Newcomer in Deutschland: Freenet.de AG

Mobilcom-Spross will sich in Europas Online-Szene etablieren

18.02.2000
HAMBURG - Nur wenige Monate nach dem Start hat sich die Freenet.de AG bereits zu einem der führenden Online-Dienste in Deutschland gemausert.Von Andrea Goder*

Von Beginn an zeigte die Wachstumskurve des Online-Dienstes Freenet.de, an dem die Mobilcom AG mit 77 Prozent Mehrheitsgesellschafter ist, steil nach oben. 6,8 Millionen Mark Umsatz erzielten die Hanseaten in ihrem ersten Geschäftsjahr (1999). Nach Segmenten untergliedert, setzten sich die Einnahmen wie folgt zusammen: Internet-Verbindungen 66 Prozent, Advertising 32 Prozent und E-Commerce zwei Prozent.

Wie Vorstandschef Eckhard Spoerr auf der Bilanzpressekonferenz in Hamburg ausführte, zählte Freenet.de zum Jahresende 820000 aktive Nutzer, Ende Januar 2000 knapp über 900000. Gezählt werden dabei die User, die den Online-Dienst in den letzten 40 Tagen aktiv genutzt haben. Zum Vergleich: T-Online sieht sich mit 4,2 Millionen Kunden (Stand: 31. Dezember 1999) als Nummer eins in Deutschland, gefolgt von AOL/Compuserve mit 1,5 Millionen Kunden (31. Januar 1999). Spoerr zufolge stieg die Zahl der E-Mail-Kunden im letzten Jahr auf 353000, im gleichen Zeitraum wurden 54000 Homepages eingerichtet. Im Durchschnitt lag die Zahl der Internet-by-Call-Minuten pro Monat bei 400 Millionen.

Möglich machte den Blitzstart der Hanseaten die Nutzung des TK-Netzes der Konzernmutter Mobilcom. Freenet.de erhält von Mobilcom für jede Verbindungsminute, deren Preis bei fünf Pfennigen liegt, einen Rabatt von zehn Prozent. Weitere Wettbewerbsvorteile durch die Muttergesellschaft verspricht sich Spoerr von dem für März geplanten Start eines bundesweiten Glasfasernetzes mit einer Kapazität von 5 Gbit/s. Das wäre die 30fache Kapazität des derzeitigen Daten-Backbones. Gleichzeitig will Mobilcom die Zahl der Einwahlports auf 60000 erhöhen, womit Kapazitäten für 1,6 Millionen Nutzer bereitstünden.

Zum Leistungsspektrum von Freenet.de gehören kostenlose Internet-Services wie E-Mail, Homepage oder Unified Messaging. Der Einstieg in den Content-Bereich erfolgte im April 1999 mit der Suchmaschine Dino-Online. Rasch angestiegen ist in den letzten Monaten auch die Zahl der Portalseiten, die aktuell bei knapp 1000 liegt. Hohe Anlaufinvestitionen erforderte im vierten Quartal 1999 der Aufbau des E-Commerce-Bereichs. Eingeführt wurde beispielsweise die von Freenet entwickelte Internet-Preisvergleichsmaschine "U-Compare". Bis Ende Januar stieg die Zahl der E-Commerce-Partner auf 70, darunter sind Anbieter wie Primus Online, QXL und Amazon.de.

Vorläufiger Höhepunkt in der kurzen Fimenhistorie der Mobilcom-Tochter war im Dezember 1999 der Börsengang an den Neuen Markt. Die mit 29 Euro ausgegebene Aktie konnte mittlerweile ihren Wert mehr als verneunfachen. Mit dem IPO wurden dem erst im vergangenen Jahr gegründeten Unternehmen 200 Millionen Mark in die Kasse gespült. Kapital, das jetzt in den Auf- und Ausbau des Online-Dienstes fließen soll.

"Der Kampf um den Kunden erfordert in den nächsten Jahren hohe Investitionen", so Spoerr. In Zahlen heißt das: 40 Millionen Mark wollen die Hanseaten in diesem Jahr für Marketing-Aktivitäten in die Hand nehmen, was die Bilanz tiefrot färben wird. Im Geschäftsjahr 1999 belief sich das Minus auf 874000 Mark. Spätestens 2002 will Freenet-Chef Spoerr den Online-Dienst zu einem "hochprofitablen Geschäft" ausbauen.

Deutschsprachiger Raum soll erobert werdenAnalysten erwarten für das laufende Geschäftsjahr Einnahmen zwischen 35 und 40 Millionen Mark. Zusätzliche Umsatzmillionen soll die geplante Expansion bringen. "Wir denken über die Grenzen Deutschlands hinaus", so Spoerr, der in diesem Jahr Online-Dienste auch in Österreich und der Schweiz launchen will. Vorstellbar sind für den Manager auch europäische Kooperationen, etwa mit dem englischen Konkurrenten Freeserve. Darüber hinaus soll die Content-Palette erweitert werden, zum Beispiel in den Bereichen Finance, Online-Spiele und Musik. Wie immer die Diversifikation aussieht, fest steht für Spoerr, daß Freenet.de auch in Zukunft in erster Linie "eine Endkundenplattform" sein wird.

* Andrea Goder ist freie Journalistin in München.