Microsoft kritisiert

Mittelstand fehlt Plan für Digitalisierung

20.03.2017
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Aus Sicht von Microsoft drohten gerade kleine und mittelgroße Unternehmen hierzulande den Anschluss zu verlieren. Ihnen fehle ein strategischer Plan für die Digitalisierung, monierte Microsofts Deutschland-Chefin Sabine Bendiek und mahnte – sicher auch mit Blick auf das eigene Geschäft – zu mehr Tempo.
Fuß weg von der Bremse, fordert Sabine Bendiek, Microsoft-Chefin in Deutschland. Und zwar in Sachen Digitalisierung.
Fuß weg von der Bremse, fordert Sabine Bendiek, Microsoft-Chefin in Deutschland. Und zwar in Sachen Digitalisierung.
Foto: Microsoft

Microsoft geht es hierzulande in Sachen Digitalisierung nicht schnell genug. „Wir müssen endlich den Fuß von der Bremse nehmen und auch jenseits von Leuchtturmprojekten flächendeckend in die Zukunft investieren“, mahnte Sabine Bendiek, Geschäftsführerin von Microsoft in Deutschland, zum Auftakt der CeBIT 2017. Die Weichen für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland würden in den kommenden beiden Jahren gestellt. „Deshalb muss Digitalisierung auch ein Topthema im Wahlkampf werden“, forderte die Managerin. (Siehe auch: "CeBIT 2017: Digitalisierung zum Anfassen").

Hauptkritikpunkt des weltgrößten Softwarekonzerns: Gerade die kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) investierten zu wenig in die Digitalisierung ihres Geschäfts. Demzufolge blickten zwar mehr als zwei Drittel dieser Firmen im Zuge der anhaltend guten Konjunktur zuversichtlich in die Zukunft. Doch in punkto Arbeitsproduktivität hinke der Mittelstand der Gesamtwirtschaft zunehmend hinterher und die Investitionsbereitschaft sei gering.

Zu wenig Geld für die Digitalisierung

Microsoft beruft sich dabei auf eine Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Danach hätten zwar vier von fünf Mittelständlern in den vergangenen drei Jahren Digitalisierungsprojekte umgesetzt. Doch fast die Hälfte dieser Firmen habe dafür weniger als 10.000 Euro ausgegeben. Das alles passt aus Sicht Microsofts nicht so recht zusammen. Obwohl die Unternehmen wenig Geld für den digitalen Wandel locker machten, seien sie grundsätzlich vom Nutzen digitaler Technologien überzeugt. Gut sieben von zehn Unternehmen gingen demnach davon aus, dass Digitaltechniken Zeit sparten und die Flexibilität erhöhten.

Doch offensichtlich hapert es an der konkreten Umsetzung, wollen die Microsoft-Verantwortlichen ausgemacht haben. 80 Prozent der Firmen gaben der Studie zufolge an, keinen geregelten Prozess für Bedarfsermittlung und Technologie-Entscheidungen zu haben. Außerdem klafften die Vorstellungen, was Digitalisierung für das eigene Geschäft bedeute, weit auseinander. Jeweils rund ein Viertel der Befragten verstehe darunter die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und Kundenbeziehungen oder den Einsatz von Anwendungen für das mobile Arbeiten. Jeder fünfte nannte Aspekte wie Datenanalyse, Social-Media-Anwendungen oder den Aufbau einer eigenen Website im Zusammenhang mit Digitalisierung. Und mehr als jeder dritte denke im Zusammenhang mit dem digitalen Wandel an den Umstieg von Papier auf den Computer.

„Wir müssen digitale Techniken besser erklären“

Die Zahlen belegten, wie vielfältig die Anforderungen des Mittelstands in Sachen Digitalisierung seien, konstatierte Microsofts Deutschland-Chefin Bendiek und sieht zugleich die IT-Branche in der Pflicht. Man brauche maßgeschneiderte Angebote und müsse alle Unternehmen bei der Digitalisierung zu ihren Bedingungen unterstützen. „Wir müssen gerade dem Mittelstand den Nutzen digitaler Technologien noch besser erklären und Mut zum Aufbruch machen“, schreibt sich die Managerin ins eigene Hausaufgabenheft.

Nur wenn das gelinge, werde das digitale Wirtschaftswunder eintreten, das Microsoft wie bereits 2015 auch in diesem Jahr in den Mittelpunkt seines – auf die Partnerpräsenz beschränkten – CeBIT-Auftritts stellt. Bereits vor zwei Jahren hatten die Microsoft-Manager ein neues digitales Wirtschaftswunder beschworen, für das es die richtigen Weichen zu stellen gelte. So recht scheinen diese Beschwörungen indes nicht zu fruchten. Schon 2015 hatte das Microsoft-Management den fehlenden Umsetzungswillen der Anwenderunternehmen moniert. Sechs von zehn Firmen hätten keine Strategie, wie mit den anstehenden digitalen Herausforderungen umzugehen sei, hieß es auf der CeBIT 2015.

Im Vorjahr rief Bendiek nach einem „kühnen Plan“ und mehr Mut zur Veränderung. Angesichts der guten Konjunktur herrschten schließlich ideale Voraussetzungen, die digitale Transformation auch finanziell zu stemmen. Vor allem strategische Gründe seien jedoch dafür verantwortlich, dass der digitale Wandel nicht so recht ins Rollen komme. An vielen Stellen fehle ein überzeugender Plan, wie die vorhandenen Investitionsmittel einzusetzen seien, identifizierte die Managerin zum wiederholten Male ein Hauptdefizit.

Microsoft wird ungeduldig

Doch damit es mit dem digitalen Wirtschaftswunder noch etwas wird, braucht es aus Sicht von Microsoft „noch mehr Tempo“, wie es in einer offiziellen Mitteilung Microsofts zur CeBIT 2017 heißt. Der Softwarekonzern verliert offenbar die Geduld. Die Forderungen, endlich den Fuß von der Bremse zu nehmen und der Ruf nach Hilfestellung durch die Politik, die Digitalisierung im Wahlkampf zu thematisieren, sind im Grunde auch ein Beleg dafür, dass es der IT-Branche bis dato ganz offensichtlich nicht gelungen ist, den Unternehmen hierzulande die Vorteile digitaler Technologien hieb- und stichfest zu belegen.

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