MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der finanziell angeschlagene Mobilfunkanbieter Mobilcom plant, das verlustträchtige Kerngeschäft Service-Providing mittels Einsparungen von bis zu 130 Millionen Euro jährlich wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Dadurch, so ist sich Vorstandschef Thorsten Grenz sicher, werde die Sparte bereits im ersten Halbjahr 2003 wieder schwarze Zahlen schreiben. Dazu müssten in dem Bereich 800 von insgesamt 3200 Stellen abgebaut werden. Im ersten Halbjahr 2002 erwirtschaftete das Unternehmen im Geschäftsfeld Mobilfunk noch rund 43 Millionen Euro Verlust.
Außerdem soll sich der Mobilcom-Aufsichtsrat darauf geeinigt haben, die Verhandlungen mit Freenet über den Verkauf der Festnetzsparte wieder aufzunehmen. Die am Neuen Markt notierte Internet-Tochter plant, fast alle 500 Beschäftigten in diesem Bereich zu übernehmen und 25 Millionen Euro in die Modernisierung der Netze zu investieren. Interesse an der Sparte bekundete auch der Call-to-Call-Anbieter 3U Telecom. Nach eigenen Angaben will das Eschborner Unternehmen nur die Telefondienste kaufen, nicht jedoch die Datenübertragungsdienste oder die Internetzugänge der Sparte. 3U Telecom hat im Februar bereits die Preselection-Kunden vom Konkurrenten Talkline übernommen.
Presseberichten zufolge stehen außerdem im UMTS-Mobilfunkgeschäft bis zu 800 der insgesamt 1000 Stellen zur Disposition. Nach dem Rückzug des Investors France Télécom sei es fraglich, ob der im Aufbau befindliche Bereich fortgeführt werden kann, hieß es. Zunächst baue man aber noch darauf, das die Franzosen ihre vertraglichen Verpflichtungen einhalten und den Ausstieg nochmals überdenken werden. Der mit 28,5 Prozent an Mobilcom beteiligte Kooperationspartner hatte Ende vergangener Woche endgültig den Abbruch der Beziehungen beschlossen. Dabei entschied France Télécom, Schulden von insgesamt sechs Milliarden Euro zu übernehmen, aber das Unternehmen nicht mehr weiter zu finanzieren. Zwischen den beiden Parteien soll nun der Ex-Thyssen-Chef Dieter Vogel vermitteln. Der Mobilcom-Aufsichtsratsvorsitzende ist mit dem französischen Wirtschafts- und Finanzminister Francis Mer
befreundet.
Ohne eine Einigung mit den Franzosen ist die Zukunft von Mobilcom ungewiss: Zwar will die Bundesregierung mit Krediten in Gesamthöhe von rund 400 Millionen Euro aushelfen. Doch selbst wenn die EU-Kommission die Finanzhilfen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) frei gibt, ist damit nur die Zahlungsfähigkeit von Mobilcom vorübergehend gesichert. Große Sprünge, etwa der geplante Aufbau des UMTS-Netzes, gelingen den Büdelsdorfern mit dem Geld jedoch nicht. (mb)