatz von Point-zu-Multipoint-Verbindungen die Netzressourcen und -kapazitäten effizienter genutzt werden. Auf diese Weise, so heißt es bei Ericsson, kann eine größere Anzahl von Teilnehmern in einer Mobilfunkzelle mit Fernsehprogrammen versorgt werden. Branchenkenner rechnen allerdings erst ab 2008 mit einer breiten kommerziellen Verfügbarkeit von MBMS.