Enterprise Mobility

Mobile Geschäftsprozesse brauchen die richtige Strategie

12.07.2012
Von Uwe Kerrinnes

Mobile Zeitwirtschaft

Strenge Liefertermine und Kostendruck brachten den Mittelständler Husen Stahlbau zu einer mobilen Lösung.
Strenge Liefertermine und Kostendruck brachten den Mittelständler Husen Stahlbau zu einer mobilen Lösung.
Foto: Husen Stahlbau

Mobilisierungsstrategien eignen sich aber nicht nur für große Konzerne. Der Mittelständler Husen Stahlbau aus dem Emsland beispielsweise steuert mit einer mobilen Lösung die Zeitwirtschaft von rund 180 Montageprojekten pro Jahr. Vorher dauerte es ein bis zwei Wochen, bis das Unternehmen die Wirtschaftlichkeit eines laufenden Bauvorhabens einschätzen konnte. "Da sich die Liefertermine permanent verkürzen und wir die Budgets immer knapper kalkulieren müssen, war ein solcher Blindflug nicht länger haltbar", sagt Karsten Schmidt, Projektleiter bei Husen Stahlbau. "Wenn wir im Falle eines Falles noch wirksam eingreifen wollen, müssen uns die Zeiten unserer bundesweit eingesetzten Montageteams tagesaktuell vorliegen."

Der Mittelständler stattete jedes seiner Montageteams mit einem mobilfunktauglichen Barcode-Scanner aus. Mit dem Lesegerät erfassen die Mitarbeiter im In- und Ausland Lade- und Montagezeiten einheitlich über voreingestellte Formulare und senden diese Informationen an das zentrale Auftragsmanagementsystem ams.erp. Dieses verarbeitet die eingehenden Daten in Echtzeit, einmal im Projektcontrolling und einmal in der Lohnbuchhaltung. Die Projektmanager erkennen somit sofort den Baufortschritt und ob ihre Budgets sowie die mit dem Kunden vereinbarten Termine für die Fertigstellung eines Objekts noch gültig sind.

Mit einer App erfassen die Mitarbeiter von Husen Stahlbau Lade- und Montagezeiten und senden diese Informationen an das zentrale Auftragsmanagement-System ams.erp.
Mit einer App erfassen die Mitarbeiter von Husen Stahlbau Lade- und Montagezeiten und senden diese Informationen an das zentrale Auftragsmanagement-System ams.erp.
Foto: Husen Stahlbau

Zudem lässt sich genau nachvollziehen, welche Arbeitsgänge zu welchen Zeiten führen, denn die Informationen aus der mobilen Zeitwirtschaft lassen sich den Positionen der Auftragsstückliste exakt zuordnen. "Stück für Stück schaffen wir damit eine klar dokumentierte Wissensbasis, von der aus wir die zukünftigen Bauvorhaben präziser kalkulieren und verlässlicher durchführen können. Mit der mobilen Zeitwirtschaft bekommen wir die Transparenz, um unsere Performance und damit auch unsere Wettbewerbsfähigkeit fortwährend zu verbessern", sagt Schmidt.

Mobile Ärzte am Krankenbett

Beispiele für erfolgreiche Mobilisierungsprozesse kommen auch aus dem Gesundheitssektor. SAP und die Telekom führen derzeit Ärzte-iPads in der Berliner Charité ein. SAP hat eine App für Krankenhäuser entwickelt, die Ärzten die Visite erleichtert. Dabei greift der Arzt über ein Tablet auf das Krankenhausinformationssystem zu und hat so stets sämtliche Patientendaten inklusive Laborwerten und Befunden aktuell am Krankenbett dabei.

Die iPad-App der Berliner Charité unterstützt Ärzte bei der Visite...
Die iPad-App der Berliner Charité unterstützt Ärzte bei der Visite...
Foto: Charité

Rund 200 iPads und Smartphones setzt die Charité derzeit ein, auf denen diese SAP-App installiert ist. Wie bei einer Krankenakte zeigt das Miniprogramm befugten Nutzern unter anderem auf einer Zeitleiste an, welche Operationen bei dem Patienten schon durchgeführt und welche Diagnosen gestellt wurden. Der Mediziner kann daneben unter anderem Patienten mit ähnlichen Diagnosen miteinander vergleichen. So lassen sich Therapien präziser zuschneiden. Pro Patient erhebt die Charité eine halbe Million Einzeldaten.

...unter anderem mit einer digitalen Krankenakte.
...unter anderem mit einer digitalen Krankenakte.
Foto: Charité

"Die neuesten technologischen Entwicklungen bei mobilen Endgeräten ermöglichen es uns, medizinische Informationen direkt am Bett zu präsentieren", sagt Helmut Greger, der IT-Chef der Charité. "Ich nehme an, dass wir in etwa einem Jahr die vollständige Patientenakte am Krankenbett darstellen können. Das Ziel ist dabei, den medizinischen Dokumentationsprozess zu unterstützen und somit den Arzt weitestgehend von administrativen Tätigkeiten zu entlasten."

Insgesamt zeigen diese Beispiele das Potenzial, das in Enterprise App Stores und Mobilisierungskonzepten allgemein für Unternehmen und öffentliche Organisationen steckt. "Gut wäre schließlich ein Chief Mobile Officer", sagt Thomas Walter von der Uni St. Gallen. Das ist auch ein Ergebnis der Studie: Rund die Hälfte der Befragten befürwortet eindeutige Zuständigkeiten bei der Mobilisierung von Geschäftsprozessen. "Im Grunde ist Mobilisierung klassische IT-Projektarbeit damit am Ende alles mit den verschiedenen Endgeräten und Betriebssystemen sowie mit unternehmensspezifischen Rollen- und Berechtigungskonzepten aus einem Guss funktioniert", so der Wirtschaftsinformatiker. Die Unternehmen könnten hier ruhig mutiger vorgehen, denn Mobilisierung sei letztlich gar nicht so neu: "Aus einem Buch über IT-Management lassen sich 60 bis 70 Prozent der Kapitel eins zu eins übernehmen." (mb)