Tipps zur Einführung

Mobile BI in der Arbeitswelt

14.10.2012
Von Jens Kröhnert
Mobile BI ist weniger ein Produkt als ein Prozess, der integriert sein möchte. Daher empfiehlt es sich, vor der Einführung Einsatzfelder zu evaluieren und erst in einem zweiten Schritt Technik und Tools zu betrachten.
Wichtig bei der Auswahl der mobilen BI-Lösung: Weniger ist mehr!
Wichtig bei der Auswahl der mobilen BI-Lösung: Weniger ist mehr!
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Nachdem in den letzten Jahren im Business-Intelligence-Umfeld große Aufmerksamkeit auf die sich rasant entwickelnden und immer leistungsstärker werdenden Backends gelegt wurde, laufen ein Großteil der aktuellen Bemühungen darauf hinaus, die Verfügbarkeit der aufbereiteten Informationen zu erhöhen. Idealerweise sollten diese immer aktuell und ortsunabhängig erreichbar, also auch über ein "Smart Device" (Tablet oder Smartphone) nutzbar sein. Aber wo hat Mobile BI tatsächlich einen unternehmerischen Mehrwert, und welche Fallstricke sollte man kennen, bevor eine Lösung ausgerollt wird?

Der BI-Nutzerkreis wächst

Zunächst die Grundlagen: BI-Systeme sammeln für eine geschäftliche Fragestellung relevante Daten, bereiten sie zu Informationen auf und stellen diese als Unterstützung bei Entscheidungen zur Verfügung. Nachdem in alten Tagen vornehmlich Top-Manager BI-Informationen zur Steuerung und Leitung ihres Unternehmens einsetzten, haben Konzepte wie "Self-Service BI" inzwischen zu einem erweiterten Nutzerkreis geführt: Auch die Masse der Mitarbeiter kann und sollte einen Mehrwert von den richtigen Informationen zur richtigen Zeit ableiten. Problematisch war hier bisher, dass nur wenige Unternehmen sich den Aufwand leisten wollten, auch kleinere, möglicherweise temporäre Geschäftsfragen von teuren IT-Teams in ein zentrales BI-System zu modellieren.

Diese Zeiten sind vorbei. Heutige BI-Systeme zeichnen sich durch eine verwaltbare Koexistenz von zentraler BI, Team-BI oder gar persönlicher BI aus, wobei Letztere keine oder nur geringe Aufwände auf zentraler IT-Seite erfordern. Zusammengefasst kann man also festhalten, dass die Vision von "BI for the masses" in manchen Unternehmen schon gelebte Realität ist. Der geschäftliche Mehrwert dieser vielen kleineren Quellen für BI-Informationen - etwa projektbezogene oder gar mitarbeiterbezogene Systeme - bietet dabei in Summe mindestens einen genauso großen Stellenwert für unternehmensstrategische Entscheidungen wie die Verwendung eines konzernweiten, zentralen BI-Systems.

Vor der Einführung einer mobilen BI-Lösung ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu empfehlen, zunächst die relevanten Einsatzfelder und optimierbaren Prozesse zu evaluieren und erst in einem zweiten Schritt Technik und Tools zu betrachten.

Mögliche Einsatzfelder sondieren

Als Nutzer von Mobile-BI infrage kommen fast alle Mitarbeiter, die sich nicht dauerhaft an einem Arbeitsplatz aufhalten. So ist es nicht überraschend, dass sich Mobile-BI aktuellen Studien zufolge zunächst im Management und Vertrieb durchsetzt - Gruppen, die nur einen Bruchteil ihrer Arbeitszeit am Arbeitsplatz verbringen. Möglicherweise liegt deren potenzieller Bedarf an einer mobilen Lösung aber schlicht einfach daran, dass diese Gruppen sowieso zu den Top-BI-Konsumenten im Unternehmen gehören. Sicherlich ist es wertvoll, auf dieser Ebene schnellere und qualitativ besser abgesicherte Entscheidungen zu fällen. Es lohnt sich aber auch, die Potenziale auf der taktischen und operativen Ebene - kurz: alle Geschäftsprozesse, die auf aktuellen Informationen basieren - in die Betrachtung der möglichen Einsatzfelder von Mobile-BI miteinzubeziehen. Im Idealfall lassen sich die dispositiven Informationen des BI-Systems mit Interaktionsmöglichkeiten wie prozessbezogenen Dateneingaben, beispielsweise Plandaten, verknüpfen.

BI-Hersteller als Anlaufstelle

In der Frage, welche Techniken oder Produkte zur Umsetzung benötigt werden, ist in der Regel der Hersteller des bereits genutzten BI-Systems die erste Anlaufstelle. Auf diese Weise kann man potenzielle Komplikationen bei der Integration vermeiden. Viele Anbieter mobiler BI-Anwendungen verlangen zum Beispiel den Aufbau einer eigenen Backend-Infrastruktur, die ausschließlich für die mobile Datenlieferung verwendet wird. Dies zieht erhebliche Integrationsaufwände und Kosten mit sich, die sich vermeiden lassen.

Besitzen alle relevanten Mitarbeiter ein mobiles Endgerät des gleichen Typs, und kann dies auch zukünftig gewährleistet werden, dann kommt eine native App infrage. Diese sind plattformspezifisch, eine iPhone-App läuft nicht auf einem Android-Gerät und umgekehrt. Die Alternative sind plattformunabhängige Web-Apps, die seit HTML5 in puncto Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit zu nativen Apps aufgeschlossen haben.

Mobile BI und ByoD

In vielen Unternehmen ist der Trend zum Bring your own Device (ByoD) zu beobachten. Selbst Mitarbeiter, die ein FirmenHandy zugewiesen bekommen haben, möchten Business-Anwendungen auch von ihrem eigenen Smartphone aus nutzen. Dieser Wunsch stellt hohe Anforderungen an die Sicherheit der mobilen Infrastruktur, die aber lösbar sind. Empfehlenswert sind mobile Sicherheitskonzepte, die auf dem Active-Directory des Unternehmens aufsetzen. Auf diese Weise kann die IT-Abteilung einerseits einen rollenbasierten Zugriff auf den erlaubten Teilausschnitt der BI-Informationen gewährleisten, andererseits durch die zentrale Benutzerverwaltung aber auch Mehraufwände bei der Sicherheitseinrichtung vermeiden und personelle Veränderungen (Beförderung, Zu- und Abgänge) zeitnah abbilden.

Mit den Ergebnissen der Anforderungsanalyse kann dann die passende mobile App gesucht werden. Eine wesentliche Entscheidung betrifft den Umfang der Lösung: Wünscht das Unternehmen bei den relevanten Mitarbeitergruppen und ihren zu unterstützenden Prozessen tatsächlich extensive mobile Ad-hoc-Analysen? Wird eher eine vom Kontext abhängige zielgerichtete Informationsvermittlung bevorzugt? Oder soll es gar möglich sein, die gesamte Funktionsbreite und Informationstiefe der BI-Lösung rollenabhängig auch mobil zur Verfügung zu stellen?

Will man aus der Investition in eine mobile BI-Lösung den größten unternehmerischen Mehrwert generieren, empfiehlt sich Letzteres - es können einfach mehr Bereiche partizipieren, gegebenenfalls auch zukünftig - nach der initialen Analyse. In Hinblick auf die weitere Entwicklung sollte außerdem einer offenen Lösung der Vorzug gegeben werden. Diese lässt sich im Idealfall durch das Unternehmen selbst anpassen und weiterentwickeln, während pro-prietäre Anwendungen - wenn überhaupt - nur von teuren Experten auf die unternehmensindividuellen Anforderungen angepasst werden können. Dies klingt trivial, man muss allerdings bedenken, dass mobile BI wie BI selbst eher ein Prozess als ein Produkt und nicht statisch ist. Entsprechend muss sich auch die Lösung ständig an die sich ändernden Geschäftsfragen anpassen lassen. Damit nicht genug: Um die mobile Nutzung optimal zu unterstützen, sollte eine mobile BI-Lösung nicht isoliert sein, sondern deren Funktionalitäten mit den weiteren Möglichkeiten moderner mobiler Endgeräte integriert sein. Dazu zählen insbesondere Telefonie, E-Mail, SMS, standortabhängige Informationen, Navigation und der Web-Zugriff, etwa auf das Intranet oder auch für die direkte Eingabe von Daten im Feld, etwa vor Ort bei einem Vertriebsgespräch mit dem Kunden oder im technischen Einsatz.

Ganz wichtig für die Auswahl der mobilen BI-Lösung: Weniger ist mehr. Das gilt sowohl für die Funktionsbreite als auch für das Layout. Jeder Mitarbeiter sollte entsprechend den Ergebnissen der oben genannten Anforderungsanalyse die dazu passenden Funktionalitäten zur Verfügung gestellt bekommen. Dabei benötigen Vertreter der strategischen und operativen Leitungsebene klassischerweise mehr Flexibilität, während auf der operativen Umsetzungsebene und teilweise auch im Management zu viel Auswahl bei den mobilen Analysemöglichkeiten sehr schnell Verwirrung verursacht.

Keep it simple!

Der Leitspruch "Keep it (beziehungsweise IT) simple" gilt auch für das Layout: Viel wichtiger als produktspezifisch designte Charts und Analysen ist die Möglichkeit, die Vorgaben in Hinblick auf die Unternehmenskommunikation (entsprechende Regeln existieren hoffentlich) auch beim mobilen Layout umzusetzen. Farbvorgaben in Charts, etwa für Budget und Forecast, sollten überall einheitlich sein.

Mobile BI im Enterprise-Umfeld stellt also viele Herausforderungen, die weit über die Auswahl eines Produktes hinausgehen. Der Aufwand lohnt sich jedoch auf jeden Fall, da strategische Überlegungen im Vorfeld helfen können, Zukunftssicherheit und tatsächlichen messbaren Mehrwert zu gewährleisten. (mb)