Reuters: Global Technology Manager

Mittler zwischen zwei Welten

29.03.2002
Kommunikationstalent bleibt oftmals ein reines Lippenbekenntnis. Nicht so für die Mitarbeiter des Informationsunternehmens Reuters, denn ihre Kunden wollen mehr als nur Daten. CW-Bericht, Ingrid Weidner

"Ich bin nicht total in die IT vernarrt", gibt Tom White unumwunden zu. "Ich finde das Thema intellektuell faszinierend, aber letztendlich ist es für mich nur Mittel zum Zweck." Die nüchterne Einschätzung hilft dem studierten Meeresbiologen, bei seiner täglichen Arbeit als Global Technology Manager den Überblick zu behalten. Seit Mai dieses Jahres arbeitet White für den Nachrichtenlieferanten Reuters in Frankfurt/M. Allerdings hört Hans-Peter Neuhaus, Global Business Director, solche Umschreibungen der Geschäftsbereiche nicht gerne. "Wir haben uns als einzige Agentur dafür entschieden, mehr als Nachrichten und Marktdaten für professionelle Kunden anzubieten."

Mittlerweile liefert Reuters der Finanzbranche verschiedene Lösungen und Serviceangebote. Vom reinen Tickerdienst hat sich das 150 Jahre alte Unternehmen längst verabschiedet. "Kunden interessieren sich nicht nur für reines Datenmaterial", so Neuhaus, der bei Reuters die Focus Account Group in Deutschland leitet. "Banken wollen beispielsweise die aufbereiteten Kennzahlen in die eigenen Risk-Management-Systeme einbauen." Inzwischen gehört Reuters Financial Services zu den wichtigsten Geschäftszweigen des Unternehmens. Das in London als Nachrichtenagentur gegründete Unternehmen hat sich vom Nachrichtenlieferanten zum Informations- und Technologieunternehmen gewandelt.

Seit Mai 2001 verstärkt Tom White das Team von Neuhaus. "Ich arbeite als eine Art Dreh- und Angelpunkt zwischen verschiedenen Abteilungen bei Reuters und beim Kunden." Im Klartext heißt das für den 46-Jährigen: In dieser Position sitzt er zwischen allen Stühlen. Deshalb gehört eine gehörige Portion Pragmatismus und Organisationstalent dazu. Im eigenen Unternehmen braucht er einen guten Draht zu den Entwicklern und zum Chief Technology Officer (CTO), auf Kundenseite muss er die neuen Anforderungen an die Reuters-Software idealerweise voraussehen und bei Schwierigkeiten schnelle Lösungen organisieren. Eigentlich kommen seine Aufgaben denen eines Übersetzers ziemlich nahe, denn er muss sowohl die Sprache der Entwickler als auch die der Investment-Banker verstehen, um die jeweiligen Wünsche und Ideen umzusetzen. Die Kunden, in erster Linie Finanzexperten, interessieren sich nur dafür, was ihnen die neue Software bringt, weniger, welche technischen Details dazu gehören.

White hat von seinem Bürofenster im Frankfurter Messeturm aus die wichtigsten Kunden im Blick, denn er betreut die Deutsche und Dresdner Bank sowie die Commerzbank weltweit. Als Global Technology Manager arbeitet er in einem globalen Team, das auf allen Ebenen den reibungslosen Geschäftsablauf zwischen wichtigen Großkunden und seinem Arbeitgeber Reuters sicherstellt.

In der täglichen Informationsflut darf der Hobbytaucher nicht den Überblick verlieren. "Ich versuche, mir ab und zu Freiraum zu verschaffen. Deshalb komme ich morgens zeitig zur Arbeit und erledige zuerst meine E-Mails. Anschließend kann ich mich um größere Projekte kümmern. Die Horrorvorstellung ist für mich, spät ins Büro zu kommen, Mailbox und Anrufbeantworter laufen schon über", so White.

Darüber hinaus gehört die strategische Planung ebenfalls zu seinem Aufgabengebiet. "Als Global Technology Manager überlege ich, wie die nächsten Projekte aussehen könnten und welche Features dem Kunden weiterhelfen."

Allzu weit in die Zukunft kann White im Gegensatz zu seinen Kollegen in der Entwicklungsabteilung allerdings nicht planen, denn er muss immer die Funktionalität und Anforderungen an die weltweiten IT-Projekte im Blickfeld behalten. "Es reicht nicht, nur auf die Anforderungen der Kunden zu reagieren. Wir müssen auch vorausschauend Services und Lösungen präsentieren", fügt Neuhaus hinzu.

Zum Job gehören neben der nötigen Belastbarkeit einige Jahre Berufserfahrung. Allzu schüchtern sollte ein angehender Global Technology Manager ebenfalls nicht sein, denn für den Job sind echte Kommunikationstalente gesucht. "Das Management ist immer gestresst und hat wenig Zeit, deshalb ist es wichtig, die Anliegen pointiert darzustellen." Flexible Planung muss man ebenso beherrschen. "Zu meinem Tagesablauf gehört ein ständiger Wechsel bei den Prioritäten und Aufgabenbereichen", erklärt White. Kommt ein wichtiges Problem auf seinen Schirm, muss er schon mal spontan seinen Tagesplan umkrempeln.

Interesse für IT und Finanzwirtschaft"Für die Position des Global Technology Managers kommen Bewerber mit Hochschulstudium und mindestens fünf Jahren Berufserfahrung in Frage, denn sie sprechen auf Kundenseite mit hochrangigen Leuten", erläutert Neuhaus das Anforderungsprofil. Die Interessenten sollten sich sowohl für die IT als auch für finanzwirtschaftliche Themen begeistern können. "Uns ist wichtig, dass die Leute bereit sind, etwas dazuzulernen", ergänzt Neuhaus. Quereinsteiger mit fundierten IT- und Wirtschaftskenntnissen sind in Frankfurt willkommen. Ein betriebswirtschaftliches oder Informatikstudium ist dagegen nicht zwingend. Allerdings könnten die Aufgaben eines Global Technology Managers gerade für Wirtschaftsinformatiker eine interessante Perspektive bieten.